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Zweite Schwangerschaft So erklärst du sie deinem Kind am besten

Zweite Schwangerschaft: eine schwangere Mutter liegt mit ihrem kleinen Sohn auf dem Bett
© iordani / Shutterstock
Schwanger mit dem Zweiten: Wie erklären wir das unserem Kind? ELTERN-Autorin Kaja Godart und ihr Mann haben nichts überstürzt.

Es war ziemlich genau am zweiten Geburtstag unserer Tochter, als der Schwangerschaftstest positiv war. Ein Geschwisterchen! Wow! Wir Eltern wussten Bescheid – unser Kind nicht. Wie und wann verrät man eigentlich dem älteren, dass ein Schwesterchen oder Brüderchen unterwegs ist? Sofort? Nach den ersten drei Monaten, wenn der Bauch nicht mehr zu übersehen ist, erst kurz vor der Geburt? Wir beschlossen erst mal: später. Und genossen einfach nur als Paar, dass wir bald zu viert sein würden.

Mit Genießen war es bald vorbei. Die Schwangerschaftsübelkeit übernahm die Kontrolle über unser Familienleben. Ich hing wahlweise auf dem Sofa oder über dem Klo. Während Mann und Tochter in den Frühling hineinlebten, lag ich blass in der Gegend herum. Die Vorfreude war weg und auch der Bedarf, irgendjemandem irgendwas zu erzählen.

Irgendwas ist anders 

Doch die Zweijährige merkte genau, dass Mama anders war: nichts mehr mit rumturnen, einkaufen oder Ausflüge machen. Wie bitte erklärt man das als Mutter? Wenn man es gerade noch so vom Sofa ins Bad schafft und beim kleinsten Essensgeruch wegrennt? Ich versuchte es mit "Mama ist schlecht im Bauch". Was sie dazu inspirierte, monatelang das Mama-ist-schlecht-Spiel zu spielen, indem sie sich mit leidendem Gesicht auf Teppiche und Kissen warf und "Mir ist sooo schlecht!" rief. Kinder ahmen unser Verhalten nach? Sie klang sehr authentisch.

Irgendwann waren die ersten Monate überstanden, und wir hatten vor lauter Übelkeits-Krisenmanagement immer noch keine Idee, wie und wann wir es unserer Tochter sagen könnten. Bald würden wir zu viert sein, und niemand wusste davon. Es war ja auch noch lange hin: Wenn man zweieinhalb Jahre alt ist, sind neun Monate eine Ewigkeit. 40 lange Wochen. Aber sie bemerkte bald den wachsenden Bauch. Natürlich. "Hallo Bauch!" sagte sie, und klatschte mit ihren Händchen darauf. Wir sollten es ihr sagen!

Nach und nach erfuhr es die Familie, die ersten Freunde, irgendwann sogar die Nachbarn – und unsere Tochter war immer noch nicht eingeweiht. Ich hatte langsam ein fürchterlich schlechtes Gewissen: Unsere Erstgeborene wird große Schwester und weiß von nichts? Der wichtigste kleine Mensch in unserem Leben musste es endlich erfahren, bevor es jemand anderem rausrutscht.

Wie erklärt man es dem Kind am besten?

Aber wie erklärt man es so, dass eine Zweieinhalbjährige versteht, was selbst für uns Erwachsene an ein Wunder grenzt? Einfach raus damit, oder doch sachte, in einem kuscheligen Moment, mit Kakao auf dem Sofa, einem Buch zum Thema?

Statt Sofa war es bei uns dann der Badewannenrand: Im fünften oder sechsten Schwangerschaftsmonat saßen wir zähneputzend im Bad. Sie alberte herum, turnte auf meinem Schoß und landete unsanft auf meinem Bauch. "Vorsichtig!", rief ich. Da war er, der Moment, in dem sie mir eine echte Steilvorlage bot. Kuschelig war es zwar nicht, aber jetzt könnte ich es ihr sagen. Jetzt!

"Du musst vorsichtig sein mit Mamas Bauch. Weißt du, warum?", begann ich. "Warum?" fragte sie. "Weil da ein Baby drin ist." Stille. Große blaue Augen schauten mich an. "Zeigen! Kann ich sehen?", rief sie und schob mein T-Shirt hoch. "Das Baby kann man nicht sehen, das ist noch im Bauch drin. Es muss erst geboren werden, aber das dauert noch", erklärte ich. Sie streichelte mit sanften Händchen über den Bauch. Ich schmolz dahin. Okay, es war raus. Sehr gut. Puh.

Die Katze ist aus dem Sack

Für ein paar Wochen war das Thema damit auch erst mal wieder vom Tisch. Mama war halt die mit dem Baby im dicken Bauch und Papa der bevorzugte Spielkamerad, der Katze oder Klettergerüst spielte und sie nach Hause trug, wenn die Beinchen zu müde zum Laufen waren. Mama konnte sie nicht mehr tragen, dass merkte sie sich schnell. Ich schob es ihr gegenüber auf den dicken Bauch, ohne das Baby zu erwähnen, in der Hoffnung, dass sie das Baby nicht jetzt schon deshalb doof finden würde.

Wann beginnt eine gute Geschwisterbeziehung? Vielleicht schon jetzt? Wir versuchten, beide gleich zu behandeln. Wir kauften eine Wickelauflage fürs Baby, auf der sie auch liegen durfte. Das Baby bekam einen süßen Strampler, sie den niedlichen Schäfchenregenschirm. Sie war sehr zufrieden mit dem Baby und lief immer öfter mit herausgestrecktem Bauch durch die Gegend: "Da ist ein Baby drin", erklärte sie.

Meine zunehmende Bewegungsunfähigkeit entging ihr ebenfalls nicht. "Oh, ich kann so schwer aufstehen …", rief sie und schob sich umständlich vom Sofa herunter. Ziemlich bald konnte sie sich auch kaum noch bücken, denn dass ich nur noch sporadisch irgendwas vom Boden aufhob, guckte sie sich schneller ab, als wir gucken konnten. "Papa! Kannst du mir den Deckel geben? Ich kann mich nicht bücken." Langsam dämmerte uns, dass sie mehr aus unseren Erwachsenengesprächen aufschnappte, als wir dachten. Sie sprach mit dem Teddy plötzlich über Blutzuckertest und Hebamme, erzählte ihrer Puppe genervt: "Das Baby hat die ganze Nacht getreten, ich konnte gar nicht schlafen!"

Babynews verändern die Welt eines Kindes

Wir staunten. Immer wieder. Wir dachten, die Babynews wären eine eher abstrakte Info an ein Kleinkind, aber sie veränderten ihre ganze Welt, schon lange vor der Geburt. Sie suchte Spielzeug aus ihren Spielzeugkörben – "Das kann das Baby dann haben" – und fand ihr eigenes Kinderbettchen zwar ganz nett, aber "da kann das Baby dann drin schlafen". Zusammen wählten wir ein Neugeborenen-Fläschchen im Laden aus – das nach tapferen fünf Minuten doch in ihren Besitz überging. "Die kann der Bruder dann ausleihen." Niemand sprach so viel über das Baby wie sie.

Praktischerweise gab es auch einen drei Monate alten Cousin. Der wurde zum Übungsobjekt: zart streicheln, die Füßchen bewundern, Kuscheltiere vor die Nase halten, merken, man ist jetzt nicht mehr die Kleinste in der Familie und kann schon viel mehr als das Baby.

Und dann war er da, der Tag, an dem ihr langes Warten, Freuen und Vorbereiten ein Ende hatte und der kleine Bruder endlich durch die Haustüre getragen wurde. Da war er! Unsere Tochter strahlte, juchzte und war sichtlich zufrieden mit dem Ergebnis aus Mamas Bauch. Noch zufriedener machte sie anschließend das riesige Stück vom Geburtstagskuchen des Babys. Wie gut, dass jetzt der kleine Bruder da ist – denn von nun an gibt es zweimal Kindergeburtstagskuchen im Jahr!

Vorfreude: Für jeden was

Als Jakob, 5, und Liam, 7, erfahren, dass Mama schwanger ist, brechen sie in Jubel aus und tanzen durchs Wohnzimmer. Mama: "Und wisst ihr was? Es sind zwei, es werden Zwillinge" Jungs: "Das ist ja noch viel besser, dann hat jeder einen zum Kümmern!"

Vorfreude: Namenswahl

Julius, 3, nur wenige Tage vor dem positiven Test zur Mutter: "Wir bekommen ein Baby, und das heißt Mila!" Eine Mila kennt er bis dahin nicht, ist aber vollkommen überzeugt, dass ein Babymädchen kommt, das Mila heißt. Es wurde wirklich ein Mädchen – und bekam Mila als zweiten Namen.

Vorfreude: Will aber!

Theodor, 3, auf die Nachricht, dass da ein Baby in Mamas Bauch wächst: "Wird es ein Mädchen?" Mutter: "Das wissen wir noch nicht, vielleicht. Aber das kann man sich leider nicht aussuchen!" Theodors Gesicht verdunkelt sich: "Doch! Ein Mädchen! Ich will aber ein Mädchen!"

Vorfreude – ist Nachfreude

Lias, 2, auf die Nachricht von Mamas Schwangerschaft: Schweigen. Die Eltern besorgen altersgerechte Bücher zum Thema Geschwisterkriegen und schauen es immer wieder an. Erst nach der Geburt bricht es aus ihm heraus: "Mein Blüderchen ist da! Ich habe ein Blüderchen bekommen!"

"Die Großen mit einbinden"

Drei Fragen an Antje Latendorf. Sie ist Diplom-Psychologin mit eigener Praxis in Berlin und selbst Mutter

Wann sagen wir’s unserem Kind?

Den richtigen Zeitpunkt gibt es nicht, aber der Moment sollte stimmen: möglichst ruhig und kuschelig, nah beim dicken Babybauch und spielerisch. Oft reichen ein paar kurze, kindgerechte Worte, dass da ein kleiner Mensch im Bauch ist, ohne viele Details. Haltet dabei Augenkontakt und fragt euer Kind, ob es noch Fragen hat. Die kommen später aber meist ohnehin.

Ab welchem Alter können Kinder verstehen, worum es geht?

Selbst wenn sie noch nicht sprechen können, verstehen sie sehr gut, was man sagt, und begreifen viel mehr, als wir vielleicht denken. Man sollte daher ruhig schon den Kleinsten immer wieder erzählen, dass ein Baby unterwegs ist, auch wenn vielleicht keine große Reaktion kommt. Kinder reagieren oft viel subtiler, zarter. Da lohnt es sich, manchmal genauer hinzuschauen und zu hören.

Was können wir für eine gute Geschwisterbeziehung tun?

Eine Schwester oder ein Bruder wirft die kleine Welt des Erstgeborenen völlig durcheinander, das ist eine riesige Herausforderung. Eltern sollten daher von Anfang an warmherzig und aufmerksam besonders auf die Bedürfnisse des älteren Kindes schauen. Je positiver und freudiger die Eltern das Erstgeborene in die Vorbereitungen einbinden, desto positiver wird das "Große" gegenüber dem Neugeborenen gestimmt sein.

ELTERN

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