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Gesundheit Mit dem kranken Kind sofort zum Arzt?

Schlafendes Baby
© lolostock / iStock
Eine schlimme Situation: Es ist Samstagabend, und euer Kleines hat plötzlich 39 Grad Fieber. Sollen Eltern in einem solchen Fall sofort mit dem kleinen Patienten zur Ambulanz fahren? Oder lieber abwarten und am Montag zum vertrauten Kinderarzt gehen? Hier findet ihr wichtige Anhaltspunkte, die euch helfen, die richtige Entscheidung zu treffen.

Gerade beim ersten Kind sind Eltern oft verunsichert, wenn ihr Kind spät abends oder am Wochenende plötzlich Fieber, Durchfall oder starken Husten bekommt. Natürlich möchten sie, dass es ihrem Schatz schnell wieder gut geht. Viele wollen aber auch nicht als übervorsichtig gelten und fürchten, im Krankenhaus wegen einer vermeintlichen Lappalie abgewiesen zu werden. Doch wie können sie herausfinden, wann das Kind wirklich ernsthaft krank ist und schnelle Hilfe benötigt? Oder ob Hausmittel wie Wadenwickel fürs erste reichen und sie dann montags mit dem Kind zum Arzt gehen?


"Grundsätzlich gilt: Eltern sollten immer den gesamten Zustand des Kindes im Blick haben, bevor sie eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen treffen", sagt Professor Hans-Jürgen Nentwich, Generalsekretär der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. und Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft "Kinderkrankenhaus" des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e. V. (BVKJ). Kommen zum Beispiel zum Durchfall noch starke Müdigkeit hinzu, mag das Kind nichts essen und nicht einmal etwas trinken, sollten Eltern lieber in die Ambulanz fahren.
Entscheidend ist nach Nentwichs Auffassung, wie alt der kleine Patient ist: "Je jünger das Kind ist, umso vorsichtiger sollten Eltern sein." Vor allem Säuglinge, die plötzlich an Gewicht verlieren, Durchfall haben oder nicht trinken wollen, müssten möglichst schnell ärztlich untersucht werden – am Wochenende eben vom Notdienst oder im Krankenhaus.

Mit Erkältung zum Arzt?

Bei welchen Symptomen sollten Eltern sofort handeln?

Besonders wachsam sollten Eltern laut Professor Nentwich bei Magen-Darm-Infektionen sein – auch wenn das Kind schon ein wenig älter ist. "Hält etwa ein Durchfall länger als 24 Stunden an, sollte man auf jeden Fall mit dem Kind zum Arzt gehen", rät er. Denn durch den Durchfall verliert das Kind viel Flüssigkeit. Es läuft Gefahr, auszutrocknen. Deshalb muss es so schnell wie möglich behandelt werden – selbst wenn der Gesamtzustand noch relativ gut zu sein scheint.
Auch bei Fieber empfiehlt der Experte, sich an einen Arzt zu wenden, wenn es länger als 24 Stunden anhält – selbst wenn es nicht dramatisch hoch ist. Denn: "Manchmal verbergen sich hinter erhöhten Temperaturen Krankheiten, die die Eltern nicht erkennen können." Dazu gehört zum Beispiel die Meningokokken-Meninigitis, eine Gehirnhautentzündung, die durch bestimmte Bakterien ausgelöst wird. Die Symptome ähneln zuerst denen einer normalen Erkältung, dann kommen allerdings starke Kopfschmerzen, Lichtscheu und Schläfrigkeit bis zur Benommenheit dazu. Außerdem verweigert das Kind Essen und Trinken. Die Infektion ist zwar sehr selten, kann aber sehr schnell zum Tod führen. Zum Glück gibt es Impfungen gegen Meningokokken.



Solange das Kind aber offensichtlich nur eine Erkältung hat, ausreichend isst und trinkt und nicht extrem schlapp ist, können Eltern nach Meinung von Professor Nentwich auch bei Husten und leichtem Fieber in der Regel die nächste reguläre Sprechstunde ihres Kinderarztes abwarten.

Gesundheit: Mit dem kranken Kind sofort zum Arzt?

Werden Eltern wirklich immer ängstlicher?

Insgesamt beobachten Nentwich und seine Kollegen durchaus, dass mehr Eltern mit ihren Kindern spätabends oder am Wochenende in der Notaufnahme auftauchen. Den Vorwurf, dass Eltern heutzutage einfach überbesorgt um ihre lieben Kleinen seien, will Hans-Jürgen Nentwich jedoch nicht gelten lassen. "Natürlich machen sich Eltern Sorgen, wenn ihr Kind krank ist. Früher hat dann die Oma oft Rat gewusst. Aber die lebt heute ja oft weit weg, so dass die Eltern praktisch keinen Ansprechpartner außer dem Arzt wissen." Und: Nicht in allen Gegenden sei eine flächendeckende Versorgung mit Kinderärzten gegeben – auch dort bliebe den Eltern manchmal gar nichts anderes übrig, als zum nächsten Krankenhaus zu fahren.
Was der Professor aber auch nicht tadelnswert findet. "Lieber das Kind einmal umsonst bei einem Arzt vorstellen als einmal zu spät", lautet seine Devise. "Kein Kinderarzt wird Eltern abweisen oder mit ihnen schimpfen, weil sie sich Sorgen um ihr Kind machen!"


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