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Playdates Spielen will gelernt sein

Spielen geht kinderleicht. Mit anderen Kindern spielen ist eine Kunst, die gelernt sein will. Worauf Sie bei den ersten Playdates achten sollten, damit die Verabredung für alle Beteiligten zu einer angenehmen Erfahrung wird, lesen Sie hier in unserem Artikel.

Wie gemeinsames Spielen gelingen kann

Playdates: Gemeinsam spielen lernen
Playdates: Gemeinsam spielen lernen
© Thinkstock

Verabredungen mit Kindern unter vier, sind für Eltern kein Kaffeekränzchen. Ständig muss Streit geschlichtet, geholfen und motiviert werden. Sie denken: Das müssen die doch allein können? Müssen sie nicht. Denn: Miteinander Spielen ist Soziales Lernen. Und braucht Erwachsene, die zeigen, wie man sich verhält, wenn der andere einem die Schaufel wegschnappt oder beleidigt ist, weil er das blaue, statt das rote Auto bekommen hat. Was Eltern tun können, damit die ersten Playdates gelingen:

8 Goldene Regeln für Playdates

  • Ein paar Überlegungen im Vorfeld, damit die ersten Spieltreffen tränenarm und nervenschonend verlaufen:
  • Der Zeitpunkt: Kinder, die gute Laune haben, streiten weniger. Wer ausgeschlafen ist, fühlt sich nicht so leicht auf den Schlips getreten, wie einer, dem sowieso grad alles zuviel ist. Die beste Zeit, sich zu verabreden ist deshalb je nach Alter: vormittags nach dem Frühstück und vor dem Mittagstief, und nachmittags, nach dem Schlafen.
  • Die Dauer: Machen Sie aus der Verabredung keinen Marathon. Kinder im Alter zwischen 2 und 3 können die Aufmerksamkeit für einen Spielgefährten eine Stunde halten, maximal 90 Minuten. Kleinere Kinder entsprechend weniger. So oder so sind Eltern immer als Moderatoren gefragt.
  • Die Anzahl: Begrenzen Sie die Einladung auf einen Freund. Vor allem, wenn drinnen gespielte wird. Sich auf mehr als einen Spielpartner zu konzentrieren ist von Unterdreijährigen zu viel verlangt.
  • Das Territorium: Soll sich das Playdate nur im Kinderzimmer abspielen, sind Konflikte vorprogrammiert. Auf neutralem Territorium, im Wohnzimmer, in der Küche, lassen sich einfacher Kompromisse schließen.
  • Der Supervisor: Bleiben Sie in der Nähe. Kinder brauchen die Moderation von Erwachsenen, um im Konfliktfall zu lernen, wie man sich verhält. Erwarten Sie bei den ersten Playdates nicht, dass die Kinder "allein miteinander spielen". Sie sind als Supervisor gefragt. "Paul hat dir das Auto weggenommen? Verstehe, das ist deins. Wir könnten ein anderes suchen, gegen das Paul vielleicht tauschen mag?"
  • Die Vorbereitung: Verräumen Sie Spielzeug, von dem Sie wissen, dass es Ihrem Kind besonders wichtig ist, wie das Lieblingskuscheltier oder den neuen Kipplaster. So kommt Ihr Kind nicht in die Bredoullie etwas teilen zu müssen, was es auf keinen Fall hergeben mag.
  • Die Spielauswahl: Lassen Sie die Kinder entscheiden, was sie spielen wollen, aber fordern Sie eine Entscheidung ein. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Spielzeug irgendwann nur noch wahllos herausgerissen wird. Bieten Sie nicht sofort Neues an, wenn Sie merken, die Duplosteine/das Puzzle/der Ball werden unattraktiv. Geben Sie neue Impulse: "Ihr könntet eine Garage bauen/die Puzzles noch mal mischen/den Ball vor dem fangen aufspringen lassen". Manchmal fördert man die Zusammenarbeit der Kinder mit Variation von bereits Bekanntem besser als mit neuem Spielzeug.
  • Die Störquellen: TV, Computer oder Radio sollten bei einem Kindertreffen ausgeschaltet sein. Es überfordert die Konzentration. Ebensowenig sollte eine Hörspielkassette oder –CD nebenbei laufen. Die Kinder sind genug damit beschäftigt, sich auf die Handlungen des anderen zu konzentrieren.

Wie Kinder spielen und streiten

Um sozial kompetent zu werden, benötigen Kinder Vorbilder und Spielpartner. Vorbilder, an denen sie sehen, wie man sich im idealerweise verhält, Spielpartner, um das üben zu können. Streiten ist Übung, keine Zeitverschwendung. Auch wenn es Eltern oft so vorkommt.

Parallelspiel
Kinder brauchen Spielpartner. Schon drei bis vier Monate alte Kinder suchen Kontakt zu anderen Babys. Sie beobachten und lernen voneinander. Im Krabbelalter hocken sie sich gerne in die Nähe des anderen Babys, fassen den anderen an – auch wenn das nicht immer sanft vonstatten geht. Mit gut einem Jahr imitieren sie einander und bieten sich gegenseitig ein Bauklötzchen oder die Puppe an. Oft sieht es so aus, als ob die Kinder nebeneinander her spielen. Wer aber genau hinsieht, stellt fest: Das andere Baby reagiert. Meist jedoch zeitlich verzögert, sodass die Kontaktversuche oft noch nicht gelingen. Das frustriert, wenn der Spielpartner schon wieder bei der nächsten Entdeckung ist und führt zu Trotzanfällen. "Mit diesem so genannten "Parallelspiel" erproben Kinder, wie man zu anderen Kontakt aufnehmen kann. Erst im zweiten Lebensjahr können die Kinder ihre Kontaktversuche mit den augenblicklichen Interessen ihres Gegenübers in Einklang bringen", erklärt Dagmar Kasüschke, Professorin für Erziehungswissenschaften an der FH Düsseldorf.

Zusammenspiel
Um den zweiten Geburtstag herum beginnen Kinder planvoll miteinander zu spielen. Sie lernen, sich über Spielgegenstände und Themen zu einigen, ein Spiel am Laufen zu halten, den anderen zum Weiterspielen zu ermuntern. Und sie müssen sich über ihre Rollen verständigen. Oft brauchen sie Erwachsenen oder ältere Kinder, die sie dabei unterstützen: Was soll man tun, wenn sich der andere das Buch schnappt, in dem man gerade Bilder angesehen hat? Und wie reagieren, wenn Jana die Puppe ins Bett legt, wo man doch gerade beim Punkt "Füttern" war? Erwachsene sollten sich zunächst heraushalten und beobachten. Erst eingreifen, wenn die Kinder keinen Weg finden, sich zu einigen. Ganz wichtig: Nicht den Konflikt für die Kinder lösen, sondern moderieren. Also nicht: "Gib dem Joshua das Buch zurück." Sondern: "Kommt, ihr könnt das Buch gemeinsam anschauen." Und: "Du kannst doch deine Puppe noch zu Ende füttern, die hat noch Hunger, oder? Danach ist die auch gleich ganz müde." Kasüschke: "Im Spiel mit Gleichaltrigen lernen Kinder, die anderen und sich selbst einzuschätzen. Sie lernen, sich zu behaupten, und entwickeln kooperative Formen des Aushandelns." – Die Basis für Eigenschaften wie Rücksicht, Hilfsbereitschaft oder Mitgefühl.

Konfliktherd Besitz
Konflikte bei Kleinkindern werden fast immer als Besitzkonflikte interpretiert. Dabei fanden Schweizer Forscher heraus: Nur ein Drittel aller Konflikte geht auf Besitzverhalten zurück, das übrigens auch erst mit 22 Monaten einsetzt.

Konfliktherd: Unterbrochen werden
Viel öfter steckt dahinter: Bei einer Handlung unterbrochen zu werden. Beispiel Kugelbahn: Linus probiert versunken das Gesetz der schiefen Ebene. Justus kommt dazu. Es gibt Streit. Gut, wenn Eltern den Anfang beobachtet haben. Statt "Gib die Kugel zurück" sollten sie vermitteln: "Erst darf Linus spielen, dann bist du dran. Linus, lässt du Justus das auch mal ausprobieren?" Es ist wichtig, dass Kinder bei einem Experiment nicht gestört werden. Aber der andere kann bereichern. Vielleicht kommt Justus auf eine neue Idee? Oder Sie reichen zur Kugel das Rad, das auch hinunterkullern kann?

Konfliktherd: Neugier
17 Prozent der Konflikte gehen auf Neugier an einem Gegenstand zurück, mit dem sich gerade ein anderes Kind beschäftigt. Im Gegensatz zum "Besitzen wollen", geht es hier um die Lernerfahrung. Beispiel: Paula sieht, wie Klara Sandförmchen um Sandförmchen füllt und schon eine stattliche Sammlung Sandschmetterling aufgereiht hat. Sie möchte selbst ausprobieren, ob es ihr gelingt, einen Sandschmetterling aus dem Förmchen zu zaubern. Oder sie hat eine Idee, wie sie die Förmchen weniger umständlich als Klara stürzen kann. Es gibt Streit. Die Rolle der Eltern hier ist klar: Konflikt verlangsamen, Verständnis zeigen, Vermitteln. "Ich weiß, du magst das auch ausprobieren. Komm, wir warten gemeinsam." Oder: "Paula, meinst du, einer kann füllen, der andere stürzen?"

Egal welches Konfliktmotiv hinter dem Streit steckt. Meist geht es um Gegenstände. Denn Gegenständen sind Lernobjekte für Kinder. Deshalb ist Teilen auch so schwierig.

Wenn Kinder teilen sollen, was ihnen gehört

Hans Berwanger, Psychologe von der Erziehungsberatungsstelle Lichtenfels, erklärt am Beispiel, wie sich Eltern im Konfliktfall verhalten sollten:

Die Situation: Henry will mit Leos Lieblingsauto spielen. Leo reißt es ihm aus der Hand. Aber auch Ritterbuch, Holzschwert oder Playmo-Kran sind Henry nicht erlaubt: Leo rafft, was die Arme fassen können und bewacht giftig sein Spielzeug. Der Mutter wird es zu bunt und sie schimpft: "Mit irgendwas musst du ihn schon spielen lassen, sonst kommt er dich nicht mehr besuchen."

Was der Erziehungsexperte rät: "Letzteres ist natürlich Erpressung, damit erreichen Sie als Mutter gar nichts. Ihr Kind kann ihre Drohung noch gar nicht verstehen. Trotzdem ist es richtig, sich einzumischen. Weil die sprachlichen Möglichkeiten in diesem Alter begrenzt sind, müssen Eltern stellvertretend Kommunikation betreiben. Zum Beispiel so: "Henry, frag doch mal: was darf ich haben?" Die Wahrscheinlichkeit, dass Leo etwas abgibt ist relativ hoch. Selbst wenn es nur das uninteressante Pixi-Buch ist. Hat er diesen Schritt erst einmal geschafft, ist es für ihn leichter, ein paar Minuten später auch das Feuerwehrauto herauszurücken.

Verweigert sich Leo komplett und lässt sich nicht mal auf das Pixi-Buch ein, haben Sie folgende Möglichkeit: "Leo, du willst nichts hergeben? – Hm, das ist jetzt blöd, Henry, das ist hier alles dem Leo seins." Man nennt das: einen Konflikt verlangsamen. Erst einmal die aufgeladene Stimmung bremsen und die Kinder da abholen, wo sie sind. "Also ich würd dir ja gern was geben, aber das ist alles vom Leo." Bei Leo kommt damit an: Ich werde akzeptiert. Ich behalte die Situation im Griff. Dann starten Sie als Mutter einen neuen Versuch: "Schau mal, Leo, vielleicht kann Henry ja mit dem Minicooper spielen?"

Hilft auch das nicht, nehmen Sie Henry aus der Situation heraus und beschäftigen ihn mit Dingen, die Leo nicht gehören (Schüssel mit Büroklammern oder Gummis aus ihrer Küche). Schnell wird das so interessant, dass Leo seine Protesthaltung aufgibt und dazustoßen wird.

Wenn Kinder abgeben sollen, was anderen gehört

Die Situation: Laurin fährt mit Pias Dreirad im Hof. Pia will es wieder haben, doch Laurin ignoriert sie geflissentlich. Die Mutter fordert ihn mehrmals auf, das Dreirad abzugeben, er bleibt bei seiner Strategie. Die Mutter spürt, wie Pias Mutter ungeduldig wird und eine Konsequenz erwartet. Laurins Mutter stellt sich in den Weg, nimmt ihm das Dreirad weg und überreicht es Pia. Laurin heult.

Erziehungsexperte Hans Berwanger rät: „Eben das sollte nicht passieren: Laurin das Spielzeug wegzunehmen, bedeutet, über seinen Kopf hinweg den Richter zu spielen. Hier wird er entmachtet und hat keine Chance, sich selbst zu entscheiden. Lerneffekt: gleich null. Aber natürlich müssen Sie als Mutter eingreifen, die Kinder brauchen einen Vermittler: "Laurin, hast du Pia gefragt, ob du das Dreirad haben darfst?" - "Und du willst also noch fahren?" (Sie verbalisieren den Konflikt. Laurin fühlt sich ernst genommen.) "Hm, das ist jetzt ein Problem. Zwei Kinder ein Fahrrad, was machen wir denn da?" (Sie verlangsamen.) "Was fällt Euch da ein?"

In mindestens der Hälfte der Fälle haben Sie mit dieser Strategie schon gewonnen und eins der Kinder wird sagen: "Ach soll er’s doch haben." Falls die Strategie nicht fruchtet, probieren Sie es weiter: Machen Sie Lösungsvorschläge. Und erst wenn sich die Kinder wirklich nicht einigen können, dürfen Sie sagen: "!Gut, wenn Euch nichts einfällt, muss ich es entscheiden."

Wenn Kinder teilen sollen, was niemandem gehört

Hans Berwanger, Psychologe von der Erziehungsberatungsstelle Lichtenfels, erklärt am Beispiel wie sich Eltern im Konfliktfall verhalten sollten:

Die Situation: Robin angelt sich im Sandkasten am Spielplatz einen herrenlosen Bagger. Justus nimmt ihn ihm weg. Die beiden streiten. Robin zieht den Kürzeren. Die Mütter haben sich unterhalten und merken erst auf, als Robin weint.

Was der Erziehungsexperte rät: „Die Frage, die die Mütter hier als erstes stellen müssen heißt: "Was ist passiert." Fragen Sie nicht "Warum..." Warum ist ein pädagogisches Unwort, denn es ist immer konfliktverschärfend. Ebensowenig dürfen Sie Justus beschuldigen nach dem Motto: "Was hast du denn jetzt wieder gemacht." Deeskalieren Sie: "Was ist passiert? Wer hatte den Bagger zuerst?" Die Kinder können Ihnen diese Frage schon beantworten. "Justus, hast du Robin gefragt: Darf ich den Bagger haben? Nein? Dann musst du erst fragen. Gib Robin den Bagger zurück." Macht Justus keine Anstalten, verwenden Sie die Technik der kaputten Schallplatte: "Gib Robin den Bagger zurück. Du musst ihn erst fragen..." Geben Sie die Sätze wörtlich vor, so dass Justus lernt, wie er sich im Konfliktfall verhalten muss.
Weitere Möglichkeit: Tauschen. Justus könnte Robin für den Bagger etwas von seinen Spielsachen anbieten.
Tauschen ist zwar ein Notbehelf, die Kinder lernen so nur gegen eine Gegenleistung zu teilen, doch sozialen Austausch funktioniert oft eben auch so.


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