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Spice und Cannabis Mein Kind kifft!

Für Eltern ein Grund zum Aufatmen: Die Modedroge Spice wurde vom Bundesgesundheitsministerium nun verboten. Eltern wissen aber auch: "Verboten" lässt sich für Jugendliche gleichsetzen mit "Interessant". Hier finden Sie Tipps, wie Sie reagieren sollten, wenn Sie Ihr Kind zum Beispiel beim Joints rauchen erwischen.

Ist eine intakte Familie eine Garantie dafür, dass die Kinder keine Drogen nehmen?

Nein. Es stimmt, dass viele Jugendliche, die kiffen, aus schwierigen oder zerrütteten Familienverhältnissen stammen. Sie finden zu Hause nicht die Anerkennung, Liebe und Geborgenheit, die sie sich wünschen. Andererseits nimmt in der Pubertät der Einfluss der Eltern stark ab. Freunde werden immer wichtiger. Wird in der Clique gekifft oder kifft der beste Freund, probiert es der/die andere eben auch. Neugierde, Schüchternheit oder auch Ängstlichkeit können der Grund für erste Drogenerfahrungen sein. Aber auch Stress in der Schule.

Welche Folgen kann der Cannabis-Konsum haben?

Viele Erwachsene meinen: Ein bisschen Kiffen sei nicht so schlimm, sie haben das schließlich früher auch gemacht. Was sie dabei übersehen, ist, dass sich die Joints aus den 70er-Jahren nicht mehr mit den heutigen vergleichen lassen. Inzwischen wird Cannabis angebaut, das eine wesentlich höhere THC-Konzentration aufweist – mit einer entsprechend stärkeren Wirkung. Das Risiko einer Psychose steigt. Bei chronischem Konsum lassen Reaktions- und Gedächtnisleistungen nach. Tests haben ergeben, dass Jugendliche, die drei Jahre lang täglich einen Joint rauchen, für Intelligenzaufgaben deutlich länger brauchen als solche, die nicht kiffen. Außerdem bleiben sie in ihrer sozialen Entwicklung zurück. Und man hat festgestellt, dass die Gefahr, abhängig zu werden, umso größer ist, je jünger ein Mensch ist.

Ist es richtig, als Eltern von Anfang an seine Abscheu gegen jegliche Drogen zu betonen?

Diese Einstellung provoziert manche Jugendliche. Teenager fühlen sich eher verstanden, wenn Eltern zugeben, dass sie auch ab und zu mal über die Stränge geschlagen haben.

Wie soll ich mit meinem Kind denn übers Kiffen reden?

Droh-Szenarien bringen nichts. Am besten ist es, ruhig und sachlich zu bleiben, zu fragen, was so toll am Kiffen ist. Und gleichzeitig über die Gefahren aufzuklären. Das setzt voraus, dass sich Mütter und Väter selbst umfassend informieren: Welche Drogen gibt es? Worin unterscheiden sie sich? Wie werden sie konsumiert? Nichts nervt Jugendliche mehr als Eltern, die keine Ahnung haben, wovon sie reden.

Macht es Sinn, die Polizei einzuschalten, wenn Argumente nicht mehr helfen?

Experten raten davon ab. Denn damit kriminalisiert man sein Kind nur. Drogenberatungsstellen sind die kompetenteren Ansprechpartner. Auch sollte man nicht das Zimmer des Kindes nach Spuren durchsuchen. Jugendliche sehen das als Eingriff in ihre Intimsphäre und reagieren mit Trotz oder Verweigerung.

Und wie kann ich versuchen, mein Kind von den Drogen wegzubekommen?

Strafen und Kontrolle zerstören nur das Vertrauen. Experten empfehlen eher, den Jugendlichen attraktive Alternativen anzubieten: Hobbys fördern, etwa Funsport anregen. Machen Sie Vorschläge zu gemeinsamen Unternehmungen mit möglichst viel Aktivität. Zum Beispiel eine Skitour, einen Ausflug in den Hochseilgarten. Damit zeigen Sie Ihrem Kind: Du bist uns wichtig, wir interessieren uns für dich, wir wollen, dass es dir gut geht. Das Thema Drogen wird dabei bewusst ausgeklammert.

Ist ein Internat eine Lösung?

Oft fühlen sich Jugendliche woanders wohler, weil sie nicht unter dauernder Beobachtung stehen. Aber: Drogen kriegen sie auch dort, wenn sie wollen. Wichtig ist, dass der Kontakt nicht abbricht. Solange Eltern mit ihrem Kind noch im Gespräch sind, besteht Aussicht, dass der Teenager die Kurve kriegt.

Und was kann ich tun, wenn ich selber mit den Kräften am Ende bin?

Selbsthilfegruppen machen Mut. Da kommen Leute zusammen, die das gleiche Problem haben. Dort kann man sicher sein: Die anderen verstehen mich. Dieses Gefühl brauchen alle, die Jugendlichen genauso wie ihre Eltern.

Kontaktadressen

www.drugcom.de
Ausführliche Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, die vor allem Jugendliche anspricht, auf der sich aber auch Eltern umfassend informieren können.

www.stiftung-sehnsucht
Suchtforum von Tanja Henlein,
Tel. 0 89/48 99 77 56 (AB),
E-Mail:[email protected]

www.therapieladen.de
Ausführliche Infos, Drogen-Check und nützliche Links

www.dhs.de
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.,
Tel. 0 23 81/9 01 50,
E-Mail: [email protected]

Wissenschaftliche Beratung: Dr. Felix Tretter, Psychologe, Nervenarzt, Psychotherapeut und Leiter der Suchtabteilung der psychiatrischen Klinik Haar bei München und Tanja Henlein, Dokumentationsfilmerin und Gründerin des "Suchtforums", das sich auf Veranstaltungen zur Prävention und Elternarbeit spezialisiert hat.


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