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Gemeinschaftskonto Nervig oder einfach nur fair?

Paar streitet um Sparschwein
© SIphotography / iStock
Spätestens nach der Hochzeit kommt sie auf, die Frage aller Geldfragen ... Soll man echt ein gemeinsames Konto eröffnen? Zwei Meinungen dazu haben wir. Fehlt nur noch eure.

Henning:

Die Vorstellung von einem gemeinsamen Konto ist für mich wie die Vorstellung einer einzigen gemeinsamen Bettdecke: In der Theorie total kuschelig und romantisch, in der Realität ein schweißeintreibender Stressfaktor. Natürlich ist es irgendwie sinnvoll, wenn man als Paar laufende Kosten über ein „neutrales“ Konto abwickelt - und das funktioniert ja für viele Haushalte fantastisch. Aber mich stört an der Praxis einfach zu viel - zum Beispiel, dass der gemeinsame Bankbesuch völlig selbstverständlich von der Umwelt erwartet wird. 

Ich habe inzwischen den Überblick verloren, wie oft ich seit meiner Hochzeit entsetzt „Ihr habt kein gemeinsames Konto?“ gefragt wurde. Für mich ist das ein Überbleibsel aus Zeiten, in denen es sowieso nur einen berufstätigen Familien-Ernährer gab - und das Familienkonto damit automatisch Standard für alle Ehen war. 

Vor allem ist ein zusätzliches Konto nervige Extra-Arbeit ohne zusätzlichen Gewinn - außer vielleicht einer totalen Transparenz, dass wirklich beide Partner den gleichen Beitrag für das gemeinsame Leben leisten. Nein danke - ich gebe einer Beziehung lieber einen Vertrauens-Vorschuss, dass niemand den anderen über den Tisch zieht. Und im Zweifel kann man ja auch immer mal wieder abgleichen, ob irgendwo Kosten gestiegen, und einer von beiden plötzlich einen echten Nachteil hat. Weniger Verwaltungsakt, mehr Vertrauen und Kommunikation - klingt für mich eigentlich nach prima Schlagworten für eine Beziehung.

Marie:

Das Geld und die Liebe – jaja, nicht ganz einfach. Dabei wird die Sache mit den Konten ja auch erst so richtig kompliziert, wenn Kinder mit ins Spiel kommen und einer mehr Kinderbetreuung übernimmt als der andere. In den meisten Fällen ist das ja nun mal so. Nun mag es eine großartige, emanzipierte und wunderbar hippe Vorstellung sein, sich mit getrennten Konten das gesunde Quäntchen Unabhängigkeit zu bewahren. Klingt auch für mich toll, keine Frage. In der Praxis ist es in meinen Augen aber eine Farce, die einen Haufen Fragen aufwirft. Wenn ich unsere gemeinsamen Kinder betreue, während mein Mann arbeitet, muss er mir dann Betreuungsgeld überweisen? Muss ich ihm einen Ausgleich zahlen, wenn ich den besser bezahlten Job ergattert habe? Bezahle ich von meinem Urlaubsgeld auch seinen Flug, wenn er gar kein Urlaubsgeld bekommt? Oder flieg ich dann allein auf Bali, während er sich ins Wanne-Eickel bräunt? Und müssen wir dann echt drüber nachdenken, wer am Hochzeitstag die Rechnung im Restaurant bezahlt? 

Puh! Ganz ehrlich, mit all diesen Fragen möchte ich mich wirklich nicht befassen! Wir haben so viel Vertrauen ineinander, dass wir ein gemeinsames Zuhause haben, gemeinsame Kinder und ein gemeinsames Leben. Brauche ich dann getrennte Konten? Ich jedenfalls nicht! Für mich hört die Liebe beim Geld nicht auf. Ob mir diese „romantische Vorstellung“ mal Probleme machen kann? Ganz sicher! Aber wenn man vom gemeinsamen Konto für beide gut fürs Alter vorsorgt, hält sich dieses Risiko wirklich in Grenzen. Ja, vielleicht ist das gemeinsame Konto wie eine kuschelige Riesendecke für zwei. Aber auch wenn man manchmal darunter schwitzt, fühl ich mich unter dieser Decke pudelwohl. Vor allem, weil man viel weniger über Geld nachdenkt und Äpfel (Kinderbetreuung, Teilzeit, Lohndifferenzen) nicht mit Birnen (Moneten) verrechnen muss.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.


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