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Schwangerschaft Fruchtwasser: Ein wunderbarer Swimmingpool fürs Baby

Ultraschallbild
© thinkstock- Fuse
Das Fruchtwasser ist Schutzhülle, Durstlöscher und Spielwiese für dein Baby. Hier erfährst du alles, was du noch über diese ganz besondere Flüssigkeit wissen solltest.

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Darum ist das Fruchtwasser so wichtig

Ein neuer Mensch entsteht. Seine Entwicklung folgt einer wunderbaren Regie. Wie in einer eigenen Welt schwebt der winzige Embryo in einer Kugel aus schützendem, angenehm warmem Fruchtwasser. Schon wenn sich der Keim, so groß wie ein Stecknadelkopf, in der Gebärmutterschleimhaut einnistet, beginnen die Eihäute, Fruchtwasser zu bilden. Diese zarten Membranen filtern Flüssigkeit aus dem Gewebe der Mutter, reichern es mit Nährsalzen und Hormonen an. Das Ergebnis: ein unverwechselbarer Cocktail namens Fruchtwasser.
Hier erfährst du, welche Bedeutung das Fruchtwasser im Verlauf der Schwangerschaft für dein Baby hat. Außerdem verraten wir dir, was es mit der Untersuchung des Fruchtwasser auf sich hat und was du sonst noch wissen musst.

Das Fruchtwasser im ersten Schwangerschaftsdrittel

Von Anfang an braucht es das werdende Leben schön feucht. In den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft ist der gerade mal fingerhutgroße Fruchtwasser-Swimmingpool ein Raumwunder für den heranwachsenden Embryo. Er hat darin so viel Platz, dass er mindestens zweimal hineinpassen würde. So kann sich der zarte, überaus druckempfindliche Keim unbedrängt entwickeln.

Der Embryo: Wie ein Fisch im Fruchtwasser

Das Fruchtwasser ist eine Art zweiter Kreislauf

Im Fruchtwasser kann der Embryo auch seine Ärmchen und Beine mühelos bewegen. Wenn die Gliedmaßen aus dem Körper knospen, sind sie nur wenige Millimeter lang. Die Hände sehen aus wie kleine Flossen, die Finger sind noch nicht aufgefächert. Mit ihnen paddelt der Embryo im warmen Fruchtwasser. Die Bewegung und der sanfte Widerstand der Flüssigkeit regen die Ärmchen zum Weiterwachsen an.
In den ersten zwölf Wochen ist die Haut des Embryos keine abgrenzende Hülle. Das Fruchtwasser ist deshalb so etwas wie ein zweiter Kreislauf, ein Flüssigkeitstank für die sich rasant vermehrenden Zellen. Es nimmt auch Abfallstoffe auf und entsorgt sie, denn noch arbeiten Leber und Nieren nicht.

Ein kleines, hüpfendes Pünktchen

Meist in der sechsten oder siebten Schwangerschaftswoche sieht die werdende Mutter ihr Baby zum ersten Mal. Auf dem Ultraschallschirm beim Frauenarzt ist ein kleiner, kreisrunder dunkler Fleck zu sehen. Darin flirrt ein grauer Schatten. Mit viel Konzentration lässt sich sogar schon ein kleines, gekrümmtes Etwas erkennen. Ein kleiner Punkt hüpft aufgeregt – das Herz.
Die ganze Schwangerschaft hindurch wird der Arzt nun häufig im Ultraschall das Wachstum des Kindes beobachten. Immer auch mit Blick auf den Fruchtwasser-Pool, denn er sagt viel über die gesunde Entwicklung des Babys aus (siehe unten).

Das Fruchtwasser im zweiten Schwangerschaftsdrittel

Das Baby trinkt das Fruchtwasser

Ab etwa der zwölften Schwangerschaftswoche verändert sich das Fruchtwasser. Jetzt ist es nicht mehr nur umhüllendes Medium, sondern wird vom Baby aktiv genutzt. Die winzigen Lippen öffnen sich, das Ungeborene lässt die Flüssigkeit in sich hinein. Schon bald, etwa ab der 18. Woche, schluckt es aktiv. Was hineinkommt, muss auch wieder hinaus – Fruchtwasser wird über die Nieren und Harnwege des Babys ausgeschieden.
In der Fruchtblase herrscht ein ständiger Kreislauf. Das Baby trinkt Fruchtwasser, scheidet es aus und schluckt es wieder. Mit Ausscheidung im Sinne von Abfallprodukt des Körpers hat das Fruchtwasser aber nichts zu tun. Es ist vollkommen anders zusammengesetzt als Urin. Trotzdem wird das Fruchtwasser ständig erneuert: Ein Teil wird in der Lunge und im Darm des Kindes resorbiert und über die kindlichen Blutgefäße zur Mutter geleitet, neues Fruchtwasser fließt nach – alles in einem harmonischen Gleichgewicht.

Ungeborene verlangen nach Süßem

Fruchtwasser enthält Zuckerstoffe, es schmeckt etwa so süß wie eine Tasse Tee mit einem Löffel Zucker. Mineralien und bestimmte Hormone aus der Plazenta sind ebenfalls drin. Fruchtwasser nährt zwar nicht, aber das Kind im Mutterleib braucht die Flüssigkeit, um alle Körperfunktionen in Gang zu halten.
In der 20. Schwangerschaftswoche – das Ungeborene wiegt jetzt etwa 500 Gramm – trinkt das Baby immerhin einen ganzen Liter Fruchtwasser pro Tag. Diese große Menge Flüssigkeit muss sein, damit die Nieren üben können. Und damit das Baby genug von den im Fruchtwasser gelösten Zuckerstoffen bekommt.
Wie sehr die Kleinen auf Süßes aus sind, stellten Wissenschaftler an der Universitätsfrauenklinik Bonn fest. Bei Schwangeren, deren Plazenta nicht ausreichend funktionierte, leiteten sie künstliches Fruchtwasser über eine haarfeine Kanüle direkt in die Fruchtblase. Dabei zeigte sich, dass künstliches Fruchtwasser vom Ungeborenen nur angenommen wird, wenn es süß schmeckt.

Das Fruchtwasser prägt den Geschmack

Die Geschmacksknospen auf der Zunge entwickeln sich etwa ab der 16. Schwangerschaftswoche mit rasender Geschwindigkeit. Was aber gibt es im Mutterleib zu schmecken? Es sind die Substanzen des Fruchtwassers. Schon winzigste Partikel von Aromen, die die Mutter gegessen hat, machen aus dem Fruchtwasser ein Geschmackserlebnis – Knoblauch, Spargel, Erdbeeren, Ananas oder Curry zum Beispiel. Isst die werdende Mutter solche Nahrungsmittel, prägen sie sogar die späteren Vorlieben der Kinder.

Das Fruchtwasser im letzten Schwangerschaftsdrittel

Wie stabil die Fruchtblase ist, merken werdende Mütter etwa ab der 30. Schwangerschaftswoche. Es ist jetzt mühsam, sich über die stramme Kugel hinweg zu bücken. Werdende Väter staunen, wie warm, prall und hart sich der Babybauch anfühlt. Immer noch sorgt das Fruchtwasser dafür, dass das Baby unbedrängt wachsen kann; es hält gleichmäßig warm, und natürlich ist es weiterhin das Getränk des Ungeborenen.

Im Fruchtwasser jetzt nötig: Hautschutz

Das Fruchtwasser ist zwar ein sanftes Fluidum, aber ohne Schutz würde die Haut des Ungeborenen jetzt aufquellen wie nach einem zu langen Bad. Deshalb beginnen die Talgdrüsen etwa ab der 30.Woche einen Stoff zu erzeugen, der den Babykörper abdichtet: die so genannte Käseschmiere.

Lässt sich am Fruchtwasser ablesen, ob das Baby gesund ist?

Bei jeder Untersuchung mit Ultraschall prüft der Arzt das Fruchtwasser. Zu viel Fruchtwasser kann ein Hinweis auf Diabetes oder eine Nierenerkrankung bei der werdenden Mutter sein. Oder auf eine Fehlbildung der kindlichen Speiseröhre, die das Ungeborene am Schlucken hindert. Genauere Untersuchungen sind dann nötig.
Zu wenig Fruchtwasser bildet sich, wenn die Plazenta nicht optimal arbeitet. Ein anderer Grund: Die Nieren des Kindes oder die Harnwege sind nicht normal entwickelt. Eine eingehendere Ultraschalluntersuchung kann das klären. Eine Blockade im Harnleiter kann heute bereits mit einem Eingriff am Ungeborenen gelöst werden.
Grünes Fruchtwasser zeigt, dass das Kind einen (vorübergehenden) Sauerstoffmangel durchgemacht hat. Das passiert, wenn das Kind übertragen wird und die Plazenta nicht mehr gut genug arbeitet. Bei Sauerstoffmangel scheidet das Baby Kindspech ins Fruchtwasser aus. Der Ultraschall zeigt, wie die Plazenta arbeitet. Ist das Kind noch gut versorgt, kann man abwarten.
Die Fruchtwasser-Untersuchung, bei der der Arzt etwa in der 16. Woche Fruchtwasser punktiert, prüft nur zum Teil die Flüssigkeit selbst. Interessanter sind die darin enthaltenen Zellen des Babys. Die Chromosomen in den Zellen werden untersucht, wenn die werdenden Eltern eine Untersuchung des Erbgutes ihres Kindes wollen, etwa, um eine Chromosomen-Störung wie Trisomie 21 auszuschließen. Diese Fruchtwasser-Untersuchung, auch Amnozentese genannt, ist jedoch mit einem gewissen Risiko behaftet. Deshalb haben wir Ihnen hier alle wichtigen Infos zur Fruchtwasser-Untersuchung zusammen gestellt.

Was passiert bei einem Blasensprung mit dem Fruchtwasser?

Gegen Ende der Schwangerschaft, ab der 35.Woche, schwimmt das Baby in circa einem Liter Fruchtwasser. Das Flüssigkeitspolster vermittelt noch das schwebende Gefühl, aber viel Bewegungsfreiheit hat das Kind nicht mehr.
Je näher die Geburt rückt, desto mehr beschäftigt viele werdende Mütter die Angst, die Wehen könnten mit einer Überschwemmung beginnen, weil die Fruchtblase bei einem Blasensprung mit einem deutlichen "Plopp"aufgeht. Doch keine Sorge: So spektakulär fängt höchstens eine von 500 Geburten an. Bei den meisten Frauen öffnet sich die Fruchtblase erst, wenn auch der Muttermund dies getan hat.

Woran erkenne ich, ob schon Fruchtwasser abgeht?

Fließt schon Fruchtwasser ab, ohne dass die Wehen begonnen haben, geschieht das meist tröpfchenweise. Denn kurz vor dem Geburtstermin hat sich der Kopf des Kindes ins mütterliche Becken gesenkt. Er verschließt den Muttermund. Fruchtwasser kann also nur tröpfeln, nicht fließen. Um zu klären, ob es sich bei der abgehenden Flüssigkeit tatsächlich um Fruchtwasser handelt, hilft Lackmuspapier – es färbt sich blau. Um es zu testen, können Sie einen solchen Streifen einfach in Ihren Slip legen. Handelt es sich tatsächlich um Fruchtwasser, sollten Sie Kontakt zu Ihrer Hebamme oder der Geburtsklinik aufnehmen – die Wehen werden jetzt bald einsetzen.
Nicht nur der pH-Wert des Fruchtwasser ist eine ganz eigene Größe, sondern auch sein Duft. Kurz vor und während der Geburt sind die meisten werdenden Mütter zu beschäftigt, um ihn deutlich wahrzunehmen. Zum Nachschnuppern bleibt jedoch ein bisschen Zeit: Die ersten zwei, drei Tage auf der Welt duftet besonders der Flaum auf dem Babyköpfchen nach Fruchtwasser: süßlich, kräftig – aus einer anderen Welt und doch so vertraut.


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