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Familienwerdung Papas Rolle

Familienwerdung: ein Vater hat seinen neugeborenen Sohn auf der Brust liegen
© Rohane Hamilton / Shutterstock
Kinderkriegen – das ist auch Männersache. Warum Väter im Kreißsaal so wichtig sind, wie Hebammen die Rolle der begleitenden Papas sehen und mit welchen Mitteln eine männliche Doula auch den coolsten Kerlen beikommt.

Wir kennen das nur noch aus Cartoons oder Filmen aus den 80er-Jahren: Väter, die bang wartend (und rauchend!) draußen vor dem Kreißsaal sitzen. Papas, vor der Scheibe des Säuglingszimmers stehend, hinter denen ihnen eine Schwester zum ersten Mal ihr Neugeborenes präsentiert.

Männer draußen vor der Tür, hinter einer Scheibe – jedenfalls nicht bei ihren Frauen und Babys: Erstaunlich lang waren das zumindest in der westlichen Welt die Symbolbilder für eine gesamtgesellschaftliche Haltung. Die werdenden Väter galten noch bis in die 1970er-Jahre hinein als Überträger von Keimen und somit Gesundheitsrisiko im Kreißsaal, die Geburt als "Frauensache", bei der Männer nichts zu suchen hatten.

Und diese Schranke existierte noch erstaunlich lang in manchen Köpfen. Auf "hebammenblog.de" berichtete die Berliner Hebamme Jana Friedrich vor noch nicht allzu langer Zeit von der Begegnung mit einem Oberarzt, der Vorbereitungskurse für werdende Väter so gestaltete: mit einem Kasten Bier, einem anatomischen Modell des weiblichen Beckens, der Betriebsanleitung des CTG-Gerätes und der Vorstellung, Männer müssten im Kreißsaal vor allem abgelenkt und vorm Schock ihres Lebens bewahrt werden, der sie auch sexuell traumatisieren könnte.

Dabei hatte in Deutschland eigentlich schon in den 70er-Jahren ein allmählicher Bewusstseinswandel eingesetzt, angestoßen von der Frauen- und Studentenbewegung. Zumindest in manchen Kreisen galt der Ruf nach Gleichberechtigung auch für Schwangerschaft und Geburt. Dies sollte Sache beider Partner sein – ebenso wie die spätere Kinderbetreuung. Ab den 80er-Jahren durften die Männer also mit in die Kreißsäle. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber heute, so schätzt man, sind neun von zehn Partnern bei der Geburt dabei. Zum Glück.

Die Weichen für das Leben als Familie

"Die Geburt stellt Weichen für das Leben als Familie", sagt die Gynäkologin, Autorin und zweifache Mutter Dr. Stefanie Schmid-Altringer. "Während dieser Stunden wird nicht nur das Baby, es werden auch die Erwachsenen als Mutter und Vater geboren. Und dieser Prozess ist so intensiv, dass er die werdenden Eltern – auch wenn es nicht so gut läuft – zusammenschweißen kann und das Gefühl erzeugen: Wow, das haben wir zusammen geschafft." Schließlich zeigt sich die Gebärende während der Wehen ihrem Partner in ihrer ganzen Verletzlichkeit. "Schmerz, Tränen, Freude, Blut, Erleichterung: Bei einer sogenannten normalen Geburt ist ja alles dabei. Und das müssen auch die Männer erst mal verarbeiten – umso mehr, wenn es im Kreißsaal Probleme gab."

Deswegen kämpft Schmid-Altringer auch für die begleitenden Männer. 2015 hat sie mit Hebammen für Deutschland e. V. die bundesweite Aktion "Erzählcafé" ins Leben gerufen, ein Mitmachprojekt für eine bessere Geburtskultur, bei dem sich Eltern aller Generationen über Schwangerschaft und Geburt austauschen. Jedes Café soll zeigen, dass sich in der medizinischen Betreuung dringend etwas ändern muss. Dabei ist ihr irgendwann aufgefallen: "Es hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unglaublich viel getan in der Geburtshilfe. Aber wir haben die Hälfte vergessen: die Väter! Um die müssen wir uns viel stärker kümmern."

2018 initiierte sie den Aktionstag "Väter, Ihr seid wichtig!", mit Erzählcafés für Männer – bei denen die Medizinerin zum Teil bekümmernde Sachen hörte: zukünftige Papas, die sich unter Druck fühlten, bei der Geburt ihres Kindes nicht richtig zu "performen", oder schlicht Angst hatten, im Kreißsaal ohnmächtig zu werden. Deshalb hat sie jetzt einen Flyer für Vater herausgebracht, mit dem sich Männer so auf die Geburt vorbereiten können, dass sie selbst gestärkt daraus hervorgehen (Download unter erzaehlcafe.net/vaeter).

Von Anfang an dabei

Angst vor Ohnmacht müssen werdende Väter nicht haben, sagt Hebamme Jana Friedrich. Sie hat während ihrer 23 Berufsjahre nur ganz wenige Männer umkippen sehen. "Und selbst wenn: Wir sind ja da und könnten helfen. Wenn jemand blass wird, sagen wir schon mal: Komm, setz dich, trink einen Schluck Wasser, hast du was gegessen?" Ihrer Erfahrung nach ist es am besten, wenn die begleitenden Partner und Partnerinnen – sie betreut auch immer mehr Frauenpaare – von den ersten Wehen an dabei sind. "Dann wachsen die da ebenso rein wie die Gebärende."

Klar, manchmal geht es nicht anders, da kommen werdende Vater erst später dazu. Das sind dann interessanterweise oft die Fälle, in denen ihnen komisch wird. "Wenn sie unvorbereitet sind und in eine Phase kommen, in der ihre Partnerin gerade außer sich ist vor Schmerzen, löst das bei manchen Männern einen aggressiven Beschützerinstinkt aus. Das ist dann für alle Beteiligten tatsächlich nicht hilfreich."

Deswegen, betont Friedrich, ist die gemeinsame Vorbereitung enorm wichtig. In ihren Vorbereitungskursen lässt sie die zukünftigen Eltern schon früh darüber reden, wie sie auf Stress und Schmerzen reagieren und wie der Partner dann am besten helfen kann.

"Die jungen Paare heute sind enorm progressiv", beobachtet Jana Friedrich. "Da gibt es zum Beispiel viele Väter, die sich wünschen, das Baby als Erster aus dem Körper der Mutter in Empfang zu nehmen." Bei diesen Männern macht sie sich auch wenig Sorgen, dass sie während der Geburt Dinge sehen, die sie später nicht mehr vergessen können – und die ihnen am Ende den Spaß am Sex nehmen könnten.

Väter können selber entscheiden, wie viel sie sehen wollen

Trotzdem positioniert die Hebamme die Partner am Anfang der Geburt immer so, dass sie nicht aus Versehen den Blick auf die Vulva bekommen. "Dann können sie selbst entscheiden, was sie sehen wollen." Sie versucht, auch dieses Thema schon im Vorbereitungskurs anzuschneiden.

Gute Vorbereitung ist also auch hier wichtig, damit das Paar die Geburt zusammen gut meistern kann. Und das, sagt Jana Friedrich, sei wichtig für die Liebesbeziehung der zukünftigen Eltern: "Mein Mann war mein Anker", "Ohne seine Unterstützung hätte ich das nicht geschafft", "Er hat mich so gut motiviert, das war unglaublich hilfreich" – das haben ihr Frauen nach der Entbindung erzählt. Aber sie hat auch den frischgebackenen Papas gut zugehört: "Bei der Geburt dabei gewesen zu sein war unglaublich wichtig für mich", notierte sie. "Ich bin so beeindruckt von der Kraft meiner Frau" oder "Es war der schönste Moment in meinem Leben".

Väter können ihre Partnerin massieren, ihr bei den Presswehen Gegendruck bieten, mit dem Klinikpersonal sprechen, Wünsche und Bedürfnisse kommunizieren, wenn sie es gerade nicht kann. Sie können sich nach einem Kaiserschnitt um das Baby kümmern, es auf ihrer nackten Brust liegen lassen. Aber das ist alles optional. Das Wichtigste ist, dass sie einfach da sind. Wie ungeheuer hilfreich das ist, belegt auch eine Studie der Universität Haifa von 2016. Die israelischen Forscher zeigten, dass man Schmerzen in der Gegenwart eines geliebten, empathischen Menschen besser ertragen kann. Besonders, wenn er einem die Hand hält.

Wir sind schwanger

Mediziner schätzen, dass etwa jeder fünfte Mann so empathisch mit seiner Partnerin mitfühlt, dass auch er Schwangerschafts-Beschwerden wie Verdauungsprobleme, Appetitveränderungen, Müdigkeit oder Reizbarkeit erlebt. In der Medizin nennt man diese Erscheinung "Couvade-Syndrom" (vom französischen Wort "couver" für "ausbrüten").

Baby-Fernsehen

Jana Friedrich bietet ihre Geburtsvorbereitungskurse für werdende Eltern auch online per Zoom an – gerade in Coronazeiten praktisch. Wann sie die acht Module streamen, die es auch für Zwillingsgeburten gibt, entscheiden die Paare selbst; zusätzlich gibt es Live-Videokonferenzen und die Aufnahme in ein Elternforum, in dem man sich austauschen kann (hebammenblog.de/geburtsvorbereitung-online-kurs)

"Das Oxytocin muss nur so sprudeln!"

Der US-Amerikaner Brian Salmon, 51, ist einer der wenigen männlichen Doulas und legt als Vater zweier Töchter ganz besonderen Wert auf die Einbeziehung der werdenden Papas im Kreißsaal. Uns hat er erklärt, warum Väter bei der Geburt eine viel wichtigere Rolle spielen als gemeinhin angenommen – und warum nicht alle Menschen begeistert sind von seiner Arbeit

ELTERN: Mister Salmon, Sie müssen es wissen: Was ist das Ungeschickteste, das ein werdender Vater im Kreißsaal machen kann?

Brian Salmon: Oh Gott, wo soll ich anfangen? (lacht) Okay: Essen mitbringen, das stark riecht. Ich weiß nicht, wie das in Deutschland ist, aber in den USA lassen die Krankenhäuser die Frauen während der Geburt förmlich hungern, weil sie auf einen Kaiserschnitt geiern. Was übrigens total widernatürlich ist: Kreißende Säugetiere fressen noch, wenn sie schon Wehen haben, und ihr Körper signalisiert von selbst, wann er nichts mehr will.

Dann sollen die Männer etwa auch hungern?!

Nein, natürlich nicht! Aber ich bitte sie, sich solche Sachen wie Proteinriegel mitzubringen oder mal kurz rauszugehen zum Essen.

Was kann man noch falschmachen als Partner im Kreißsaal?

Sachen sagen wie: Boah, dauert das lange. (Salmon hebt den Zeigefinger) Nein, nein, NEIN! Dann: Die ganze Zeit am Telefon hängen und allen Leuten SMS schreiben, anstatt im Moment zu sein und der werdenden Mutter Sicherheit zu vermitteln. Nicht empathisch zu sein, wenn sie gerade eine besonders schmerzhafte Kontraktion hat. Es geht um "Mit-Gefühl". Denn das Oxytocin ist während der Geburt das A und O.

Das Kuschel- und Bindungshormon ist ihr persönliches Steckenpferd.

Es ist das Allerwichtigste für eine gute Geburt! Schauen Sie mal hier (Salmon schiebt einen Pulloverärmel hoch und enthüllt eine Tätowierung am Unterarm) – das ist die chemische Struktur von Oxytocin. Ich habe es mir unter die Haut stechen lassen! Hier drüben habe ich übrigens auch noch einen Storch (lacht vergnügt).

Warum ist das so wichtig?

Es ist erwiesen – und ich habe das bei jeder der vielen Geburten erlebt, die ich begleiten durfte –, dass Frauen besser gebären können, wenn sie sich sicher und geborgen fühlen in ihrer Umgebung, mit ihrem Partner. Und das ist die Auswirkung von Oxytocin. Also wollen wir, dass es nur so sprudelt! Die werdende Mutter soll sich geliebt fühlen und wie ein Rockstar. Sie soll sich gut fühlen in ihrem Körper, der das alles leistet. Und Stress ist ein Feind dieses Hormons.

Was tun Sie, falls im Kreißsaal mal Stress aufkommt?

Wenn die Gebärenden so ein bisschen ausflippen, das Gefühl haben, sie schafften es nicht, dann nehme ich sie mir zur Brust und visualisiere mit ihnen: "Hör mir zu – du hältst bald dein Baby im Arm. Willst du dein Baby im Arm halten?" Das holt sie aus dem Schmerz-Tunnel. "Ja", kommt dann zurück, "das will ich!" Und schon diese Vorstellung löst etwas aus im Körper. Das funktioniert übrigens auch bei dieser Art von Kerlen, die in der Öffentlichkeit immer so obercool tun.

Die kriegt man auch mit Oxytocin?

Ja! Ich arbeite ja eine Menge im Vorfeld mit den Paaren und versuche da und in meinen "Rocking Dads"-Kursen ganz stark, auch die werdenden Väter auszubilden. Sobald der Schalter in ihrem Kopf umgelegt ist und sie wissen, was sie tun, sind sie wie ausgewechselt. Dann streicheln und küssen auch die ganz harten Hunde ihre Frauen, sagen Sachen, die ihnen vorher nie über ihre Lippen gekommen sind. Weil sie kapiert haben, dass das der Teil ist, der in ihrer Hand liegt. Ich mache ihnen im Vorfeld klar: Du bist wichtig bei der Geburt, du musst deiner Partnerin helfen. Außerdem geht ihr beiden mit dem Baby heim, nicht ich.

Sie begleiten auch viele lesbische Paare bei der Geburt. Haben begleitende Frauen das besser drauf?

Nein, kein Stück. Der Mensch, der das Baby nicht im Bauch hat, muss im Vorfeld bestimmte Sachen lernen, damit er bei der Geburt mitmachen kann. Völlig egal, ob Mann oder Frau.

Apropos: Können Sie als männliche Doula etwas, das eine Frau nicht kann?

Ich hoffe, dass mich jetzt niemand falsch versteht, aber: Frauen können sehr kompetitiv sein untereinander. Ich bin ja auch Stillberater, und da merke ich das besonders. Junge Mütter, die dabei Probleme haben und kurz davor sind hinzuschmeißen, kriegen das mit mir in zehn Minuten hin. Vielleicht, weil ich nicht ausstrahle, dass sie dumm ist, wenn sie das noch nicht hinkriegen – denn ich kann ja auch nicht stillen! (lacht) Das betrifft übrigens auch das Thema PDA. Da gibt es unter Frauen viel Vergleichen und Scham: Die andere hat es ohne hinbekommen, und ich brauchte einen Kaiserschnitt … Es ist doch so: Die Leute gehen ins Krankenhaus, um ihr Baby sicher auf die Welt zu bringen. Wie man dahin kommt, sollte man nicht vergleichen. Es gibt einfach verdammt viele Geburts-Kriegerinnen.

Geburts-Kriegerinnen?

Ja. Die habe ich auch nach dem Abschluss meiner Doula-Ausbildung oft getroffen. Ich bin kein Krieger, mein Standpunkt ist: Ich bin hier, um zu helfen und euch mit dem Wissen zu versorgen, das ihr braucht, um Entscheidungen zu treffen, die in eurem besten Interesse sind. Ich entscheide nicht für euch – ich helfe euch lediglich, eure Entscheidung zu treffen.

Was waren das für Kriegerinnen?

(Bricht gespielt zusammen) Meine ersten vier Jahre waren der Horror! Weil mich alle weiblichen Doulas gehasst haben. Da wurde meine Ausbildung durchleuchtet, ich wurde des Betrugs verdächtigt … Das war schwer für mich, ich bin echt sensibel und will doch nur helfen. Aber dann lief es gut bei mir, die Ärztinnen, Ärzte und Hebammen arbeiteten auch gerne mit mir zusammen. Es wurde klar, dass es nicht um mich oder meine Qualifikation ging.

Was hat gegen die Attacken geholfen?

Die Ärztinnen und Ärzte haben sich sehr entschieden hinter mich gestellt, mich als Berater für den Umbau von Kreißsälen hinzugezogen. Auch die Hebammen haben mich sehr cool aufgenommen. Erst gestern hat mich eine bei einer Info-Veranstaltung des Krankenhauses in San Antonio mit den Worten vorgestellt: "Als ich diesen großen, volltätowierten Typ zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich meinen Augen nicht trauen. Aber Brian ist der sanfteste, netteste Typ." Darüber habe ich mich enorm gefreut. Weil ich das mit dem ganzen Herzen mache. Ebenso wie meine Still-Kampagne …

Wie sieht die aus?

Stillen gilt in Teilen der USA empörenderweise noch immer als etwas Unanständiges. Wir sind vor das texanische Kapitol gezogen und haben dort ein Happening veranstaltet. Eine Frau mit einer Puppe an der Brust wurde so angemalt wie die Ziegelwand, vor der sie stand. Wir haben die Aktion "Why hide?" (dt.: Warum verstecken?) genannt.

Wann ist Ihnen klar geworden, dass man nicht nur eine Lanze für das Stillen brechen muss, sondern auch für werdende Väter?

Ich bin von Haus aus Radiologe. Und wollte immer unbedingt Kinder. Dann habe ich die Mutter meiner beiden Töchter getroffen, Christina. Vor 16 Jahren kam unser erstes Baby auf die Welt, Eva. Während unserer Schwangerschaft, die wir noch in Los Angeles verbrachten, fiel mir auf, dass es überhaupt keine Angebote für Väter gab. Es drehte sich alles um die Mütter, die Daddys sollten bei der ganzen Sache vor allem "cool" sein oder für "Spaß" sorgen. Aber so wachsen keine glücklichen Familien. Dann zogen wir von L.A. nach Texas, wo ich aus lauter Baby-Begeisterung ein Pränatal-Ultraschallzentrum aufmachte.

Um jeden Tag Baby-TV zu schauen?

Ja! (lacht) Ich verstand mich gut mit den werdenden Eltern – merkte aber auch da, dass es auf der Papa-Seite ein totales Vakuum gab. Dann sollte ich eine Art Väter-Bootcamp leiten. Statt sie zu drillen, erzählte ich ihnen viel über den weiblichen Körper und Hormone.

Damit sie verstehen, was bei einer Entbindung passiert.

Das Ding bei Männern ist: Wenn sie nichts wissen über eine Sache, scheuen sie. Sie wollen sich nicht blamieren und bekommen oft die Idee vermittelt, Geburten seien eine geheime Frauensache. Man muss auch sie zu Experten machen, damit sie mitmachen. Wenn sie verstehen, worum es geht, werden sie Teil des Teams. Weil das Krankenhaus die Auswirkungen meiner Väter-Bildungsarbeit im Kreißsaal deutlich bemerkte, baten sie mich, bei ihnen zu unterrichten. Seitdem gibt es das "Rocking Dads"-Programm. Später ließ ich mich zur Doula ausbilden, um den Paaren auch während der Geburt zu helfen.

Wie läuft das ab, wenn Sie sich um ein Paar kümmern?

Wir machen immer zunächst ein kostenloses Treffen, damit man sich kennenlernt. Die Chemie muss stimmen. Wenn ich spüre, dass zwischen den zukünftigen Eltern ein ungelöster Konflikt schwelt, bin ich raus. Sie können gerne wiederkommen – wenn sie ihre Arbeit gemacht haben. Manche schicke ich auch erst mal zur Paartherapie. Wenn das Baby erst da ist, gibt es genug Stress. Da darf man keine Altlasten haben.

Und wenn die Chemie stimmt?

Auch dann kümmern wir uns – neben dem ganz Praktischen – stark um die Beziehung. Bei meiner liebsten Übung hält sich das Paar an den Händen, schaut sich in die Augen und versucht, nur positive Sachen über den anderen zu denken. Die Idee ist: Vergesst den Müll und die dreckigen Socken. Denkt nur daran, in was ihr euch beim anderen verliebt habt, was euch auf die Idee gebracht hat, eine Familie gründen zu wollen. Beim ersten Mal wird oft gelacht, geweint, da kommt ganz viel hoch. Weil es eine andere Art ist, sich zu verbinden, eine andere Art der Intimität.

Sie sind also auch Beziehungs-Coach.

Ich sage den Paaren: Ihr bezahlt mich, um euch vorzubereiten und zu begleiten – aber ihr müsst auch euren Teil des Jobs machen. Und der besteht unter anderem darin, diese Übung täglich für eine Minute zu machen. Und dreimal in der Woche für 15 Minuten Engtanz. Da kommen sie sich nahe, können einander riechen …

Lassen Sie uns raten: Oxytocin-Alarm?

Genau! Dann zeige ich den Männern, wie sie richtig massieren, wie sie ihrer Partnerin bei der Geburt mit dem Körper Gegendruck bieten. Das machen die dann zweimal, dann heißt es: "Mach du weiter, Brian!" (lacht) Das ist nämlich echt anstrengend, deswegen muss ich schauen, dass ich auch mit 51 gut in Form bleibe.

Was gehört noch zur Ihrer Grundausbildung?

Ich erkläre den Mamas, wie wichtig es ist, ihrem Partner ganz genau zu sagen, wie sie angefasst werden wollen, was ihnen guttut und was nicht. Und zwar respektvoll. Ich dulde bei meinen Geburten kein aggressives Verhalten. Für jedes "Nein" muss man fünf Dollar in eine Kasse zahlen. Und statt "Oh Gott" sagen wir: "Oh gut!" (lacht) Denn was wir sagen, wirkt sich auf unser Gefühlsleben aus. Außerdem bringt jede Kontraktion das Baby näher. An den Wochenenden kurz vor der Geburt lasse ich die Paare dann gemeinsam Damm-Massagen machen. Ich bringe ihnen bei, sich selbst Zeit herauszuhauen für ihre Familie.

Weil das Paar die Basis einer Familie ist?

So ist es. Wir haben so eine Art Liebestank in uns, den man selbst füllen und von dem man zehren kann, wenn es mal hart wird. Gerade, wenn Menschen vom Paar zum Elternpaar werden, muss man schauen, dass dieser Tank randvoll ist.

Brian W. Salmon hat Biologie und Chemie studiert und einen Abschluss als Radiologe. Der zertifizierte Stillberater und Geburtsbegleiter hat in seinem Wohnort San Antonio, Texas, ein Zentrum für Schwangerschaftsbegleitung gegründet und bietet dort seit acht Jahren seine "Rocking Dads"-Väterkurse an. Außerdem hat er das Buch "Vater werden mit 'Brian the Birth Guy‘ – wie du deine Partnerin rund um die Geburt optimal unterstützen kannst" (Kösel, 18 Euro) geschrieben.

Oxytocin

Der gemeinhin als "Kuschel- und Bindungshormon" bekannte Botenstoff, der im Gehirn produziert wird, bedeutet im Altgriechischen tatsächlich "schnelle Geburt". Es fördert schon beim Sex die Verbundenheit mit dem Partner, leitet bei der Geburt eines Babys die Wehen ein, stimuliert die Milchproduktion und sorgt für Blitz-Verliebtheit zwischen Mutter und Kind.

Doula

Auch dieser Begriff stammt aus dem Griechischen, bedeutet "Dienerin" und bezeichnet heutzutage eine nichtmedizinische Geburtsbegleiterin, die der Mutter vor, während und nach der Geburt neben Hebamme und Ärztin oder Arzt unterstützend zur Seite steht. Die amerikanische Anthropologin Dana Raphael machte die Doula ab Ende der 1960er-Jahre zunächst in den USA wieder bekannter.

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