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Chlamydien Eine Infektion gefährdet den Babywunsch

Nachdenkliche junge Frau
© LarsZahnerPhotography / iStock
Häufig ist sie die Ursache für Unfruchtbarkeit bei Frauen: eine Infektion mit dem Bakterium Chlamydia Trachomatis. Für Frauen unter 25 Jahren übernehmen die Krankenkassen eine jährliche Untersuchung. Hier erfahrt Ihr mehr über die tückische Krankheit.

Chlamydien - was ist das für eine Krankheit?

Chlamydia trachomatis, wie die bakterielle Infektion wissenschaftlich genannt wird, gehört zu den am häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten der Welt. Etwa die Hälfte aller Sterilitätsfälle geht auf eine oft jahrelang verschleppte Infektion zurück. Allein in Deutschland wird die Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr auf 300.000 geschätzt. Eine Umfrage der "Ärztlichen Gesellschaft zur Gesundheitsförderung der Frau" unter Jugendlichen ergab, dass 83 Prozent der Befragten noch nie von der Krankheit gehört hatten - eine Unwissenheit mit verheerenden Folgen.
Denn die Zahl der Infizierten steigt rapide an - in den letzten zehn Jahren um mehr als ein Drittel. Etwa zehn Prozent der über 14-jährigen Jugendlichen sind bereits betroffen. Das besonders Heimtückische: Rund 80 Prozent der infizierten Frauen und 50 Prozent der Männer sind symptomlos.

Wie kann ich mich anstecken?

Wie die Geschlechtskrankheiten, sind auch Chlamydien primär durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragbar. Doch auch beim Petting oder beim Oralsex kann man sich anstecken. Sogar Schwangere können die Infektion an ihr Kind weitergeben. Die Bakterien können oft jahrelang "überwintern" und immer wieder von neuem aufflackern. Symptome treten, wenn überhaupt, ein bis drei Wochen nach Ansteckung, viele Monate später oder, wie in den meisten Fällen, überhaupt nicht auf. Mögliche Anzeichen für die Erkrankung sind bei Männern Brennen beim Wasser lassen, bei Frauen vermehrter Ausfluss, Unterleibsschmerzen oder Zwischenblutungen.

Welche Folgen hat die Infektion für Männer und Frauen?

Möglich: Eine Allergie gegen die Bakterien

Wird die Infektion jedoch nicht frühzeitig erkannt, können die Folgen schwerwiegend sein: Durch die Krankheit bilden sich spinnwebenähnliche Verwachsungen im Unterleib, die die Organe verkleben, Entzündungen, chronische Unterleibsschmerzen und eben oft auch Sterilität bewirken.
Sind die Eileiter verklebt, gelangen die Eier von den Eileitern nicht mehr in die Gebärmutter. Doch auch wenn die Eileiter durchgängig bleiben, sind sie oft durch die Infektion und die Vernarbungen im mikroskopischen Bereich so geschädigt, dass sie ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen können. Betroffene Frauen können so auf natürlichem Wege keine Kinder mehr bekommen, ihnen bleibt meist nur die In-vitro-Fertilisation (IVF): Dabei werden Eier aus den Eierstöcken entnommen, im Reagenzglas befruchtet und dann künstlich in die Gebärmutter eingesetzt.
Bei Männern kann die Krankheit zu Nebenhoden- und Prostataentzündungen oder Harnröhrenverengung führen. In seltenen Fällen können Gelenk- oder Augenentzündungen auftreten.
Eine weitere Folge der Chlamydieninfektion hat erst in jüngerer Zeit größere Beachtung gefunden: Wird eine solche Infektion nicht adäquat mit Antibiotika behandelt, so entwickelt der Körper häufig eine Art "Allergie" gegen bestimmte Oberflächenstrukturen der Bakterien. Ob eine solche "Allergie" vorliegt, lässt sich nur durch die Bestimmung der so genannten chlamydialen Hitzeschockproteine beziehungsweise der Antikörper herausfinden. Liegt eine Allergie vor, kann es auch nach einer akuten Chlamydieninfektion zu Problemen kommen - etwa rheumatischen Erkrankungen. Auch das Risiko für Früh- oder sogar Fehlgeburten steigt. Über die Behandlung einer solchen "Allergie" herrscht noch keine Einigkeit. Viele Ärzte befürworten jedoch eine mehrwöchige Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten, also Cortison. Vor der Behandlung muss jedoch sichergestellt werden, dass keine akute Infektion mehr vorliegt.

Interview: Vorbeugen und Behandlung von Chlamydien

Manchmal kann eine Operation die Fruchtbarkeit wiederherstellen

Dr. Fritz Schmaus, Gynäkologe aus München, erklärt, was Sie beachten sollten und wie die Behandlung von Chlamydien bei einer Erkrankung aussieht.

Wie kann ich mich vor einer Chlamydieninfektion schützen?
Das Sinnvollste erscheint mir ein Vaginalabstrich vor jeder neuen Partnerschaft - ähnlich einem Aidstest. Bis zum Befund sollte man unbedingt Kondome verwenden. Wichtig ist, dass sich der Partner ebenfalls untersuchen lässt. Ist einer der beiden infiziert, kann es zu dem bekannten Ping-Pong-Effekt kommen."

Wie wird eine Chlamydieninfektion behandelt?
Es gibt verschiedene Ansätze eine solche Erkrankung zu behandeln. Wichtig ist vor allem, dass der Partner unbedingt mit behandelt wird, da die Krankheit sonst, wie bereits geschildert, ständig wieder aufflackert und hin und her gegeben wird. Üblich ist die Behandlung mit Antibiotikum, das mindestens zehn Tage gegeben wird, oft auch länger - je nach Vehemenz der Erkrankung. Um sicher zu gehen, dass die Therapie angeschlagen hat, ist eine Nachkontrolle zu empfehlen. Dass eine akute Chlamydieninfektion jedoch ohne Behandlung von selber ausheilt, ist sehr unwahrscheinlich."

Wie können Frauen feststellen, ob die Krankheit bleibende Schäden angerichtet hat?
Meist zeigen sich die Folgen erst dann, wenn der Erfolg einer Schwangerschaft ausbleibt. Natürlich gibt es dafür zahlreiche andere Ursachen. Wurde aber bei der Frau eine akute Chlamydieninfektion festgestellt, besteht mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Unfruchtbarkeit."
Gibt es Möglichkeiten, die Fruchtbarkeit wieder herzustellen?
Eine Bauchspiegelung ist nach dem Ultraschall der sinnvollste Schritt, Klarheit über den Zustand der weiblichen Geschlechtsorgane zu gewinnen. Hierbei werden durch kleine Einstichlöcher durch die Bauchdecke Mikroskope und eine Videokamera in den Unterleib gebracht, die das Innere stark vergrößert auf einen Bildschirm übertragen. Weiter wird ein Kontrastmittel durch die Gebärmutter in die Eileiter gespritzt und der Verlauf beobachtet. Manchmal lassen sich die Verklebungen operativ entfernen, und die Eileiter werden wieder durchgängig."

Wie groß sind die Chancen, die Fruchtbarkeit wieder herzustellen?
In 20 bis 60 Prozent der Fälle ist eine Schwangerschaft nach einer Unterleibsoperation möglich - unabhängig davon, ob Chlamydien oder andere Erreger zur Eileitererkrankung geführt hatten."

Warum zahlen die Kassen den Test nur für Frauen unter 25 Jahren?

Frauen unter 25 Jahren können sich künftig jährlich auf Chlamydien testen lassen. Die Kosten für die Untersuchung übernimmt seit Anfang 2008 die gesetzliche Krankenversicherung, so der Berufsverband der Frauenärzte (BVF) in München. Die Altersgrenze wurde eingführt, weil statistisch gesehen das Risiko einer Ansteckung für sexuell aktive Frauen unter 25 Jahren am größten ist.

Was kann ich als Betroffene tun?

Für die betroffenen Frauen sind diese schwerwiegenden Folgen einer Infektion mit Chlamydien oft ein Schock. Der Gedanke an Familie ist plötzlich zerstört, ein Lebenstraum geplatzt, und was bleibt ist Trauer, Verzweiflung und ein schwarzes Loch. Da kann es gut tun, sich mit anderen Paaren in einer ähnlichen Situation auszutauschen. Im Eltern.de Familiennetz kannst Du dich ganz einfach anmelden und nach einer Gruppe suchen, in der sich Betroffene gegenseitig Tipps geben und eine wertvolle Stütze sein können. Natürlich kannst Du auch selber eine Gruppe gründen - Du als Moderator entscheidest dann, ob diese öffentlich für alle Familiennetz-Mitglieder zugänglich ist oder nur für ausgewählte Personen. Und selbstverständlich kannst Du über das Thema auch in unserem Kinderwunsch-Forum diskutieren.

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Dr. med. habil. Wolfgang Würfel vom Kinderwunsch Centrum München.


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