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Apgar-Test Die erste Untersuchung nach der Geburt: Wie geht's dir, Baby?

Neugeborenes beim Apgar-Test wird mit Stethoskop untersucht
Neugeborenes beim Apgar-Test wird mit Stethoskop untersucht
© Patricia Marks / Shutterstock
Kaum auf der Welt, schon wartet der erste Test auf den kleinen Menschen: der Apgar-Test. Mit einem Punktesystem wird geprüft, wie gut sich das Baby auf das Leben außerhalb des Mutterleibs anpasst. Hier alles Wichtige.

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Wahrscheinlich ist es die größte körperliche Umstellung, die der Mensch je in seinem Leben bewältigen muss: Eben noch vollkommen versorgt, gewärmt und geschützt im mütterlichen Körper, muss ein Kind von einem Moment auf den anderen selbst atmen, die Körperwärme halten, die Augen vor blendendem Licht schließen und selbst saugen, um seinen Hunger zu stillen. Vielen Babys gelingt das auf Anhieb, manche brauchen ein paar Minuten und einige brauchen medizinische Hilfe.

Damit Hebamme und Ärztin oder Arzt selbst schnell und nach medizinischem Standard erkennen und dokumentieren können, wie gut ein Baby diese Anpassungsleistung schafft, gibt es den Apgar-Test. Das Gute: Der Test ist nicht nur gut und wichtig, meist reichen auch schon das geübte Auge und die Erfahrung des geburtshilflichen Teams, um den Test durchzuführen. So muss niemand das erste Kuscheln und Kennenlernen zwischen Eltern und Baby stören.

Woher kommt der Name Apgar?

Entwickelt wurde dieser medizinische Gesundheitscheck, mit dem der Zustand des Neugeborenen nach der Geburt beurteilt wird, im Jahr 1953 von der New Yorker Chirurgin und Narkoseärztin Dr. Virginia Apgar. Sie bezeichnete die Geburt einmal als „gefährlichsten Zeitabschnitt des Lebens“. Deshalb sei es notwendig, den Gesundheitszustand von Neugeborenen schnell beurteilen und auftretende Komplikationen erkennen zu können, um geeignete Maßnahmen ergreifen zu können. Dafür entwickelte sie ein Punktesystem, das später nach ihr „Apgar-Score“ genannt wurde. Später wurde dann eine Faustregel für die fünf Dinge, die dabei untersucht werden, nach den Buchstaben in ihrem Namen erdacht: A wie Aussehen (Hautfarbe), P wie Puls (Herzschlag), G wie Grimassieren (Reaktion auf Absaugen, A wie Aktivität (Muskeltonus) und R wie Respiration (Atmung).

Was genau wird beim Apgar-Test untersucht?

Untersucht werden fünf Lebensfunktionen sofort nach der Geburt: Die Hautfarbe des Babys, der Herzschlag, die Reaktionen beim Absaugen, der Muskeltonus und die Atmung. Für jeden Einzeltest bekommt das Neugeborene 0 bis 2 Punkte. Die Punkte werden zusammengezählt, das heißt, es kann maximal zehn Punkte erreichen. Acht bis zehn Punkte bedeuten, dass es dem Kind gut bis sehr gut geht, eine Bewertung unter sieben Punkten zeigt an, dass das Neugeborene Schwierigkeiten hat, sich den neuen Lebensbedingungen anzupassen und eine medizinische Versorgung braucht.

Warum wird der Test mehrmals gemacht?

Die erste Testrunde wird direkt nach der Geburt gemacht – wenn möglich so, dass das Baby dabei bei der Mutter bleiben kann. Erreicht es dabei weniger als vier Punkte, etwa weil es sehr blass und schlaff ist, keine Reaktion zeigt und nur unregelmäßig atmet, muss es sofort medizinisch behandelt werden. Meist aber haben Kinder im ersten Durchgang zwischen sieben und zehn Punkten.

Viele Kinder brauchen ein paar Minuten, um sich anzupassen, deshalb gibt es je eine weitere Testrunde nach fünf und nach zehn Minuten. Die meisten Babys zeigen bei den weiteren Testrunden noch bessere Ergebnisse. Der komplette Apgar-Score besteht deshalb aus drei Zahlen, den Ergebnissen der drei Testrunden.

Hier das Punkte-Schema im Überblick:

Kriterien

0 Punkte

1 Punkt

2 Punkte

Hautfarbe

blass

rosig, Hände und Füße blau

am ganzen Körper rosig

Herzschlag

Kein Herzschlag

weniger als 100 Schläge pro Minute

100 und mehr Schläge pro Minute

Reaktionen beim Absaugen

keine Reaktion

verzieht das Gesicht

Schreien, Husten, Niesen

Muskeltonus

schlaff

träge Bewegungen

lebhafte Bewegungen

Atmung

keine Atmung

langsam, unregelmäßig

regelmäßig

Was bedeutet ein Apgar-Wert von 9/10/10?


Er bedeutet, dass das Baby die Geburt ausgezeichnet überstanden hat. Beim ersten Testdurchgang hat es 9 von 10 Punkten erreicht, wahrscheinlich, weil seine Haut noch bläulich war. Das passiert zum Beispiel, wenn das Baby direkt nach der Geburt noch nicht so tief atmet und deshalb die Haut noch nicht komplett mit Sauerstoff versorgt wird. Nach fünf und nach zehn Minuten hatte es dann eine volle Punktzahl – alles in Ordnung!

Was, wenn ein Baby nicht die volle Punktzahl hat?


Manche Eltern machen sich Sorgen, weil ihr Baby nicht sofort in allen Testdurchgängen eine volle Punktzahl hatte. Das ist aber völlig normal! Vielleicht hatte es zuerst noch bläuliche Hände und Füße und beim zweiten ganz ruhig auf dem Bauch der Mutter gelegen.

Beides gibt einen Punktabzug, weil es ein Warnzeichen für die Ärzte sein kann. Mit Betonung auf „kann“. Denn vielleicht ist das Baby auch nur besonders entspannt. (Deshalb hat man Babys übrigens früher direkt nach der Geburt einen Klaps auf den Po gegeben. Was sich heute barbarisch anhört, machte man früher, damit das Baby schreit und dabei tief Luft holt. Heute dürfen Neugeborene sich Zeit lassen, wichtig ist nur, dass die Werte sich beim dritten Testdurchgang erholt haben.

Ab welchem Apgar-Score braucht das Baby Hilfe?


Bei einem Score zwischen 7 und 10 Punkten nennt man ein Baby im geburtshilflichen Jargon „lebensfrisch“ – es braucht keine besondere Unterstützung.

Bei einem Score zwischen 5 und 6 Punkten spricht man von einem „leichten Depressionszustand“ es besteht aber noch kein Grund zur Sorge. Vielleicht bekommt das Baby ein bisschen Sauerstoff oder eine sanfte Massage, die die Lebensgeister weckt. Oft genügt das schon.

Bei einem Score von weniger als 5 Punkten handelt es sich um eine so genannte Anpassungsstörung und einen mittel- bis schwergradigen Depressionszustand. Hier ist ein ärztliches Eingreifen z.B. die Gabe von Sauerstoff notwendig. Dies kann bereits schnell zur Besserung führen. Manchmal ist aber auch eine intensivere Behandlung notwendig. Die kommt aber nur in seltenen Fällen vor. “

Gehört der Apgar-Test zur U1?


Ja. Die U1 ist die erste Vorsorge-Untersuchung und findet direkt nach der Geburt statt. Was neben dem Apgar-Test unter anderem noch geschieht:

  • Der Arzt / Die Ärztin überprüft, ob Nase und Speiseröhre frei durchgängig sind und saugt – wenn nötig – noch vorhandenes Fruchtwasser ab.
  • Er / sie hört das Baby ab (Atemfrequenz, Atem- und Herzgeräusche) und untersucht den Kreislauf. Der Puls wird am Füßchen gemessen.
  • Außerdem wird überprüft, ob die Schlüsselbeinchen bei der Geburt heil geblieben sind. (Sie können brechen, weil sie die breiteste Stelle des Körpers sind.)
  • Aus der Nabelschnur wird etwas Blut entnommen und sein Sauerstoffgehalt untersucht.
  • Um eine Unterversorgung auszugleichen, die zu einer Blutgerinnungsstörung führen kann, bekommt das Neugeborene Vitamin-K-Tropfen.
  • Und natürlich wird Maß genommen: Wie verhält sich die Größe zum Gewicht, wie ist der Kopfumfang?

Gilt der Apgartest auch für Frühchen?

Frühgeborene fallen beim Apgar-Test häufig durchs Raster. Ein Baby, das vor der 30. Schwangerschaftswoche geboren wird, hat natürlich eine blassere Hautfarbe und eine schlechtere Atmung als ein Baby, das termingerecht zur Welt kam. Auch sein Muskeltonus ist noch deutlich schlechter. Dementsprechend niedrig sind dann auch die Apgar-Werte, selbst, wenn es dem Kind den Umständen entsprechend richtig gut geht.

PD Dr. med. Florian Babor & Dr. med. Nibras Naami

Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von PD Dr. med. Florian Babor und Dr. med. Nibras Naami geprüft.

Quellen:

Kinderärzte im Netz: U1 – Überwachung und Untersuchung des Neugeborenen

Bundesgesundheitsministerium: Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche.

Kindergesundheit-info.de: U1-Untersuchung – was wird gemacht?

ELTERN

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