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Zeit des Kennenlernens Wochenbett: Was Mutter und Baby jetzt brauchen

Eine Mutter hält ihr schlafendes Neugeborenes und es kuschelt sich in ihre Nackenhöhle.
© SolStock / iStock
Das Wort klingt altertümlich. Dabei ist das Wochenbett eine besondere Zeit, in der du die Bindung zu deinem Baby aufbaust und stärkst, dein Körper heilt und das Stillen beginnt. Hier erfährst du alles Wichtige über die ersten Wochen nach der Geburt.

Artikelinhalt

Auf einen Blick

  • Das Wort Wochenbett (lat. Puerperium) beschreibt die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt.
  • Diese Zeit ist wichtig für einen guten Stillstart und für ein Zusammenwachsen von Eltern und Baby als Familie.
  • Körperliche Veränderungen: Die Gebärmutter bildet sich zurück, mit der Heilung geht der Wochenfluss zurück.
  • Ärzte und Hebammen raten, in den ersten sechs Wochen nach der Geburt auf körperlich anstrengende Aktivitäten zu verzichten.

Dein Körper hat sich neun Monate lang verändert. Er hat sich ausgedehnt und Platz geschaffen für dein Baby. Dein Essen war sein Essen. Den finalen Kraftakt der Geburt hast du bewältigt. Aber im Gegensatz zu den hochaufgelösten Bildern perfekt gestylter Neumuttis, die es tausendfach im Netz zu bewundern gibt, beginnt nun eine entscheidende, aber weniger glamouröse Phase des Kinderkriegens: dein Heilungsprozess und das Bonding mit deinem Neugeborenen. Viele Frauen empfinden es als eine Herausforderung, mental und körperlich zu begreifen, dass der eigene Körper von nun an wieder ihnen alleine gehört – und ihr Kind von jetzt an als Individuum außerhalb des Uterus existiert. Für die Regeneration der Frau und die emotionale Bindung mit dem Baby: Dafür gibt es das Wochenbett.

Was ist das Wochenbett?

Glückliche Mutter stillt ihr Neugeborenes.
© buzzanimation / iStock

Das Wort Wochenbett (lat. Puerperium) beschreibt die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt und den damit verbundenen Heilungsprozess des Körpers mit allem, was dazugehört sowie die wachsende Bindung zwischen Mutter und Kind.
 
Der Begriff leitet sich von der Zeit ab, die das Wochenbett dauert. Früher wurde eine Frau in dieser Phase auch „Wöchnerin“ genannt. Der altmodische Ausdruck weckt die verschiedensten Phantasien – von Frauen im 19. Jahrhundert, die sich, in weißen Nachthemden gekleidet, auf blutgetränkten Seidendecken winden, bis zur deutschen Wöchnerinnen-Station der 60er Jahre, in der die Mütter ihre Babys gerade mal alle vier Stunden zum Stillen zu sehen bekamen.

Wörtlich nehmen sollte man den Begriff Wochenbett, zumindest in Deutschland, wohl eher nicht mehr. Denn wer liegt heute noch wochenlang im Bett und erholt sich von den Strapazen der Geburt? In asiatischen Kulturkreisen sieht das schon anders aus: In Ländern wie China, Singapur oder Indien bleiben die Frauen zwischen 40 und 45 Tagen im Bett und werden von ihren Familien umsorgt. In Extremfällen dürfen sie sich nicht einmal die Haare waschen oder die Küche betreten. Nur so – glaubt man hier – können Infektionskrankheiten vermieden werden und sich Mutter und Kind in Ruhe kennenlernen.



Grundsätzlich ist das Wochenbett eine Zeit der körperlichen Rückbildung. Während der Schwangerschaft dehnt sich die Gebärmutter auf das 500fache ihrer normalen Größe aus. Nun muss sie sich wieder zusammenziehen. Aber nicht nur die Gebärmutter ist nach der Geburt beansprucht. Auch der Damm muss heilen, besonders, wenn er eingerissen ist oder geschnitten wurde, und natürlich auch eine eventuelle Kaiserschnittnarbe.

Wie lange dauert das Wochenbett?

In den meisten westlichen Ländern dauert das Wochenbett bei einer vaginalen Geburt zwischen sechs und acht Wochen und bei einem Kaiserschnitt bis zu zehn Wochen. In Deutschland besagt der Mutterschutz, dass Frauen die ersten acht Wochen nach der Geburt nicht wieder arbeiten dürfen. Bei Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich diese Zeit auf zwölf Wochen.

Deshalb ist das Wochenbett so wichtig für frischgebackene Familien

Eine junge Mutter liegt neben ihrem neugeborenen Kind und streichelt es.

Was solltest du jetzt besser nicht tun?

Aufgrund der Blutung und der Beanspruchung des Beckenbodens raten Ärzte und Hebammen, in den ersten sechs Wochen nach der Schwangerschaft auf körperlich anstrengende Aktivitäten zu verzichten. Dies betrifft neben dem Tragen schwerer Gegenstände auch Sport und Sex.  

Rückbildungskurse werden deshalb erst im Anschluss an diese ersten Wochen angeboten. Zu diesen Einschränkungen zählen aber nicht die ersten leichten Übungen, die deinen Beckenboden stärken. In vielen Fällen erhältst du hierzu Informationen von deiner Hebamme. Sie kann aufgrund deiner individuellen Geburtsgeschichte beurteilen, ab wann und wie du auch in dieser ersten Zeit Übungen machen kannst.

Was begleitet dich im Wochenbett?

Viele Erstgebärende erschrecken zuerst, wie stark der Wochenfluss ist. Gerade kurz nach der Entbindung kann es vorkommen, dass innerhalb kurzer Zeit mehrere Binden durchtränkt sind. Auch kleine Klumpen aus geronnenem Blut sind hierbei nichts Ungewöhnliches. Selbst wenn sich die Überzeugung bei manchen Hebammen noch hält: Der Wochenfluss ist bei einer gesunden Frau nicht infektiöser als normales Menstruationsblut. Sollten die Blutklümpchen aber nach mehreren Tagen nicht kleiner werden und die Menge an Wochenfluss nicht abnehmen, solltest du mit deinem Arzt oder deiner Hebamme sprechen. Denn in Ausnahmefällen löst sich die Plazenta nicht vollständig ab, was zu ernsthaften Komplikationen führen kann.
 
Grundsätzlich ist der Wochenfluss die ersten zehn Tage nach der Entbindung relativ stark und dauert insgesamt zwischen vier bis sechs Wochen. Wie lange genau, ist unterschiedlich. Gerade in den ersten Tagen nach der Geburt lohnt sich die Verwendung von Binden, die speziell für den Wochenfluss geeignet sind (unter Müttern nicht ohne Grund „Surfbretter“ genannt). Vorsicht: Tampons bergen ein erhöhtes Infektionsrisiko und sollten in dieser Zeit nicht verwendet werden.
 
In den ersten Tagen nach der Entbindung kommt die Milchbildung langsam in Gang, es kommt zum so genannten Milcheinschuss. Das Stillen ist, neben der Ernährung deines Kindes und der damit verbundenen emotionalen Bindung, auch deshalb so wichtig, da es die Gebärmutter in der Rückbildung unterstützt. Sobald du dein Baby an die Brust legst und es trinkt, verstärken sich die Nachwehen und die Gebärmutter zieht sich zusammen. In manchen Fällen fühlen sich diese Nachwehen fast so an wie die Vorwehen. Frauen, die bereits mehr als ein Kind bekommen haben, berichten, dass diese Wehen ab dem zweiten Kind stärker zu spüren sind. Um zu überprüfen, ob mit deiner Rückbildung alles normal verläuft, tastet die Hebamme bei ihren Hausbesuchen regelmäßig deine Bauchdecke ab.

Leider sind auch Verstopfung und Hämorrhoiden relativ normale Beschwerden während des Wochenbetts. Durch das starke Pressen während der Geburt können Hämorrhoiden aus dem After herausgedrückt werden. Dagegen gibt es Salben, die Schmerzen und Juckreiz lindern. Für Tipps, welche Salbe dir in diesem Fall schnell Linderung verschafft, lohnt es sich, die betreuende Hebamme, um Rat zu fragen – gerade, wenn du dein Kind stillst. Neben Salben hilft eine ausgewogene Ernährung mit Ballaststoffen und viel Flüssigkeit (vor allem Wasser). 

Der weibliche Körper nach der Geburt.
© SanyaSM / iStock

Im Wochenbett beeinflusst der Hormonhaushalt der Frau den Weg zur Re-Normalisierung des eigenen Körpers. Denn nach der Entbindung sinkt der Östrogenspiegel stark ab. Dies kann Schweißausbrüche zur Folge haben.
 
Neben all diesen – vorwiegende körperlichen Faktoren, kommt der vielleicht entscheidendste Punkt zum Schluss: deine seelische Gesundheit. Ein Begriff, der wahrscheinlich noch während deiner Schwangerschaft von deinem Arzt oder deiner Hebamme angesprochen wurde, ist der Babyblues.
 
Babyblues: Das klingt eigentlich erstmal recht harmlos, vielleicht etwas melancholisch. Was dieser Begriff zunächst beschreibt, ist das generelle Stimmungstief, das für viele Frauen auf die hormonell bedingte Euphorie nach der Geburt folgt. Die während der Schwangerschaft ausgedehnte Bauchdecke erinnert noch an die Schwangerschaft. Das Baby kuschelt sich in deine Arme. Und obwohl du vielleicht so lange auf genau diesen Moment gewartet hast, kann der leere Bauch gleichzeitig ein Gefühl von Wehmut hervorrufen.

Insgesamt wirkt sich der veränderte Hormonhaushalt auf die Emotionen der neuen Mütter aus. Hinzu kommen Faktoren, die dies noch verstärken können: zum Beispiel zu wenig Schlaf, Probleme mit dem Stillen, unzureichende Unterstützung zu Hause, die generelle Sorge, als Mutter des neugeborenen Kindes nicht gut genug zu sein, Unzufriedenheit mit dem Selbstbild nach der Schwangerschaft oder Frustrationen über die Rückbildung.

Diese Gefühle sind völlig normal, nicht umsonst heißen diese Tage im Volksmund „Heultage“. Wenn du dir und deinem Baby in dieser Zeit genug Ruhe und Erholung gönnst, merkst du, dass die Hormone wieder ins Gleichgewicht kommen und damit auch deine Seele.
 
Fühlt du dich aber auch nach mehreren Tagen emotional im Ungleichgewicht und kämpfst mit extremen Gefühlsschwankungen, tiefer Traurigkeit oder innerer Leere, könnte eine Wochenbettdepression vorliegen. Der Übergang vom Babyblues zur Postnatalen Depression ist oftmals fließend. Daher lohnt es sich, offen mit deiner Hebamme zu sprechen und, falls gewünscht, therapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Wie können Partner und Familie helfen?

Im Wochenbett: Die Hände von Mutter, Vater, Kind
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Damit die ersten Wochen mit Baby gut verlaufen, ist die neue Mutter verstärkt auf ihr soziales Umfeld angewiesen.

Und gleich mal vorneweg: Die wichtigste Bezugsperson für die Mutter ist natürlich ihr Partner. Und ihr Partner hilft nicht, er ist Vater. Das heißt: zuallererst nimmt er sich Zeit. Zeit seine Partnerin in den Arm zu nehmen, Zeit das Baby zu wickeln, Zeit das Baby zu baden. Was wie selbstverständliche Gesten klingen mag, ist in dieser ersten Zeit von unglaublicher Bedeutung. Denn gegenseitige Unterstützung ist es letztendlich, was die neuen Eltern ihre Übermüdung und Sorge um das neue Leben bewältigen lässt.

Aber selbst in der großartigsten kleinen Familie gibt es Momente, in denen einfach alle mal eine Pause brauchen. Hier können Freunde und Familie Halt geben – und vor allem auch praktisch helfen. Denn diese Unterstützung kann sich positiv auf den emotionalen Heilungsprozess auswirken.

Praktische Tipps, wie Familie und Freunde während des Wochenbetts helfen können:

  • Vorgekochtes Essen mitbringen
  • Das Baby betreuen, damit die Mutter (und eventuell auch der Vater) mal ein paar Stunden ununterbrochen schlafen kann (!)
  • Falls es schon ein größeres Kind gibt: Mit ihm etwas unternehmen, damit die Mutter ungestörte Zeit mit dem Baby hat – oder umgekehrt: mit dem Baby spazieren gehen, damit das größere Kind seine Mama mal wieder für sich allein hat
  • Den Wocheneinkauf im Supermarkt erledigen
  • Die Wohnung / das Haus putzen
  • Mit eventuellen Haustieren spazieren gehen

Durch so geschaffene Freiräume kann sich die Mutter auf ihr neugeborenes Kind konzentrieren – und mit sich selbst ins Reine kommen.

Gleichzeitig gibt es aber auch Dinge, auf die Familien und Freunde während des Wochenbetts besser verzichten sollten. Wünscht sich eine neue Mutter beispielsweise Ruhe und keine Besuche, sollte dies respektiert werden. Die beste Lösung: Der Vater übernimmt die Rolle des Sprechers nach außen und vertröstet eventuelle Besucher auf später, versorgt sie aber zum Beispiel mit Babyfotos. Ebenso können gut gemeinte Ratschläge zur Kindererziehung mehr Stress auslösen, als tatsächlich hilfreich sein. Also: zuhören und Wünsche respektieren.

Als Familie zusammenwachsen

Alle oben beschriebenen Dinge helfen euch dabei, nach und nach als Familie zusammenzuwachsen. Denn nicht nur Mutter und Kind lernen sich erst kennen. Auch für die frischgebackenen Väter beginnt nun eine intensive Zeit. Während der Schwangerschaft hatten sie nur einen Publikumsplatz, erlebten die Entwicklung des neuen Lebens von außen. Mit der Geburt ändert sich dies schlagartig. Auf einmal ist das Baby da, es kann gehalten, gehört und gerochen werden: für viele Väter ein überwältigendes Erlebnis. Gleichzeitig stehen sie vor einer großen Herausforderung: Sie wollen die Bindung zu ihrem Kind aufbauen, die Partnerin unterstützen und gegebenenfalls Familie und Bekannte in Schach halten. Hinzukommt, dass manche Väter mit ihren eigenen Gefühlen zu kämpfen haben. Wo ist jetzt ihr Platz in dieser neuen Familienkonstellation? Eine stillende Mutter ist der Fokus des Babys – und so können sich die Männer schon mal im Abseits fühlen. Dem kann die Frau entgegenwirken: Sie kann und sollte ihren Partner aktiv einbeziehen. Schließlich ist es euer gemeinsames Baby. Nach und nach wachst ihr so als Familie zusammen. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen.

Denn neun Monate hat es gedauert, damit euer Baby in dir heranwachsen konnte. Dein Körper und deine Seele haben sich in dieser Zeit mitverändert, um für dieses neue Leben Platz zu schaffen. Und auch wenn die unzähligen, intensiv bearbeiteten Fotos von makellosen und gertenschlanken Promimüttern etwas anderes suggerieren: Niemand kann mit dem Finger schnippen und auf wundersame Weise so aussehen und sich so fühlen wie vor der Schwangerschaft. Es gibt ein Selbst vor deinem Kind und eines danach. Dieser Prozess der Identitätsfindung ist in sich eine Herausforderung. Dazu kommt, dass du und dein Partner wahrscheinlich seit der Geburt nicht wirklich gut geschlafen habt, euch mit den Bedürfnissen anderer herumschlagen musstest – und ganz nebenbei stapelt sich in der Küche das Geschirr. Da kann man schon mal ein bisschen verzweifeln.

Aber dann ist da euer Baby. Rosig und warm kuschelt es sich zufrieden in eure Arme und schaut mit großen Augen in die Welt. Für einen Moment sind alle Strapazen vergessen. Haltet solche Augenblicke fest. Das Chaos drumherum kann warten.

Einen genauen Überblick über die Tage nach der Geburt verschafft dir unser Wochenbettkalender.

Im Wochenbett als Familie zusammenwachsen: Vater, Mutter, Kind
© StefaNikolic / iStock

Quellen: