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Familienurlaub in Bayern und Österreich Mama, da ist ein Haufen hoher Hügel!

Reisebericht
© Janna Mansfeld / Gruner + Jahr
Im Urlaub in ferne Länder reisen und dafür Stunden über Stunden mit Kindern auf Reisen verbringen? Ja klar, manchmal möchte man das. Urlaub in Deutschland oder im Nachbarland Österreich kann aber genauso vielversprechend sein. familyAutorin Janna war für euch unterwegs und hat zwei tolle Urlaubsorte in der Nähe erkundet. Immer an ihrer Seite: Tochter Emma, die alles ausprobieren durfte.

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– Dieser Artikel erscheint in der ELTERN family-Ausgabe 07/20. Jetzt kaufen und noch weitere tolle Berichte lesen.

Boah, ein Haufen voller Blumen“, rief meine Tochter begeistert, nachdem wir gefühlte zehn Minuten in Bayern waren. Ein Haufen Blumen? Sprachlich gesehen versprach unser Urlaub auf jeden Fall interessant zu werden. Denn in diesem Ton ging es weiter: „Wow, diese Hügel sind ja riesig.“ Mit „diesen Hügeln“ war übrigens das Alpenvorland am Eingang zum Karwendelgebirge gemeint. Jetzt fehlte nur noch die Frage, warum die Kühe neben dem Haufen Blumen eigentlich nicht lila sind. So Großstadt-verstrahlt sind wir dann aber zum Glück doch nicht.

Wir sind bereit für das Abenteuer Natur: Ich, Mama Janna, und meine sechsjährige Tochter Emma. Eine Woche lang. Zuerst Bayern, dann Österreich. Ein echtes Abenteuer für uns zwei Großstädterinnen aus dem Norden. Ich bin in Berlin aufgewachsen, Zwischenstopps in Pittsburgh und Orlando, angekommen sind wir beide in Hamburg. Immer mehr Zentrum als Speckgürtel. Eben da, wo der Bär steppt. Natur heißt für uns Stadtpark, Berge gibt’s bei „Heidi“ im Buch – und gerade deshalb sollte mein Stadtkind auch mal raus in die freie Natur- und Bergwelt. Käfer beobachten, große Felder sehen, gute Luft schnuppern, Bergpanoramen bewundern, Natur eben. Dass ich selbst dabei auch noch viel lernte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Vorerst wollte ich einfach nur mal rauskommen aus der hektischen Stadt. Stress abbauen. Ich buchte also eine Woche Erholungsurlaub, davon vier Tage in Lenggries, Bayern, und drei Tage im Pitztal, Österreich.

Und dann standen wir plötzlich vor dem charmanten Ferienhof „Zum Sagschneider“ in Lenggries, eine Autostunde von München entfernt. Vor dem Bauernhof plätscherte ein Bach leise vor sich hin, Schafe blökten, und drinnen dokumentierte ein Zettel echtes ländliches Urvertrauen: „Wir sind auf einer privaten Feier. Ihre Zimmer finden Sie den Gang runter. Der Schlüssel steckt. Herzlich willkommen.“ Okay, immer zweimal die Haustür abschließen ist offenbar ein Großstadtding und hier nicht an der Tagesordnung.

Emmi am Bach
© Janna Mansfeld / Gruner + Jahr
Neue Erfahrung: Man kann tatsächlich stundenlang bergauf laufen

Wir stellten schnell fest, dass wir an den richtigen Ort gekommen waren: Planschen in Badeseen, Naturerlebnis-Pfade entlang der Isar erkunden, alles über die Bergwacht lernen und Brezen in einer Traditionsbäckerei backen waren nur einige Punkte im Kinderprogramm. Wir suchten uns die GPS-Suche von Almkräutern und -blumen oben auf dem Brauneck, dem Hausberg von Lenggries, aus. Davor ging es jedoch erst einmal ins Schuhgeschäft. Die Mitarbeiterin der Touristeninformation hatte mir die Leviten gelesen, „dass auf Wanderwegen zur eigenen Sicherheit Schuhe mit Profil unabdingbar sind“. Beim Packen war ich davon ausgegangen, dass es bei Wanderschuhen vor allem um Bequemlichkeit und um das Vermeiden von Blasen geht. Daher packte ich meine bequemen Converse ein. Jetzt weiß ich: ziemlich naiv. Doch richtig gute Wanderschuhe kosten: „Was, 250 Euro!?“ Etwas kleinlaut fragte ich die Verkäuferin, ob sie nicht auch etwas Günstigeres hat. Sie zauberte eine Sneaker-Wander-Variante aus dem Lager. „Türkis oder pink?“ Pink.

So ging es dann mit GPS und neuen Schuhen hinauf auf das Brauneck für unsere erste Wandertour. Dann konnten wir zum ersten Mal das Bergpanorama tatsächlich von oben genießen. Wahnsinnig beeindruckend – und ganz anders, als sich die Berge in Kleinformat über die Google-Bildersuche anzuschauen. Meinem Stadtkind blieb der Mund offen stehen. Doch mir und meiner Lunge machten diese ungewohnten Höhenmeter richtig zu schaffen.
Zu meiner Ehrenrettung: Hamburg liegt knapp sechs Meter über dem Meeresspiegel, Lenggries dagegen 679 Meter. Die Gipfelhöhe des Braunecks beträgt knapp 1555 Höhenmeter. Und später im Pitztal stiegen wir sogar hoch bis auf 2370 Höhenmeter. Natürlich bin ich nicht theatralisch zusammengeklappt, aber ich habe ordentlich geschnauft und musste ständig anhalten, um wieder zu Atem zu kommen.

Ein wichtiger Programmpunkt neben dem Aufwärtsgehen war das Leben unten im Tal. Ich kannte die Vorstellungen meiner Tochter: Die Kühe stehen brav und still, dann wird der Schemel ausgepackt, und der Bauer legt Hand an. Das Stadtkind hatte schließlich „Heidi“ geguckt. Ich wusste es aber besser. Schließlich schaue ich ausgiebig Dokus auf Netflix. Die Realität war aber nicht weniger interessant: Rosi, Ronja, Emmi und Co. standen in einer Reihe und bekamen Milch pumpen an die Zitzen gelegt. Während die Milch abgepumpt wurde, erzählte uns die Bäuerin, dass sie auf dem Hof aufgewachsen ist und schon seit ihrer Kindheit mit anpackt. Und anpacken konnte sie, das sah man. Die Massen an brummenden Fliegen, ein bisschen Kuhfladen am Shirt, das alles irritierte sie nicht. Warum auch? Das war ihr Leben, und genau diese andere Lebenswelt wollten wir in unserem Urlaub kennenlernen.

Pitztal / Reisebericht
© Janna Mansfeld / Gruner + Jahr
Schweigeminute: So ein Bergpanorama hat magische Wirkung

Unser nächster Stopp: das Pitztal in den Ötztaler Alpen in Tirol. Am Ende des 40-Kilometer-Tals thront der zweitgrößte Berg Österreichs, die Wildspitze. Dort können sich geübte Wanderer so richtig austoben. Nichts für uns also! Über viele Serpentinen erreichten wir unser 4-Sterne-Hotel Alpen Royal. Was für ein Ausblick! Emma und ich standen minutenlang schweigend auf dem Balkon, versunken in das faszinierend-beeindruckende Bergpanorama von Geigenkamm und Kaunergrat. Dann machten wir uns auf zur „Sagenwanderung“: knapp eineinhalb Stunden über verträumte Wege und kleine Bäche. Zum Glück führte uns der Weg nicht weiter den Berg hinauf, sondern nur gerade aus auf die „Gletscherstube“ zu. Die liebevollen Sagengeschichten entlang des Weges, viele glitzernde Steine, die grasenden Halblandrinder und die zahmen Haflinger machten die Wanderung gerade für Kinder sehr attraktiv. Und am Ende lockte in der „Gletscherstube“ ein Kaiserschmarrn, der tausendmal besser schmeckte als bei uns im Norden.

Danach lernten wir Rafi kennen. Rafi ist Gletscherführer und Kletterlehrer und schnappte sich Emma für ihre Felswand-Klettertour. Über Stock und Stein und ohne Beinbruch kraxelten wir durch Gestrüpp hoch zur Bergwand, und mein kleines Stadtkind jagte sofort mit passender Ausrüstung die Felswand hoch. Dabei erzählte Rafi, dass das „Pitztal ein Urlaubsort ist, in den vor allem sehr aktive Familien fahren“. Dass ich mal wieder seit Monaten kein Fitnessstudio von innen gesehen hatte, verschwieg ich ihm dezent. Dafür wurde meine Adrenalinpumpe spätestens im Zirbenpark Hochzeiger auf Touren gebracht. 15 verschiedene Stationen standen in dem Kinderaktivitätspark auf dem Programm. Emma suchte sich zielsicher das ZirbenCart oben auf der Sechszeiger Bergstation aus. Anfänglich dachte ich noch, es wird schon gutgehen. Doch dann fing es gleich mit einer offenen Doppelsesselbahn (Albtraum!) an, die uns auf 2370 Meter Höhe brachte. Wir bekamen Helme und Tipps: „In den Kurven bitte bremsen“, meinte die sympathische Einweiserin, „und bitte achtet auf die Kühe. Die stehen manchmal auf den Straßen.“ Auch das noch!? Ich hatte nun die Aufgabe, mit unserem Cart 3,7 Kilometer kurvige Wege voller Steinchen abzufahren, ohne Sicherung zum Hang, – und dabei sollte ich auch noch die Kühe im Blick behalten? Mir war zum Heulen zumute. Emma fand es dagegen megabombastischtoll. Panikkommando zurück: Wir sind tatsächlich gut unten angekommen.
Danach wünschte ich mir nichts sehnlicher als einen Cappuccino, am liebsten mit Schuss. Einziges Problem: Das Café war zu. Die Seilbahn, die uns ins Tal bringen sollte, übrigens auch. Nun standen wir da auf 2000 Metern Höhe und sahen keine Möglichkeit mehr, den Berg runterzukommen. Wandern fiel mit einer Sechsjährigen und ohne Wegkenntnisse aus. Dunkel wurde es auch schon. Das war der Moment, in dem ich mich absolut städtisch-verunsichert fühlte und einfach nur zurück nach Hamburg wollte.

Klar schließt die Seilbahn irgendwann. Doch denkt eine Stadtmutter daran? Nein. Zumindest ich nicht. Unsere Rettung waren zwei Wanderer, die den Gondelmeister kannten und die Abfahrt für uns doch noch organisierten. Ein glücklicher Ausgang – und ein bemerkenswerter Abschluss unseres Urlaubs, an den wir bestimmt noch lange zurück denken werden.Als wir am nächsten Tag auscheckten, fragte mich die Frau an der Rezeption, ob wir wiederkommen. Fest steht: Unser Urlaub hielt viele Abenteuer bereit, und wir haben die Natur so richtig kennengelernt. Gerade für naturbegeisterte Familien sind das Pitztal sowie Lenggries tolle Urlaubsorte mit vielen spannenden Angeboten für Große und Kleine. „Mit ein bisschen mehr Zeit zur Akklimatisierung und besser trainierten Lungen kommen wir auf jeden Fall wieder“, antwortete ich lachend. „Ganz sicher!

Tipps für die Übernachtung

Wohnen in Lenggries: Ferienhof Zum Sagschneider. Idyllisch gelegener Hof mit vielen Spielgeräten für Kinder, einem Bach zum Schwimmen direkt vor der Tür und Pferden, Schafen, Ziegen & Co. Ab 42 Euro/Person & Übernachtung inklusive Frühstück und „Gästekarte Plus“. Kinder zahlen einen ermäßigten Preis.

Wohnen in Pitztal: Hotel Alpen-Royal. Charmantes 4-Sterne-Hotel mit überwältigendem Ausblick. Es liegt direkt neben der Seilbahn. Das Skigebiet und die Wanderwege sind dementsprechend nur einen Katzensprung entfernt. Ab 95 Euro/Person Übernachtung plus Halbpension. Kinder zahlen einen ermäßigten Preis.
 

Gut zu wissen

Lenggries: Mit der „Gästekarte Plus“, die es bei ausgewählten Gastgebern gibt, können Familien viele Unternehmungen vergünstigt oder umsonst bekommen, zum Beispiel: täglich freien Eintritt ins Wellenbad oder 25 Prozent Rabatt auf den Hochseilgarten.

Hinweis der Redaktion: Die Recherchereisen für unsere Reportagen werden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels und/oder Tourismusagenturen.


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