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Tierhaarallergie Welches Haustier fürs Kind?

Tierhaarallergie: ein kleines blondes Mädchen kuschelt mit einer weiß roten Katze
© oes / Shutterstock
Haustiere gehören zu den häufigsten Auslösern von Innenraumallergien. Sind Pudel besser als Boxer, Hunde sicherer als Katzen, oder sollte es besser gleich was ganz ohne Fell und Federn sein? Zehn Fragen und Antworten zur Tierhaarallergie.

Hund, Katze, Maus: Welche Tiere lösen Allergien aus?

Ganz oben auf der Liste stehen Katzen, denn sie produzieren besonders aggressive Allergene. Auch Hunde, Meerschweinchen, Pferde, Vögel, Kaninchen und andere Nager können allergische Reaktionen verursachen. "Insgesamt sind diese Allergien aber seltener als die Katzenallergie", sagt Susanne Lau, stellvertretende Leiterin der Klinik für Pädiatrie an der Charité in Berlin. Der Begriff Tierhaarallergie ist übrigens irreführend, denn nicht die Haare sind das Problem, sondern Eiweiße, die im Speichel, im Schweiß, in Hautschuppen, Talg, Urin und Kot der Tiere sitzen. Der Mythos, dass Pudel eher für Allergiker geeignet sind, weil sie weniger Haare verlieren, hält sich zwar hartnäckig, ist aber falsch. Labradore zum Beispiel verbreiten weit weniger Allergene.

Unsere Familie hat ein erhöhtes Allergierisiko. Müssen wir auf ein Haustier verzichten?

Das dachte man früher, aber inzwischen weiß man, dass Hunde auch eine präventive Wirkung haben können. Sie scheinen das Risiko für Nahrungsmittelallergien und Neurodermitis zu senken. Auch bei Asthma gibt es entsprechende Hinweise. "Hundehaltung ist nicht mit einem erhöhten Allergierisiko verbunden", heißt es in der Leitlinie, an der sich Ärzte orientieren. Bei Katzen sieht es anders aus. Die klare Empfehlung: Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten sich keine Katze zulegen.

Sicherer Schutz durch Verzicht? Leider nein: Auch Menschen, die nie mit einer Katze zusammengelebt haben, können eine Katzenallergie entwickeln. Denn Katzenallergene sind überall, wo viele Menschen ein- und ausgehen: in Schulen, Kitas, Bussen, Kinos. Das liegt an der Struktur der Allergene, die sehr leicht sind und stundenlang in der Luft schweben können. Außerdem haften sie gut an Möbeln, Kleidung, Wänden und Böden. Auch Monate, nachdem eine Katze das letzte Mal einen Raum durchstreift hat, finden sich dort noch Allergene. Eine Untersuchung in Kitas aus Nordrhein-Westfalen ergab: In einigen Einrichtungen war die Konzentration von Hunde- und Katzenallergenen ähnlich hoch wie in Wohnungen, in denen die Tiere lebten. "Vermutlich werden Tierhaarallergene über die Kleidung verschleppt", meinen die Wissenschaftler.

Wie verbreitet sind Tierhaarallergien?

Schwierig zu sagen, denn über gängige Untersuchungen lässt sich nur herausfinden, ob ein Mensch eine Allergiebereitschaft gegen ein bestimmtes Allergen hat (Sensibilisierung), aber nicht, ob er tatsächlich allergisch reagiert. Studien legen nahe, dass etwa zehn bis 20 Prozent der Schulkinder in Europa gegen Tierhaare sensibilisiert sind.

Woran erkenne ich, dass mein Kind eine Haustierallergie hat?

Die Tierhaarallergie gehört zur Gruppe der Soforttyp-Allergien: Die Symptome treten in der Regel ein paar Minuten nach dem Kontakt auf. Muss das Kind plötzlich niesen, nachdem es mit einer Katze geschmust hat, bekommt es rote Augen oder juckt die Haut, spricht viel für eine Katzenallergie. Blöderweise kann eine Tierhaarallergie aber auch Dauerschnupfen und chronischen Husten auslösen, also klassische Symptome einer Erkältung, "Wenn Eltern den Eindruck haben, dass sich ein Infekt direkt an den nächsten anschließt, würde ich mal prüfen lassen, ob es vielleicht am Haustier liegt", rät Adam Chaker, HNO-Arzt am Klinikum rechts der Isar und Forscher am Zentrum Allergie und Umwelt (ZAUM) der Technischen Universität München. Auch wiederkehrende vergrößerte Rachenmandeln könnten auf eine Tierhaarallergie hinweisen.

Besteht der Verdacht auf eine Allergie, wird der Arzt einen Haut- oder Bluttest vornehmen. Beim Hauttest werden verschiedene Allergene auf die Haut aufgetragen, um zu sehen, ob der Körper reagiert. Bei der Blutuntersuchung suchen Ärzte nach Antikörpern. "Manchmal kommt es vor, dass Kinder zwar allergische Symptome haben, wir die Allergie aber noch nicht nachweisen können", sagt Chaker. "Wenn die Symptome für eine Tierhaarallergie sprechen, können wir die Eltern nur bitten, die Untersuchung in einem Jahr zu wiederholen." Bei Kindern ab vier Jahren machen er und seine Kollegen bei Bedarf einen Provokationstest an der Nase. Das heißt: Das Kind wird unter ärztlicher Aufsicht bewusst mit dem Allergen in Kontakt gebracht, um zu sehen, ob es reagiert. "Diese Methode ist sicher und kann den Verdacht einer Tierhaarallergie bestätigen."

Mein Kind reagiert auf Tierhaare. Aber nur leicht. Ist ein bisschen Schnupfen schlimm?

Auf Dauer ja. Kinder mit chronischem Schnupfen schlafen schlechter als andere. Sie können nicht so doll toben und rennen, haben mehr Probleme, sich zu konzentrieren und in der Schule mitzuarbeiten. Das Hauptproblem: Aus dem allergischen Schnupfen kann ein allergisches Asthma bronchiale werden. Fachleute sprechen von einem sogenannten Etagenwechsel: Gemeint ist, dass sich die Beschwerden von den oberen in die unteren Atemwege verlagern. Deshalb sollten Eltern eine Dauerschniefnase behandeln.

Was kann ich tun, um meinem Kind zu helfen?

Wo keine Allergene sind, kann das Kind nicht reagieren. Die wirksamste Therapie ist deshalb, sich vom Haustier zu trennen. Aber Katze, Hund und Co. sind ja nicht nur Allergenquellen, sondern heiß geliebte Freunde. Das macht die Sache so schwierig. Hat das Kind nur schwache Symptome, kann man versuchen, die Beschwerden durch viel Hygiene in den Griff zu bekommen: Böden und Möbel täglich wischen, Teppiche und Vorhänge reduzieren, Bettwäsche in kurzen Abständen wechseln, nach jedem Tierkontakt sofort die Hände waschen und – ganz wichtig – das Kinderzimmer zur Sperrzone fürs Haustier erklären. Was davon umsetzbar ist, muss jede Familie für sich entscheiden. Adam Chaker rät zu Luftreinigern mit Hepa-Filtern im Kinderzimmer: "Damit bekommt man viele Allergene weg, die Luftqualität wird deutlich besser. Das ist wahnsinnig effektiv, weil das Kind zehn Stunden in dem Zimmer schläft."

Da Kinder aber auch bei Freunden, in der Kita, im Bus und an anderen Orten mit Tier-Allergenen in Kontakt kommen, wird es immer wieder zu Reaktionen kommen. Gegen Dauerschnupfen helfen antiallergische Nasensprays, Hautausschläge können kurzfristig mit kortisonhaltigen Cremes und Salben behandelt werden.

Im Internet werden allergiefreie Rassen beworben. Was ist dran?

Wenig. Es gibt keine allergenfreien Katzen, Hunde oder Pferde, egal, was Züchter behaupten. Was stimmt: Die Zahl der Allergene schwankt zwischen verschiedenen Rassen. So konnte ein Forscherteam zeigen, dass Islandpferde vergleichsweise wenige Allergene enthielten, Oldenburger dagegen viele. Aber auch zwischen Pferden der gleichen Rasse gab es riesige Unterschiede. Bei manchen Tieren war der Gehalt eines zentralen Allergens 10 000-mal höher als bei anderen. Außerdem scheint das Geschlecht eine Rolle zu spielen: Stuten und Wallache produzieren in der Regel weniger Allergene als Hengste, kastrierte Kater und Katzen weniger als unkastrierte Kater.

Kann ich irgendwie herausfinden, ob mein Kind auf ein bestimmtes Tier reagiert?

Das wäre schön: Dreimal mit dem Hund Gassi gehen oder mit der Katze schmusen – dann weiß man mehr. Leider funktioniert das nur in eine Richtung. Reagiert das Kind sofort mit Niesattacken, ist die Sache klar. Zeigt es keine Reaktionen, wird es schwierig. "Man kann nicht sicher ausschließen, dass das Kind vielleicht in drei Monaten auf das Tier reagiert", sagt Chaker. Bis dahin sind Hund und Katze aber längst feste Familienmitglieder geworden.

Lässt sich eine Tierhaarallergie behandeln?

Bei einer Katzen- oder Hundeallergie gibt es die Möglichkeit einer spezifischen Immuntherapie, auch Hyposensibilisierung genannt. Der Körper wird über Jahre hinweg immer wieder mit dem Allergen konfrontiert, damit er eine Toleranz entwickelt. Allerdings wird diese Therapie bei einer Katzenallergie nur in Ausnahmefällen empfohlen, weil bisher wenige Daten zur Wirksamkeit vorliegen und ein höheres Risiko für allergische Reaktionen besteht. Adam Chaker setzt sie bei seinen Patienten trotzdem ein. "Man muss Nutzen und Risiko mit den Eltern besprechen", sagt er. "Ich finde die spezifische Immuntherapie total sinnvoll."

Welche neuen Therapieansätze gibt es?

Ein Ansatz ist, Patienten nicht mehr mit dem Allergen selbst zu konfrontieren, sondern ihnen gleich künstlich hergestellte Antikörper gegen das Allergen zu spritzen. Diese Antikörper wirken dann wie ein Schutzschild. In ersten kleinen Studien zeigte sich eine Wirksamkeit, die Patienten reagierten nach der Behandlung einige Wochen lang kaum noch auf das Allergen. Jetzt müssen große, internationale Studien diese Ergebnisse bestätigen.

Eine andere Idee ist, nicht den Menschen, sondern das Tier zu behandeln. Wissenschaftler aus der Schweiz haben einen Impfstoff entwickelt, der das Hauptallergen der Katze – Fel d 1 – unschädlich macht. Nach der Impfung sonderten die Tiere weniger Allergene ab. Auch hier muss man weitere Studien abwarten.

Verwendete Quellen: "Allergieinformationsdienst am Helmholtz Zentrum München", "Gesundheitsinformation.de", "Gesellschaft Pädiatrische Allergologie Umweltmedizin: Elternratgeber Katzenallergie, Tierallergie".

ELTERN

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