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Schielen beim Baby Unser Baby schielt: Wann müssen wir uns Sorgen machen?

Schielen bei Babys: Schielendes Baby liegt auf dem Boden
© Creativa Images / Shutterstock
Ein leichter Silberblick mag bei Babys niedlich aussehen. Aber leider ist Schielen (Strabismus) nicht immer harmlos. Kann euer Kind auch nach einigen Monaten noch nicht mit beiden Augen parallel fokussieren, schafft nur ein Besuch beim Augenarzt Klarheit.

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Schielen gehört in den ersten Monaten zwar zum normalen Entwicklungsprozess, aber schon nach einigen Monaten haben Babys normalerweise gelernt, ihre Sehachsen parallel auszurichten. Tritt das Schielen weiterhin auf, müssen unbedingt die Ursachen geklärt werden, um eine dauerhafte Sehstörung zu vermeiden. Die gute Nachricht: eine Früherkennung des sogenannten Strabismus verbessert die Chancen auf eine Heilung. Aber eins nach dem anderen. Wir erklären, wie ihr auch bei Babys die Symptome für einen sogenannten Strabismus erkennt, welche Ursachen bekannt sind und wie der Augenarzt die Fehlstellung bei Babys therapiert.

Was bedeutet Schielen?

Von Schielen (auch Strabismus) spricht man, wenn das Kind die Sehachsen seiner Augen nicht auf denselben Punkt richten kann. Dabei kann es sein, dass nur ein Auge betroffen ist oder dass beide abwechselnd schielen.

Zum besseren Verständnis: Normalerweise entstehen beim Sehen zwei Bilder, die sich ganz leicht voneinander unterscheiden. Das Gehirn setzt sie dann zu einem 3-D-Bild zusammen. Bei Kindern, die schielen, funktioniert das Zusammenfügen nicht. Es entstehen Doppelbilder. Mit diesen unterschiedlichen Informationen ist das Gehirn überfordert und blendet in der Folge ein Auge aus. Wird das Schielen nicht behandelt, wird die Entwicklung der Sehleistung auf dem nicht benutzten Auge dauerhaft gestört. Betroffen sind in Mitteleuropa etwa 6 Prozent der Kinder. Noch häufiger tritt Schielen bei Frühchen auf. Es ist damit eine der am meisten verbreiteten Sehstörungen bei Kindern.

Am häufigsten tritt das sogenannte Begleitschielen (Strabismus concomitans) auf. Das bedeutet, dass das eine Auge das andere in seinen Bewegungen begleitet. Der Schielwinkel bleibt dadurch immer konstant. Die Sehschärfe des schielenden Auges ist in der Regel schwächer und ein räumliches Sehen nicht möglich. Eine Form des Begleitschielens ist das frühkindliche Schielsyndrom. Es tritt bei Babys in den ersten sechs Monaten auf. Das sogenannte Lähmungsschielen kommt auch bei älteren Kindern vor.

Welche Symptome gibt es?

Babys und kleine Kinder können uns nicht sagen, dass sie Doppelbilder sehen oder mit ihrer Sehschärfe etwas nicht stimmt. Zum Glück gibt es Symptome, die euch einen Hinweis darauf geben können, dass euer Baby oder Kleinkind vielleicht schielt. Dazu gehören:

  • Euer Kind kneift häufig die Augen zusammen oder hält sich ein Auge zu.
  • Es blinzelt stark.
  • Es reibt sich oft die Augen, die dadurch gerötet sein können.
  • Es hält den Kopf schief (Symptom für eine Augenmuskellähmung).
  • Ihm ist öfter schwindelig.
  • Es reagiert empfindlich auf grelles Licht.
  • Es reagiert gar nicht auf Licht.
  • Seine Augen tränen.
  • Das Kind stolpert häufig.
  • Es hat Schwierigkeiten, Gegenstände mit den Augen zu verfolgen oder sie gezielt zu greifen.

Treffen einige dieser Symptome auf dein Kind zu, ist es besser, einen Termin bei einem Augenarzt zu vereinbaren. Auch mit Babys und kleinen Kindern kann er schon Tests durchführen und eine Reihe von Ursachen ausschließen.

Welche Ursachen gibt es?

Es gibt sehr verschiedene Ursachen für ein Schielen bei Babys und Kleinkindern. Oft wird die Veranlagung (z.B. eine Weit- oder Kurzsichtigkeit) vererbt. Fragt also mal eure eigenen Eltern, ob ihr selbst mit einem Schielen in Behandlung wart.

Außerdem können ein Problem mit der Augenmuskulatur, eine Anomalie des Sehnervs, eine Hornhautverkrümmung oder eine Veränderung der Netzhaut Gründe für ein Schielen sein. In sehr seltenen Fällen ist ein angeborener grauer Star, ein Tumor oder ein Blutgerinnsel die Ursache. Ein Effekt ist aber in fast allen Fällen derselbe: Das Kind entwickelt auf dem unterdrückten Auge eine Sehschwäche.

Ursächlich für das sogenannte Lähmungsschielen können auch Hirntraumata bei der Geburt oder eine Fehlentwicklung des Gehirns sein. Auch eine Gehirnentzündung oder eine Infektion können die Lähmung von Augenmuskeln nach sich ziehen.

Haben Kinder einen sehr breiten Nasenrücken und eine – durchaus normale ­– kleine Extrafalte im Augeninnenlid, kommt es auch häufig zum sogenannten Pseudoschielen. In diesem Fall sieht es nur für den Betrachter so aus, als würde das Kind schielen, dabei ist die Sehachse normal.

Bei Babys bis zu drei Monaten kommt auch häufig die harmlose Variante vor. Das physiologische Schielen (auch Babyschielen) gehört zum normalen Reifungsprozess des Sehsinns. Das leichte Schielen liegt in diesem Fall daran, dass die Muskeln der beiden Augen noch nicht perfekt zusammenspielen. Häufiger tritt es auf, wenn die Kinder müde oder krank sind.

Wie wird Schielen bei Babys festgestellt?

Beobachtet ihr auch nach dem dritten Lebensmonat, dass euer Kind häufig oder sogar andauernd schielt, ist unbedingt ein Arztbesuch erforderlich. Denn dann ist das Schielen in der Regel kein harmloser Silberblick, den einige Erwachsene sogar irgendwie süß finden. Jetzt geht es darum, die Ursache möglichst früh zu finden, ernsthafte Erkrankungen auszuschließen und das Schielen schnell zu behandeln.

Gerade Eltern, die als Kind selbst geschielt haben, müssen damit rechnen, dass sie die Sehschwäche vererbt haben. Auch bei Frühchen ist ein zeitiger Besuch beim Augenarzt wichtig. Euer Kinderarzt wird euch in diesem Fall zum Spezialisten schicken, wenn euer Kind drei Monate alt ist.

Um die Augenfunktion zu testen, nutzen Augenärzte und Orthoptisten unter anderem den sogenannten Brückner-Test. Dabei wird überprüft, ob die Pupillen des schielenden Kindes sich im Schein einer Speziallampe in unterschiedlichen Rottönen zeigen. Das würde das Schielen bestätigen. Zeigen sie denselben Rotton, stehen die Augen gerade.

Schon ab fünf bis sechs Monaten ist in vielen Fällen die Behandlung eines Schielens möglich. Daher ist die Früherkennung extrem wichtig. Je später die Diagnose gestellt wird, desto größer ist die Gefahr, dass der Sehfehler schlecht oder gar nicht mehr behandelt werden kann.

Wichtig: Tritt ein Schielen ganz plötzlich auf, ist es immer ein Notfall. Die erste Anlaufstelle ist dann die Notaufnahme einer Kinderklinik und nicht die Augenklinik.

Wie wird Strabismus behandelt?

Wurde bei eurem Baby ein Schielen diagnostiziert, wird häufig schon früh eine Brille verschrieben, um den Sehfehler auf dem inaktiven Auge zu korrigieren. Durch eine zusätzliche Okklusionstherapie wird außerdem das schielende Auge trainiert. Dabei wird durch abwechselndes Abdecken der Augen mit einem Pflaster das schwächere Auge angeregt, (wieder) die normale Funktion aufzunehmen. Die Behandlung kann zwar einige Jahre dauern, aber der Sehfehler wird so in den meisten Fällen wieder geringer. Auch das Schielen kann sich deutlich verbessern. Oft verschwindet es sogar ganz. Nur in seltenen Fällen ist der Schielwinkel so groß, dass eine Operation notwendig ist. Dabei verkürzt oder verlagert der Chirurg die ungleichen Muskeln des Augapfels. Diese OP kann heute sogar ambulant durchgeführt werden.

Je früher ein Strabismus bei Babys erkannt wird, desto größer sind die Heilungschancen. Mit sieben Jahren ist die Entwicklung der Sehrinde abgeschlossen. Eine späte Behandlung kann zwar zu einer Verbesserung der Situation, aber nicht mehr zu einer kompletten Heilung führen. Um Schielen und Fehlsichtigkeit früh zu erkennen, werden die Augen eures Kindes auch bei den U-Untersuchungen überprüft.

Quellen:

DocCheck Flexikon: Strabismus

W. Rçûmann, J. Fricke, A. Neugebauer: 3 Untersuchung des Binokularsehens, 3.1 Untersuchung der Motorik, in: aus: Herbert Kaufmann, Heimo Steffen: Strabismus, Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2020, 333ff.

Website des Universitätsklinikums Würzburg, Augenklinik: Schielen

ELTERN

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