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Fruchtbarkeit Gefahr aus der Plastikflasche?

Gefahr aus der Plastikflasche
Gefahr aus der Plastikflasche
© Thinkstock
Mineralwasser, Softdrinks, Bier. Die meisten Getränke gibt es nur noch in Plastikflaschen. Leichter zu tragen. Das schon. Aber immer wieder gibt es Berichte über Gefahren von Weichmachern. Sie sollen schädliche hormonaktive Substanzen enthalten, die unfruchtbar machen können. Jetzt wiesen Schweizer Forscher nach, dass Weichmacher sogar das Erbgut verändern.

Weichmacher können auch das Erbgut schädigen

Weichmacher stehen schon länger im Verdacht, negative Folgen für die Fruchtbarkeit zu haben. Eine Studie aus der Schweiz deutet nun darauf hin, dass Phthlate auch das Erbgut verändern können. Ein Forscherteam des Universitätsspitals Genf (HUG) und der Universitäten Genf und Lausanne haben bei ihren Tests mit Mäusen epigenetische Veränderungen festgestellt. Hoch dosiert zeigen Phthalate gefährliche Wirkungen. Die Tierversuche zeigen, dass die Weichmacher die männliche Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Entwicklungsstörungen bei den Nachkommen führen können. Dies hat auch Auswirkungen auf die Fortpflanzungsfähigkeit kommender Generationen. Die Wissenschaftler konnten neben einer reduzierten Spermienzahl, Hodenhochstand, Entwicklungsstörung der Harnröhre und andere Missbildungen der Fortpflanzungsorgane feststellen. Die Effekte auf die Mäuse traten allerdings bei einer hochdosierten Fütterung der Mäuse mit Weichmachern auf. Inwiefern die Effekte in dieser Form auch beim Menschen auftreten, bleibt daher vorerst unklar.

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Die Fruchtbarkeit der deutschen Männer nimmt ab

Immer wieder im Brennpunkt: Phthalate.

Phthalate werden in der Industrie in großen Mengen als Weichmacher für Kunststoffe verwendet. Auch frühere Studien haben bereits gezeigt, dass durch Phthalate die Testosteronproduktion herabgesetzt wird. Die Hoden der Tiere verkleinern sich und bilden weniger Spermien. Prof. Jürgen Angerer und sein Team von der Uni Erlangen konnten nachweisen, dass bei zehn Prozent der untersuchten Männer die Phthalat-Mengen über der tolerierbaren Konzentration liegen. Und das, obwohl die Testpersonen den Weichmachern nicht beruflich ausgesetzt waren - die Studienteilnehmer waren ganz normale Konsumenten.

Übrigens sind auch Kinder betroffen, weil sie alles in den Mund nehmen. In einer Studie hat die toxikologische Leiterin des Umweltbundesamtes in Berlin (UBA), Dr. Marike Kolossa-Gehring, im Urin von Kleinkindern Stoffwechselprodukte von Phthalaten gefunden. Ihre Schlussfolgerung: Kinder nehmen mehr Phthalate auf als empfohlen. Deshalb ihr Rat: Beim Kauf von Plastikspielzeug auf den Hinweis "frei von Weichmachern/Phthalaten" achten.

Ebenfalls in der Diskussion: Bisphenol A

Auch die chemische Verbindung Bisphenol A wird als bedenklich eingestuft:  Das Umweltbundesamt vermutet, dass sie eine der größten Gefahrenstoffe für die Fruchtbarkeit des Mannes ist. Bisphenol ist ein Hauptbestandteil bei der Herstellung vieler Kunststoffe und Kunstharze. Häufig verwendet wird es für Plastikgeschirr, Folienverpackungen und die Innenbeschichtung von Konservendosen. Die Industrie darf es verarbeiten, auf der Liste giftiger Chemikalien findet man es nicht. Das Problem: "Bisphenol A ist nicht an das Plastik gebunden", so Kolossa-Gehring. Einmal verarbeitet in Konservendosen oder Plastikflaschen kann es wieder austreten und in die Lebensmittel gelangen. Besonders bei Kontakt mit Säuren, Laugen oder Fetten und bei Erhitzung.
Bisphenol A steht auch immer wieder in der Diskussion, weil es für die Herstellung von Babyfläschchen verwendet wird.
Bisphenol A hat eine ähnliche Wirkung auf den Körper wie das weibliche Hormon Östrogen", warnt der Biologe Dr. Andreas Gies vom Umweltbundesamt. "Säuglinge, deren Hormonsystem noch nicht ausgereift ist, kann es stark beeinflussen". Wird die Gefahr also bereits aus dem Milchfläschchen gefüttert?
Gies fordert, die Verwendung von Bisphenol A einzuschränken. Sein Kollege, der Toxikologe Dr. Wolfgang Heger, betrachtet die zahlreichen vorliegenden Studienergebnisse strenger. "Von der wissenschaftlich toxikologischen Seite gesehen sind Gesundheitsgefahren erst bei Konzentrationen nachgewiesen, die bei normalem Umgang mit Bisphenol A-haltigen Produkten nicht erreicht werden", gibt er Entwarnung. "Viele Studien, besonders mit niedrigen Konzentrationen, weisen Mängel auf, so dass sie nicht für eine Bewertung der Wirkung von Bisphenol A auf den Menschen geeignet sind." Wie auch die Lebensmittel-Überwachungsbehörde der Europäischen Union (EFSA) ist Heger der Meinung, dass Menschen nicht so viel Bisphenol A aufnehmen, dass eine gefährliche Dosis erreicht wird.
Auch das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) beruhigt: Bisphenol A würde im menschlichen Körper schnell in ein Stoffwechselprodukt umgewandelt, das keine östrogene Wirkung mehr habe und über die Nieren ausgeschieden werde.
Einen Verzicht auf Polycarbonatfläschchen hält das BfR deshalb nicht für erforderlich. Eltern, die verunsichert seien, hätten aber die Möglichkeit, auf Trinkflaschen aus Glas auszuweichen. Im Handel werden auch Fläschchen aus Polyethersulfon angeboten und mit "B free" gekennzeichnet. Dieser Stoff sei laut BfR allerdings bislang wissenschaftlich weniger gut untersucht als Bisphenol A.

Keine Kennzeichnungspflicht für Plastikflaschen

Im Gegensatz zu einigen Babyfläschchen werden normale Softdrinkflaschen nicht gekennzeichnet. Der Verbraucher kann beim Einkaufen also nicht erkennen, ob es sich um eine Plastikflasche mit schädlichen Weichmacher-Substanzen handelt oder nicht. Wer auf Nummer Sicher gehen will, sollte auf Glasflaschen umsteigen.
Verunsicherte Paare mit Kinderwunsch sowie werdende und junge Eltern können wegen möglichen Gesundheitsgefährdungen durch die Umwelt ihren Hausarzt, Gynäkologen oder Kinderarzt ansprechen. Weitere Orientierung bietet eine neue kostenlose Broschüre: „Start ins Leben – Einflüsse aus der Umwelt auf Säuglinge, ungeborene Kinder und die Fruchtbarkeit“. Sie wird herausgegeben vom BfR, UBA, Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), Robert Koch-Institut (RKI) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Sie ist erhältlich bei GVP Gemeinnützige Werkstätten Bonn, In den Wiesen 1-3, 53227 Bonn. Telefon 01888 / 30 53 355, Email: [email protected]. Im Internet ist die Broschüre unter www.bfr.bund.de/cm/350/start_ins_leben.pdf abrufbar.


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