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Babyschlaf Babys schlafen anders ...

Babys schlafen anders
© Thinkstock - FamVeld
Säuglinge schlafen in den ersten Monaten etwa 16 Stunden täglich, und doch finden ihre Eltern keine Ruhe. Denn Babys müssen erst lernen, allein durch die Nacht zu kommen.

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Auf einen Blick

  • Durchschnittlich schlafen Babys 16 Stunden am Tag.
  • Schlaf teilt sich in zwei Phasen: Die Tiefschlaf-Phase und die Traumphase.
  • Babys träumen die Hälfte der Zeit ihres Schlafes. Erwachsene nur ein Viertel.
  • Träume kann man bei Babys erkennen: Sie rudern mit den Armen, atmen unregelmäßig und verziehen das Gesicht.

Eltern leben oft im Ausnahmezustand

Schlafentzug ist Folter. Wer nicht schläft, schwächt auf Dauer sein Immunsystem, wird zu einem Nervenbündel und verliert jede Lust am Sex. Das melden Forscher aus ihren Schlaflabors. Doch während sich die Probanden nach jedem Testlauf viel Ruhe gönnen, leben junge Eltern oftmals über Monate in diesem Ausnahmezustand. "Warum nur weint mein Baby nachts so oft?" fragen sie sich sorgenvoll, und: "Wann wird es endlich durchschlafen?" Ein wesentlicher Grund für die nächtliche Unruhe: Neugeborene haben keinen Tag-Nacht-Rhythmus. In den ersten zwei, manchmal auch drei Monaten schlafen die allermeisten so weiter, wie sie es in den vier Wochen vor der Geburt getan haben. Das heißt, sie wachen alle zwei bis vier Stunden auf, bleiben dann eine halbe bis zu zwei Stunden wach und schlafen dann wieder ein.

Durchschnittlich 16 Stunden Schlaf verteilen sich so über den Tag, es können aber auch nur zwölf oder sogar 20 Stunden sein. Doch dieser Schlaf verläuft bei Babys ganz anders als bei Erwachsenen. Vor mehr als 40 Jahren entdeckten amerikanische Schlafforscher, dass wir uns beim Schlafen keineswegs in einem gleichförmigen Dämmerzustand befinden, sondern zwischen zwei Schlafwelten wandeln: dem ruhigen Tiefschlaf und den aktiven Traumphasen.

Bei letzteren Phasen ist der Schlaf leichter und wir bewegen unter den geschlossenen Lidern sehr schnell unsere Augen. Auf englisch heißt das "rapid eye movement" daher auch die wissenschaftliche Abkürzung REM-Phase. Während der Nacht wechseln sich Traum- und Tiefschlaf mehrmals ab. Das gilt für Erwachsene genauso wie für Babys, und doch gibt es zwei entscheidende Unterschiede:

1. Babys haben kürzere Schlafzyklen

Bei Erwachsenen dauert es zwischen 90 und 120 Minuten, bis sich eine Schlafphase wiederholt; für Babys gibt die innere Uhr einen 50-Minuten Takt vor. Beim Übergang zwischen den einzelnen Phasen ist unser Schlaf immer besonders leicht. In diesen kurzen "wachen" Momenten checken wir unbewusst, ob alles in Ordnung ist. Babys tun dies aufgrund der kürzeren Schlafphasen doppelt so häufig, deshalb wachen sie öfter auf.

Babyschlaf: Babys schlafen anders ...

2. Babys träumen mehr

Neugeborene verbringen die Hälfte ihres Schlafes mit Träumen, wir Erwachsenen dagegen höchstens 25 Prozent. Damit passt sich der Schlaf den jeweiligen Entwicklungsstufen an. In den REM-Phasen werden nämlich die täglichen Reize verarbeitet. Weil Babys und Kinder naturgemäß mit vielen neuen Informationen konfrontiert werden, brauchen sie für deren Bewältigung auch viel Traumzeit.

Eltern können übrigens erkennen, wann ihr Baby seine "Traumarbeit" leistet: Es atmet dann unregelmäßig, rudert mit Armen und Beinen, ab und zu huscht ein Lächeln über sein Gesicht oder es verzieht den Mund, als wolle es gleich anfangen zu weinen. Manchmal tut es das auch. Alle Eltern kennen Seufzer und Wimmern aus der Wiege, die sie sofort hochschrecken lassen.

Kinder müssen allein zur Ruhe kommen

Baby liegt alleine im Bett und schläft auf der Seite
© Anchiy / iStock

Zu Recht, denn diese Nähe gibt Mutter und Kind Sicherheit. Doch sie birgt auf Dauer auch eine Gefahr: Das Baby gewöhnt sich daran, dass immer jemand zur Stelle ist, wenn es aufwacht oder wieder einschläft. Nicht selten schlummert es auch nachts am Busen ein. Damit Babys durchschlafen, müssen sie jedoch vor allem Eines lernen: dass sie allein zur Ruhe kommen.

Der Kinderpsychiater Professor Jörg Fegert, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendneuropsychiatrie und Psychotherapie der Universität Rostock, untersuchte Anfang der 90er Jahre am Berliner Virchow-Klinikum das Schlafverhalten in den ersten drei Lebensjahren. Insgesamt wurden 1314 Kinder beobachtet und ihre Eltern befragt. Die interessantesten Ergebnisse: Die Weichen, ob Kinder durchschlafen oder nicht, scheinen gegen Ende des zweiten Halbjahres gestellt zu sein und auch der Schlafort spielt dabei eine Rolle. Mit sechs Monaten schlafen 64,7 Prozent der Kinder durch, die im eigenen Zimmer liegen, aber nur 35,3 Prozent der Babys, die im Schlafzimmer oder im Bett der Eltern schlummern.

Durchschlafen heißt wieder einschlafen zu können

Die Erklärung von Professor Fegert: "Videoaufnahmen zeigen, dass alle Kinder nachts aufwachen. Durchschlafen heißt nichts anderes, als allein wieder einschlafen zu können. Das lernen Kinder offenbar bereits zwischen dem vierten und sechsten Lebensmonat. Und sie lernen es um so besser, je seltener Eltern nachts nachschauen, ob alles in Ordnung ist und je seltener sie auf ein kurzes Aufweinen reagieren. Wenn ein Baby im eigenen Zimmer schläft, wird es offenbar eher 'überhört' und bekommt so die Chance, sich selbst zu beruhigen."

Das können junge Eltern tun:

Eltern liegen glücklich mit Baby im Bett
© vlada_maestro / iStock

1. Den Tag-Nacht-Rhythmus deutlich machen.
2. Zur rechten Zeit stillen.
3. Essen und Schlafen trennen.
4. Das Baby im Bettchen einschlafen lassen.
5. Dem Baby die Möglichkeit geben, sich selbst zu beruhigen.

1. Den Tag-Nacht-Rhythmus deutlich machen
Signalisiere, dass nachts das Leben Pause macht: gedämpftes Licht beim Stillen und Wickeln, wenig Ansprache und keine nächtlichen Spaziergänge durch die Wohnung. Tagsüber darf es dagegen von Anfang an lebhafter sein. Du musst nicht auf Zehenspitzen gehen, wenn das Baby schläft. Die Geräuschkulisse beruhigt und zeigt dem Baby außerdem, dass jeder Tag verschiedene Phasen hat. Das unterstützt die Entwicklung des Tag-Nacht-Rhythmus, der seine Impulse auch von Hell-Dunkel-Reizen bekommt.

2. Zur rechten Zeit stillen
Damit kein Missverständnis entsteht: Schlafforscher fordern keinen festen Stillplan. Doch ihre Beobachtungen zeigen, dass es sich sehr gut bewährt, wenn die Mutter ihr Baby etwa eine halbe Stunde, bevor sie selbst ins Bett gehen will, noch einmal stillt.  Der Vorteil dieser Methode: Es erhöht die Chance, dass du selbst die ersten zwei Stunden deines Schlafes ungestört bleibst und nicht mitten im Tiefschlaf geweckt wirst. Wenn du das nicht von Anfang an versuchen willst, solltest du spätestens im dritten oder vierten Monat damit beginnen. Denn jetzt sind Babys in der Lage, nach dieser Nachtmahlzeit etwa fünf Stunden zu schlafen.

3. Essen und Schlafen trennen
Es ist rührend, wenn ein Neugeborenes beim Stillen einschläft. Das passiert tags wie nachts und ist völlig in Ordnung. Doch so schön dieses Ritual in den ersten drei Monaten ist, so folgenreich kann es sein, wenn man es beibehält. Denn dann weint ein Baby nachts oft nur deshalb, weil es ausschließlich am Busen einschlafen kann. Spätestens mit einem halben Jahr benötigen Babys nachts keine Nahrung mehr. Wenn sie trotzdem nuckeln wollen, hat das mehr mit ihrer Sehnsucht nach Geborgenheit als mit Hungergefühl zu tun. Es trägt deshalb sehr zu ruhigen Nächten bei, wenn du Stillen und Einschlafen ab etwa dem vierten Monat bewusst entkoppelst. Und Geborgenheit geben geht auch ohne Stillen.

Baby liegt in seinem Gitterbettchen und schläft
© tatyana_tomsickova / iStock

4. Das Baby im Bettchen einschlafen lassen
Etwa mit drei Monaten können Eltern ihr Baby zum Einschlafen wach in sein Bettchen legen. Ein Kuscheltier, ein Schmusetuch mit dem Geruch der Mutter, ein buntes Mobile oder eine Spieluhr können ihm dabei helfen, sich wohl und geborgen zu fühlen. So erschrickt es nicht, wenn es aufwacht und sich statt auf Mamas Arm im eigenen Bett wiederfindet. Viele Babys fordern nämlich auch bei den kurzen Wachphasen nachts die Einschlafrituale ein, die sie üblicherweise erleben.

5. Das Baby sich selbst beruhigen lassen
Alle Kinder wachen nachts auf. Ein kurzer Seufzer, ein leises Wimmern machen uns darauf aufmerksam. Doch Eltern sollten nicht gleich reagieren. Oft wecken sie das Baby dann erst auf. So lernt es, dass es von anderen beruhigt und wieder in den Schlaf gestreichelt wird, anstatt allein über die kurze Wachphase hinwegzukommen. Erfahrene Eltern wissen, dass es nicht immer leicht ist, diese Ratschläge zu beherzigen und dass sie auch nicht immer funktionieren: z.B., wenn das Kind krank ist. Folge dann ruhig deiner Intuition: Regeln sollen helfen, nicht belasten!


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