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Selbstreflektion für alle, bitte! Muddi, komm mal runter! Warum mich andere Kita-Eltern richtig nerven

Mutter ist verrückt
© Brainsil / iStock
Morgens muss es schnell gehen. Was man dann nicht auch noch braucht, nervöse Eltern in der Kita. Vor allem eine Mutter treibt unsere Autorin dort regelmäßig an den Rand des Wahnsinns.

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Ich sitze in der Kita-Garderobe und fühle mich gestresst. Und das nicht, weil heute schon mein kompletter Energievorrat innerhalb der ersten zwei Stunden des Tages aufgebraucht war - das Frühstück mit meinen beiden zauberhaften Töchter kam einem Drama in fünf Akten gleich, Momzilla in der Hauptrolle. Nein, nicht meine Kinder verursachen dieses unangenehme Gefühl von innerer Unruhe. Es ist vielmehr die Mutter, die neben mir gerade hochnervös auf ihren Sohn einredet:  Die Mutter von Justus-Schatz. 

Gestresste Kita-Eltern stressen andere Kita-Eltern

"Justus-Schatz, jetzt beeil dich, ich muss los. Justus, nun mach schon, du weißt, dass wir morgens keine Zeit haben. Justus-Schatz, und denk an deine Matschehose, wenn ihr rausgeht." Atmet die Frau auch mal? "Und Justus-Schatz, deine Wechselwäsche hänge ich hier hin, ja?! Ja? Nun antworte doch mal." Justus-Schatz nickt brav und schaltet wieder auf Durchzug. Bei der nervösen Mutter gehört in-ein-Ohr-rein-ins-andere-raus definitiv zur Survival-Strategie, optimiert vom ersten Lebenstag an.

Justus-Schatz lässt sich mit seinen 5 Jahren nicht mehr vom rasanten Wort-Output seiner Mutter beeindrucken und träumt vor sich hin. Ich hingegen sitze paralysiert in der Miniatur-Garderobe auf der Miniatur-Kinderbank, fühle mich von den ständig wiederkehrenden Wortschwallen dieser Frau in die Ecke gedrängt und gucke meiner Tochter zu, die sich in Zeitlupe die Jacke auszieht. 

Yoga könnte helfen

Und wie es der Zufall so will, treffe ich die Mutter von Justus-Schatz nun jeden Morgen in der Garderobe. Schon bevor ich überhaupt dort bin, kündigt ein nervöses Zucken in meinem Augenwinkel bereits an: Mein sympathisches Nervensystem wappnet sich. Ich kann förmlich fühlen, wie in meiner Nebenniere mit der Stresshormonproduktion begonnen wird. "Entspann dich mal" würde ich die Aufgeregte am liebsten anbrüllen: "Justus-Schatz hört dir nicht zu. Schon mal Yoga versucht? Soll ja zu innerer Ausgeglichenheit beitragen..."

Doch zusammengekauert in meiner Ecke halte ich lieber den Mund. Man weiß ja nie: Vielleicht leidet sie unter Schlafstörungen, hat gerade Stress im Job, mit dem Mann oder der Schwiegermutter. Aber das haben wir doch alle mal. Soll die ihre Probleme doch bitte vor der Kita-Tür lassen und nicht auch noch mit in die viel zu kleine Garderobe schleppen. Platzangst lässt grüßen. Ganz sicher kostet mich jede dieser Begegnungen fünf Lebensjahre. Morgen müssen wir unbedingt früher los, am besten schon um sieben Uhr in der Kita sein. Andernfalls falle ich wohl demnächst tot um. Meine Lebensjahre sind gezählt. 

Eine Portion Selbstreflektion für alle bitte!

Es ist aber nicht nur die Mutter von Justus-Schatz. Ich musste leider erkennen: Viele Eltern finde ich per se richtig ätzend. Eine Erkenntnis, die das Leben nicht leichter macht, denn: Sie sind ÜBERALL! Erst in der Krabbelgruppe, wo mich das zuckersüße Gesäusel in Babysprache in den Wahnsinn getrieben hat und später die Kita-Eltern, die denken, Justus-Schatz sei der Nabel der Welt. Wenn es eine Hölle gibt, dann kommt sie aber definitiv einer Kita-Garderobe gleich. Dem Ort, wo man Hippster-Väter, Helikoptermüttern und Elternvertretern schutzlos ausgesetzt ist.

Ob man will oder nicht, es gibt kein Entrinnen. Hier werden nämlich die wirklich wichtigen Themen der Welt besprochen: Welches Kind hat wen gehauen? Wo waren denn nur die Erzieher? Gleichmal wegen Verletzung der Aufsichtspflicht beschweren! Und wieso hatte Malte gestern den teuren Dufflecoat draußen in der Sandkiste an? Und wenn man sich nach zwei Stunden Endlos-Debatte, über Mini-Muffin mit Zucker (!) vs. Gemüsesticks in Eulenform, drappiert mit Kräuterquark und Tomatenaugen als toller Geburtstagssnack aus der Elternversammlung schleppt, fragt man sich auch nicht mehr, warum die Mutter von Justus-Schatz so verdammt unentspannt ist.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.

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