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Kinderkrankheiten Masern bringen ungeimpfte Kinder in Gefahr

Ein Junge mit Masern wird von einem Arzt untersucht, der Handschuhe trägt
© fotohay / Shutterstock
Für das Jahr 2018 wurden 543 Fälle von Masern in Deutschland gemeldet. Ist das viel? Ja! Wer meint, eine Kinderkrankheit könne doch so schlimm nicht sein, sollte diesen Text lesen und sich die Bilder von erkrankten Kindern ansehen.

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Was sind Masern?

Masern gehören zu den klassischen Kinderkrankheiten. Dieses Wort ist allerdings doppelt irreführend: Es klingt so harmlos, aber genau das sind Masern nicht, ganz im Gegenteil. Schon die Erkrankung selbst ist sehr belastend und geht mit starkem Krankheitsgefühl einher. Schlimmer aber sind die Komplikationen, die sich bei etwa jedem zehnten Erkrankten einstellen. Außerdem sind es nicht nur Kinder, die Masern bekommen. Auch Erwachsene können sich anstecken, wenn sie nie zuvor mit dem Virus in Kontakt gekommen sind und nicht geimpft sind. Außerdem ist bei Erwachsenen die Gefahr von Komplikationen besonders groß.

Wie kommt es zur Ansteckung?

Die Virusinfektion ist hoch ansteckend: Das Virus wird von Mensch zu Mensch weitergegeben, und zwar durch Tröpfcheninfektion, also durch Husten, Niesen, Sprechen, Berührungen. Fast alle ungeschützten Menschen, die mit einem Erkrankten Kontakt haben, stecken sich an, selbst wenn sie einige Meter Abstand halten.

Wie lange dauert es bis zum Ausbruch der Krankheit?

Die Inkubationszeit, also die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der ersten Symptome, beträgt etwa acht bis zehn Tage, bis zum Auftreten des typischen Hautausschlags etwa zwei Wochen. Tückisch: Der Kranke ist schon drei bis fünf Tage ansteckend, bevor der Ausschlag sichtbar wird.

An welchen Symptomen erkennt man Masern?

Die Infektion verläuft in zwei Phasen. Sie beginnt mit mäßigem Fieber, Husten, Schnupfen, oft sehr heftigen Halsschmerzen und generell starkem Krankheitsgefühl, außerdem Kopf- und Bauchschmerzen. Besonders typisch ist eine Bindehautentzündung mit tränenden Augen und starker Lichtscheu. Das Gesicht sieht aufgedunsen aus.
Wenn der Kinderarzt den Verdacht auf Masern hat, wird er auf der Wangenschleimhaut nach den so genannten Koplik-Flecken suchen, um die Diagnose zu sichern. Diese weißlichen Beläge sehen aus wie Kalkspritzer und haben einen rötlichen Hof. Am dritten Tag der Erkrankung steigt das Fieber stark an, bald darauf sinkt es wieder, was das Ende des Vorstadiums anzeigt.
Einige Tage später beginnt das Hauptstadium: Das Fieber steigt wieder steil an, die Lymphknoten am Hals schwellen an. Der typische Hautausschlag beginnt hinter den Ohren und breitet sich über das Gesicht und den ganzen Körper aus. Nur Hand- und Fußflächen bleiben ausgespart. Er besteht aus zunächst hellroten Flecken, die drei bis sechs Millimeter groß sind und im Verlauf der Krankheit ineinanderfließen. Nach einigen Tagen wird der Ausschlag dunkler und verfärbt sich bräunlich-violett, eher er schließlich verblasst. Dann beginnt die Haut sich zu schuppen. (Bilder des Masern-Ausschlags findest Du in unserer Bilderstrecke unten. Er ist kaum mit Ausschlag bei Windpocken, Scharlach, Röteln, Ringelröteln oder Hand-Fuß-Mund-Krankheit zu verwechseln.)
Etwa eine Woche, nachdem das Hauptstadium begonnen hat, geht das Fieber zurück. Meist dauert es aber noch zwei Wochen, bis der Betroffene wieder bei Kräften ist.

Wie werden Masern behandelt?

Auf jeden Fall solltest Du bei dem geringsten Verdacht auf Masern den Kinderarzt kontaktieren. Aber niemals ohne Ankündigung in die Praxis kommen, denn damit gefährdet man eventuell nicht geimpfte Kinder und Erwachsene im Wartezimmer. 
Kein Medikament hilft gegen diese Krankheit, man kann nur die Symptome lindern, etwa das Fieber mit Paracetamol senken. Das ist auch sinnvoll, weil bei Masern besonders häufig Fieberkrämpfe auftreten. Wahrscheinlich wird das Kind freiwillig im Bett bleiben, bei starker Lichtempfindlichkeit tut es gut, wenn der Raum etwas abgedunkelt wird. Viel trinken ist wichtig, wie bei jedem hohen Fieber.
Da es sich um eine Virusinfektion handelt, helfen Antibiotika nicht. Sie sind nur sinnvoll, wenn Komplikationen auftreten, die durch Bakterien verursacht werden, etwa bei einer Lungenentzündung.

Was macht Masern so gefährlich?

In 80 bis 90 Prozent der Fälle heilen Masern ohne Probleme aus. Vor allem Kinder unter fünf Jahren und Erwachsene sind von Komplikationen bedroht. Denn: Masern schwächen das Immunsystem für etwa sechs Wochen erheblich, deshalb erkranken die Betroffenen besonders häufig an Mittelohr- und Lungenentzündungen, Bronchitis und schweren Durchfällen.
Bei einer von tausend Erkrankungen kommt es zu einer gefürchteten Gehirnentzündung mit Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen bis zum Koma. 10 bis 20 Prozent der Betroffenen sterben daran, weitere 20 bis 30 Prozent erleiden bleibende Schäden.
Seit Neuestem weiß man außerdem, dass Masern das Impfgedächtnis von Erkrankten teilweise löschen können. Die können dann Krankheiten bekommen, gegen die sie eigentlich schon Abwehrkräfte aufgebaut hatten. So kommt es bei einer Maserninfektion beispielsweise häufiger zu weiteren Infektionen wie bakteriellen Lungen- und Mittelohrentzündungen.

Welche Spätfolgen drohen?

Eine sehr seltene Spätfolge ist die so genannte „subakute sklerosierende Panenzephalitis“ (SSPE), eine Zerstörung des Gehirns. Sie tritt erst Jahre später auf, in sieben von 100.000 Fällen, und sie verläuft immer tödlich. Laut einer britischen Studie ist die Gefahr für Säuglinge besonders groß. Demnach erkrankt etwa 1 von 5.000 Kindern, die in den ersten 12 Lebensmonaten die Masern durchmachen, im Laufe seines weiteren Lebens an dieser tödlichen Gehirnentzündung.
Dass dies nicht nur eine theoretische Gefahr ist, zeigt der Fall eines kleinen Mädchens aus Hessen, wie die „Frauenärzte im Netz“ 2016 warnten: „Vor wenigen Tagen ist in Hessen ein sechsjähriges Mädchen an den Spätfolgen einer Maserninfektion gestorben. Ihre Mutter war nicht geimpft und hatte deshalb während der Schwangerschaft keine schützenden Antikörper an ihr Kind weitergeben können. Das Baby war noch vor seiner ersten eigenen Impfung durch ein infiziertes Kind angesteckt worden. Es wurde nach der Erkrankung zunächst scheinbar gesund, aber die Viren überlebten im Körper. Nach vier Jahren erkrankte das Mädchen an einer schweren Virusentzündung des gesamten Gehirns, die letztlich zum Tod führte.“

Wie kann ich mein Kind davor schützen?

Nach der Geburt sind Babys noch für etwa sechs bis maximal neun Monate durch die Antikörper der Mutter geschützt, sofern sie Masern hatte oder einen ausreichenden Impfschutz hat. Danach braucht das Kind einen eigenen Impfschutz. Den bekommt es nur durch eine Masern-Impfung in zwei Schritten, am besten zu den Terminen, die im gelben Vorsorgeheft festgelegt sind. Die erste Impfung sollte im Alter von elf bis 14 Monaten und die zweite bald darauf erfolgen – frühestens vier Wochen nach der ersten Impfung, spätestens bis zum 2. Geburtstag. Erst dann ist das Kind zu 99 Prozent vor einer Infektion geschützt.
Gerade diese zweite Impfung aber wird oft vergessen. Ein nur unzureichend geimpftes Kind kann aber nicht nur selbst an Masern erkranken, sondern die Krankheit auch weiterverbreiten. Dies ist einer der Gründe, weshalb 2019 der Gesetzentwurf zur Impfpflicht verabschiedet wurde.
Das Gesetz zur Impfpflicht gegen Masern in Kitas und Schulen tritt zum 1. März 2020 in Kraft. Die Impfpflicht schafft die Rechtsgrundlage dafür, dass Kitas und Kindergärten ungeimpfte Kinder ablehnen können – bislang durften sie das nicht, jetzt müssen sie das.
Ungeimpften Schulkindern kann der Zugang zur Schule aber nicht verweigert werden – Impfpflicht und Schulpflicht stehen gegeneinander.
Laut Gesetz müssen alle Kinder ab dem 1. Geburtstag beim Eintritt in die Schule oder den Kindergarten die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Masern-Impfungen vorweisen. Auch bei der Betreuung durch eine Tagesmutter ist ein Nachweis Pflicht.
Er kann durch Vorlage des Impfausweises oder des gelben Kinderuntersuchungshefts erbracht werden. Eltern von Kindern, die schon in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, müssen den Nachweis bis zum 31. Juli 2021 erbringen.
Gleiches gilt für Erzieher, Lehrer, Tagepflegepersonen und medizinisches Personal. Eltern, die ihre betreuten Kinder nicht impfen lassen, müssen mit einer Geldbuße in Höhe von bis zu 2.500 Euro rechnen. Die Geldbuße kann auch gegen die Kindertagesstätten verhängt werden, die nicht geimpfte Kinder zulassen.

Stimmt es, dass man durch die Masernimpfung erst Masern bekommen kann?

Nein. Dieser Irrtum ist wahrscheinlich dadurch entstanden, dass der Masernimpfstoff ein so genannter Lebendimpfstoff ist. Das heißt, er enthält echte, lebende Masern-Erreger, die aber so abgeschwächt werden, dass sie keine Masern mehr auslösen können. Ihre Aufgabe ist es, das Immunsystem mit dem Erreger vertraut zu machen. Gelingt das, reagiert das Immunsystem in manchen Fällen (bei fünf bis 15 Prozent der Geimpften) mit einer ebenfalls abgeschwächten Reaktion, den so genannten "Impfmasern", meist in der zweiten Woche nach der Impfung. Dazu gehören mäßiges Fieber und ein leichter Ausschlag, beides vergeht schnell wieder, und diese Reaktion ist nicht ansteckend.
Um die Masernimpfung ranken sich allerlei weitere Mythen.  Das Robert-Koch-Institut in Berlin bietet dazu ausführliche Informationen auf dem neuesten Stand der Forschung.

Wie gefährlich ist eine Ansteckung in der Schwangerschaft?

Erkrankt eine Schwangere an Masern, so ist das für sie selbst sehr belastend, für das Ungeborene aber lebensgefährlich. Denn die Masernviren können das Kind durch die Plazenta hindurch anstecken. In jedem vierten Fall bekommen masernkranke Schwangere vorzeitige Wehen, die sich nicht aufhalten lassen, und erleiden so eine Fehl- oder Frühgeburt.
Frauen mit Kinderwunsch, die nicht sicher sind, ob sie beide Impfungen erhalten haben oder selbst Masern hatten, sollten sich deshalb vorsichtshalber impfen lassen. In der Schwangerschaft ist eine Impfung gegen Masern nicht erlaubt, da es sich um einen Lebendimpfstoff handelt.

Wann darf ein Kind nach einer Masern-Infektion wieder in die Kita oder Schule?

Masern sind eine meldepflichtige Krankheit. Mit Verdacht auf Masern darf niemand eine Gemeinschaftseinrichtung auch nur betreten. Der Besuch von Kita und Schule ist erst wieder erlaubt, wenn die Betroffenen nicht mehr ansteckend sind. Laut Robert-Koch-Institut hält die Ansteckungsfähigkeit bis vier Tage nach Auftreten des Ausschlags an. Allerdings sind Kinder zu dieser Zeit meist noch zu geschwächt, um wieder zur Kita oder Schule zu gehen. 


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