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Kinderwunsch Wer soll das Wunschbaby bezahlen?

Warum zahlen die Krankenkassen nur Ehepaaren einen Zuschuss zur Kinderwunschbehandlung? Wieso zahlen die Kassen die Behandlung von Depressionen aufgrund von Kinderlosigkeit, nicht aber die Erfüllung dieses sehnlichen Wunsches? Ein Psychologe stellt kritische Fragen - wir sind gespannt auf Ihre Meinung!

Warum bekommen nur wenige Kinderwunsch-Paare von den Kassen einen Zuschuss?

"Seit der Gesundheitsreform 2004 haben Kinderwunschpaare ein echtes Problem: Entscheiden sie sich für eine künstliche Befruchtung, bekommen sie nur noch die Hälfte der Kosten für maximal drei Behandlungsversuche erstattet. Im Schnitt sind das pro Zyklus etwa 1.600 Euro. (Bis 2003 zahlten die Krankenkassen vier Versuche komplett.) Da kommen schnell mehrere 1.000 Euro zusammen.

Viele Paare gehen sogar ganz leer aus, denn sie erfüllen die rechtlichen Voraussetzungen nicht. So beteiligen sich die Krankenkassen nur, wenn die Paare verheiratet und beide Partner gesetzlich versichert sind. Frauen müssen älter als 25 und jünger als 40 Jahre sein, Männer maximal 50. All das bringt etliche Paare an den Rand ihrer finanziellen Belastbarkeit.

Kinderwunsch: Wer soll das Wunschbaby bezahlen?

Sorgt staatliche Unterstützung für Kinderwunsch-Paare tatsächlich für mehr Geburten?

Da muss sich einiges ändern. Eine Möglichkeit scheint schon vom Tisch zu sein: dass nämlich die Krankenkassen ihren Zuschuss wieder aufstocken. Dagegen spricht ein gerade verlesenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts (...)

Das bedeutet: Der Staat muss einspringen (...) Sachsen nimmt diese Verantwortung ernst: Seit März übernimmt der Freistaat die Hälfte derjenigen Kosten, die die Kassen nicht mehr erstatten, also jeweils ein Viertel der Behandlungskosten. Bei der vierten Behandlung übernimmt er in etwa den Kassenanteil. Dafür stellt die Landesregierung jedes Jahr 1,1 Millionen Euro zur Verfügung. Diese Investition ist gut angelegt: Denn jedes Kind, das heute geboren wird, bringt dem Staat später Geld - in Form von Steuern und Sozialabgaben.

Auch Familienministerin Ursula von der Leyen hat das Thema 'künstliche Befruchtung' zur Chefsache erklärt. Sie sieht in der Förderung vor allem einen Weg, die Geburtenrate wieder dauerhaft zu erhöhen. Diese bevölkerungspolitische Argumentation mag auf den ersten Blick eine gute Begründung für die Bereitstellung von Bundes- und Landesmitteln liefern. Aber den demografischen Wandel kann man so sicher nicht stoppen. Um das zu schaffen, müssten pro Jahr 140.000 Kinder mehr geboren werden. Doch Experten gehen in ihren Berechnungen von - angeblich - 10.000 zusätzlichen Geburten jährlich aus. Einige Schätzungen sind sogar deutlich weniger optimistisch: Sie halten ein Plus von 2.000 bis 5.000 Kindern für realistischer. Das wäre doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Warum werden Kinderwunsch-Paare nicht psychologisch betreut?

Als Psychologe halte ich diese sozialpolitischen Argumente für nebensächlich. An erster Stelle sollte vielmehr das Wohl des Paares stehen. Die Behandlung von Depressionen, Angst- oder Essstörungen wird selbstverständlich von den Krankenkassen übernommen. Warum die Kinderwunschbehandlung nur zum Teil?

Fruchtbarkeitsstörungen sind überwiegend organisch bedingt, was einen unverdienten Nachteil für die Paare darstellt. Ein unerfüllter Kinderwunsch kann zu einer existenziellen Krise führen. Ich setze mich daher außerdem dafür ein, dass vor, während und nach IVF auch die psychosoziale Betreuung zum Standard gehören sollte - doch da stellen sich die Krankenkassen ebenfalls quer; obwohl sich eine Kinderwunschbehandlung manchmal über Jahre hinzieht und oft eine extreme psychische Belastung bedeutet (leider geht die Hälfte der Paare nach drei Versuchen ohne die Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches nach Hause). Damit werden die meisten völlig allein gelassen.

Warum ist ein Zuschuss nicht von der individuellen Diagnose abhängig?

Ist es zeitgemäß, dass nur verheirateten Paaren finanziell geholfen wird?

Noch viele andere Aspekte lohnen eine nähere Betrachtung: Ist es zum Beispiel noch zeitgemäß, dass nur verheirateten Paare bei der Behandlung ihrer Unfruchtbarkeit finanziell unter die Arme gegriffen wird? Ist es sinnvoll, einer 22-Jährigen mit verklebten Eileitern bis zum 25. Geburtstag den Zuschuss zu verweigern, weil das den gesetzlichen Bestimmungen entspricht?

Gleichzeitig bekommt ein junges Paar problemlos die Kosten erstattet, wenn es ein Jahr lang erfolglos probiert hat, schwanger zu werden, dafür aber keine medizinische Ursache gefunden werden konnte. Kann man diesem Paar nicht zumuten, es noch ein weiteres Jahr zu probieren?

Ich bin nicht dafür, Gelder nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen. Die Kostenerstattung sollte sinnvoll sein und auf einer guten Diagnose basieren (...).

Wie stehen Sie zur finanziellen Unterstützuung von Kinderwunsch-Paaren?

Wie stehen Sie zu Dr. Wischmanns Forderung, Kinderwunsch-Paare stärker zu unterstützen? Sollte der Zuschuss der Krankenkassen zur Behandlung tatsächlich künftig von der Diagnose abhängen und nicht vom Alter des Paares? Oder ist die Erfüllung des Kinderwunsches eine reine Privatangelegenheit, für die nicht die Allgemeinheit aufkommen kann? Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem sensiblen Thema, indem Sie den Artikel kommentieren. Wir sind gespannt!


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