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Kinder fördern? Dieser lieb gemeinte Fehler schadet Kindern ein Leben lang

Trauriges Kind auf dem Arm der Mutter
© NadyaEugene / Shutterstock
Eltern meinen es nur gut, wenn sie ihre Kinder fördern. Doch das hat seine Tücken: Experten warnen vor dem Erziehungsfehler, Kindern Freiheit zu rauben.

Montags Klarinettenunterricht, Mittwoch Turnen und am Freitag geht's zum Chor: Die Terminkalender so mancher Kinder sehen heutzutage fast genauso vollgepackt wie die der Eltern aus. Schließlich wollen diese alles richtig machen – und ihrem Kind so viel wie möglich mit auf den Weg geben.

Oft mischen sich unter die Ziele der Kleinen jedoch geheime Erwachsenenwünsche. "Wenn ich es schon nie geschafft habe, soll zumindest meine Tochter Klavier lernen!" Na, fühlst du dich ertappt? So manch ein Elternteil versucht, mit dem Nachwuchs auch noch einmal eigene Träume zu ermöglichen. Was man dabei gerne vergisst: Auch wenn das kleine Wesen einem vielleicht zum Verwechseln ähnlich sieht und sogar so agiert, wie man selbst, ist es ein eigenständiger Mensch. So kann es passieren, dass man seinem Kind, während man verzweifelt versucht, es bestmöglich auf das Leben vorzubereiten, vielmehr schadet – und genau das Gegenteil bewirkt.

Frühkindliche Förderung kann Kinder langfristig einschränken

In einem Interview mit Focus Online hat Hirnforscher Gerald Hüther nun interessante Einblicke in die Entwicklung der Kleinsten unserer Gesellschaft gegeben. Vor allem räumt er darin jedoch mit einem beliebten Vorurteil auf: Wer seine Kinder permanent fördert, kann ihnen damit viel mehr den Weg ins Leben erschweren, statt erleichtern. 

Wie kommt das? Indem Eltern versuchen, das Kind in die richtigen Bahnen zu lenken, es zum Musik- oder Sportunterricht zu schicken, ihm noch vor der Schule Lesen und Rechnen beizubringen, behindern sie seine freie, geistige Entwicklung. Die besteht nämlich laut Experte vor allem darin, seine Umwelt und Interessen selbst zu erkunden: "Kinder haben eine angeborene Entdeckerfreude – bis irgendwann jemand kommt und ihnen sagt, was sie jetzt machen sollen", warnt der Hirnforscher.

Wird Kindern dieser Entdeckungsdrang früh genommen, kann sie das tatsächlich ein Leben lang beeinträchtigen. Denn sie lernen schwieriger, sich ein eigenes Weltbild, frei von Erwartungen und Schranken Erwachsener, zu bilden.

Gleichzeitig ist das freie Spielen, das Hüther in seinem Buch "Rettet das Spielen!", so verteidigt, wichtig für die Entwicklung von Kreativität, Fantasie, aber auch Neugier. Die ewige Fragerei nach dem "Warum?" hat so ziemlich jedes Elternteil schon einmal erlebt – doch sie bleibt aus, wenn Kinder von vornherein ihren Weg vorgesetzt bekommen.

Wichtig ist doch vor allem, dass aus den Kleinen einmal glückliche und starke Erwachsene werden. Dabei müssen sie weder immer der oder die Beste, noch wie wir sein – sondern dürfen vielmehr ihre ganz eigene Persönlichkeit entwickeln. Und die werden sie auch ohne erzwungene, frühkindliche Förderung lernen! 

Also gilt auch in Sachen Erziehung manchmal: Weniger ist mehr. Gönnt euch und dem Kind ein wenig Entspannung – es wird die freie Zeit schon zu nutzen wissen.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.


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