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In-Vitro-Fertilisation Die wichtigsten Fragen zur IVF

Eizelle und Samenzelle
© ugurhan / iStock
Wenn es mit dem Wunschkind auf natürlichem Weg nicht klappt, kann die Kinderwunschmedizin vielen betroffenen Paaren helfen. Die In-vitro-Fertilisation ist eine häufig eingesetzte Methode der künstlichen Befruchtung. Wir erklären, für wen IVF in Frage kommt, wie gut die Chancen auf eine Schwangerschaft stehen und was die Behandlung kostet.

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Was ist IVF?

IVF steht für In-vitro-Fertilisation. Die Befruchtung (Fertilisation) der weiblichen Eizelle durch ein männliches Spermium findet dabei im Reagenzglas (in vitro) und nicht im weiblichen Körper statt. Eine In-vitro-Fertilisation ist eine Methode der künstlichen Befruchtung. Der Begriff künstlich wird dabei im Gegensatz zur natürlichen Befruchtung durch Geschlechtsverkehr benutzt. Die Methode wurde am 10. November 1977 in Großbritannien zum ersten Mal erfolgreich durchgeführt. Die Geburt von Louise Brown 1978 war eine medizinische Sensation. Heute ist die Therapie eine der Standardbehandlungen der Reproduktionsmedizin.

In-Vitro-Fertilisation: Die wichtigsten Fragen zur IVF

Für wen eignet sich eine IVF?

Eine Befruchtung außerhalb des Körpers wird durchgeführt, wenn beispielsweise die Eileiter irreparabel geschädigt sind, eine Endometriose vorliegt, die Sterilität durch Antikörper gegen die Spermien des Partners bedingt ist, die Zeugungsfähigkeit des Mannes leicht eingeschränkt ist oder keine Ursache für die Kinderlosigkeit gefunden werden konnte. Eine In-vitro-Fertilisation ist häufig der zweite Schritt, nachdem eine Behandlung durch Insemination, also eine künstliche Übertragung von Sperma nach einer hormonellen Stimulation der Frau, nicht zu einer Schwangerschaft geführt hat.

Wie kann man sich auf die IVF-Behandlung vorbereiten?

Vor der eigentlichen Behandlung spricht ein Paar mit Kinderwunsch ausführlich mit der behandelnden Ärztin. Hier können alle Fragen gestellt und die Abläufe geklärt werden. Außerdem müssen Anträge für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse ausgefüllt werden. Ultraschall- und Blutuntersuchungen klären die medizinischen Voraussetzungen für die Therapie.

Wie funktioniert die In-vitro-Fertilisation genau?

Bei der In-Vitro-Fertilisation ist die Umgebung zwar künstlich, die Befruchtung selbst geschieht jedoch natürlich. Samen und Eizelle verschmelzen im Reagenzglas genauso selbständig wie im Eileiter zu einer Zygote, dem Vorläufer des späteren Embryos. Die Behandlung läuft in folgenden Schritten ab:

  • Die Untersuchung der Spermien: Die Samenzellen des Mannes werden auf Anzahl, Beweglichkeit, Form und mögliche Infektionen geprüft. Im Spermiogramm kann man erkennen, ob und in welchem Ausmaß er zeugungsfähig ist.
  • Die hormonelle Stimulation: Zunächst blockiert ein Medikament die natürliche Aktivität der Eierstöcke. Anschließend lässt eine tägliche Hormongabe eine größere Anzahl von Eizellen gleichzeitig heranreifen. Nach etwa zwei Wochen werden diese, ebenfalls hormonell, auf den Eisprung vorbereitet und so fruchtbar gemacht.
  • Die Eizellen-Punktion: Mit einer Punktion der Eibläschen durch die Vagina entnimmt die Ärztin fünf bis 15 befruchtungsfähige Eizellen, die in eine Nährflüssigkeit gelegt werden. Der ultraschallüberwachte Eingriff dauert in der Regel 10 bis 15 Minuten.
  • Die Befruchtung: Das durch Masturbation gewonnene Sperma des Mannes wird gezielt aufbereitet (gewaschen und konzentriert) und in einem Glasschälchen mit den Eizellen zusammengebracht. Dort verschmelzen Eizelle und Spermium. Bis zu drei gesunde "Vorkerne", also befruchtete Eizellen, die sich noch nicht geteilt haben, dürfen laut deutschem Embryonenschutzgesetz weiterreifen.
  • Der Embryonen-Transfer: Nach etwa 48 Stunden sind aus den Vorkernen achtzellige Embryonen entstanden. Der Arzt entscheidet gemeinsam mit der Patientin, wie viele Embryonen über einen dünnen Schlauch in die Gebärmutter eingesetzt werden.

Welche Hormone muss ich mir spritzen?

Um gleichzeitig mehrere Eizellen reifen zu lassen, werden das follikel-stimulierende Hormon (FSH) und das luteinisierende Hormon (LH) injiziert. Beide werden auch vom Körper produziert, um die Eierstöcke zu stimulieren.

In-Vitro-Fertilisation: Die wichtigsten Fragen zur IVF

Kann man die Samenprobe von zu Hause mitbringen?

Wenn das Sperma innerhalb von 30 Minuten in einem ausgekochten, kleinen, verschließbaren Glas- oder Plastikbehälter in die Klinik gebracht wird, ja. Die Samenprobe sollte nah am Körper transportiert werden, um sie auf Körpertemperatur zu halten - so bleiben die Spermien bis zur Behandlung beweglich.

Wie groß sind die Erfolgschancen bei einer In-vitro-Fertilisation?

Die Schwangerschaftsrate nach einer In-vitro-Fertilisation liegt bei durchschnittlich 25 Prozent. Oder anders ausgedrückt: Jeder vierte bis fünfte Embryo-Transfer führt zu einer Schwangerschaft. Werden mehrere Embryonen übertragen, lässt sich die Chance auf eine Schwangerschaft auf bis zu 60 Prozent steigern. Allerdings steigt damit auch das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft. Die Erfolgschancen sind in hohem Maße vom Alter der Frau und der zugrundeliegenden Fruchtbarkeitsstörung abhängig. Generell gilt, dass die Fruchtbarkeit einer Frau ab ihrem 25. Lebensjahr sinkt. Während eine 30-Jährige noch eine 34-prozentige Chance auf Erfolg bei der künstlichen Befruchtung hat, beträgt sie bei einer 45-Jährigen nur noch zwölf Prozent.
Die tatsächliche Geburtenrate ist geringer als die Schwangerschaftsrate, da sich nicht jeder übertragene Embryo einnistet und das Risiko einer Fehlgeburt nach der Behandlung mit IVF oder ICSI leicht erhöht ist. IVF ist zusammen mit ICSI dennoch die erfolgreichste Methode der künstlichen Befruchtung. Bis 2014 wurden laut IVF-Register in Deutschland rund 170.000 Babys geboren.

Ist die Behandlung sehr unangenehm?

Noch vor einigen Jahren musste die Frau täglich zum Arzt, um sich im Rahmen einer IVF-Behandlung Hormone spritzen zu lassen. Mittlerweile gibt es Einmalspritzen, sogenannte Pens. Die vordosierte Wirkstoffmenge kann sich die Frau ganz leicht selbst verabreichen. Auch unterwegs sind die Injektionen kein einfach. Die Hormone bringen die Eierstöcke dazu, mehr als nur eine befruchtungsfähige Eizelle zu produzieren. Rund ein Drittel der Frauen fühlt sich in der Stimulationsphase aufgeschwemmt. Viele schwitzen schneller und stärker. In seltenen Fällen kommt es zum sogenannten Überstimulationssyndrom, bei dem die Eierstöcke sich stark vergrößern. Der Körper verträgt die Hormonpräparate nicht. Die Überreaktion äußert sich in Bauchschmerzen, Spannungsgefühlen im Bauch, Übelkeit und Kurzatmigkeit.
Für die Ei-Entnahme (Punktion) empfehlen viele Ärzte ein Schlafmittel, eine lokale Betäubung oder eine Vollnarkose (circa zehn bis 15 Minuten), weil der Eingriff dann komplikationsärmer verläuft. Viele fühlen sich nach danach müde. Nach 24 Stunden Ruhe können die meisten Frauen wieder arbeiten. Der Transfer der Embryonen ist in der Regel schmerzlos.

Was unterstützt die Einnistung?

Die meisten Ärzte empfehlen, sich nach dem Transfer zwei Tage auszuruhen und sich anschließend nicht zu überanstrengen. Auch mit Geschlechtsverkehr sollte das Paar bis einige Tage nach der Übertragung warten. Diese Maßnahmen sollen das Einnisten des Embryos in die Gebärmutter erleichtern. Nach dem Transfer wird die Gelbkörperphase (zweite Zyklushälfte) mit der Gabe des Gelbkörperhormons Progesteron unterstützt. Es fördert die Einnistung und die Aufrechterhaltung der Schwangerschaft.

Warum gibt es nach einer IVF-Behandlung überdurchschnittlich oft Mehrlinge?

Um die Erfolgsrate bei der In-vitro-Fertilisation zu erhöhen, dürfen bis zu drei Embryonen in die Gebärmutter übertragen werden – und die können sich natürlich alle weiterentwickeln. Bei Frauen unter 38 Jahren übertragen die Mediziner in der Regel heute maximal zwei Eizellen, um einerseits das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft möglichst gering zu halten, und andererseits den Erfolg des Transfers nicht zu gefährden. Jedes zweite Zwillingspärchen in Deutschland kommt in Folge einer Sterilitätsbehandlung auf die Welt. Diese Zwillinge sind dann logischerweise zweieiig.

Mit welchen Komplikationen muss man rechnen?

Wenn die erste Hürde, die Befruchtung von Ei- und Samenzelle im Labor, glückt, ist die nächste die Einnistung. Etwa 14 Tage nach der Übertragung der befruchteten Eizellen zeigt ein Schwangerschaftstest, ob sich eine oder mehrere Embryos in der Gebärmutter eingenistet haben. Außerdem ist bei einer IVF das Risiko einer Eileiterschwangerschaft leicht erhöht.

Welche Kosten kommen auf uns zu?

Eine künstliche Befruchtung ist für ein Paar mit Kinderwunsch mit hohen Kosten verbunden. Je nach Krankenversicherung und Wohnort übernehmen Krankenkasse und Staat aber einen Teil der finanziellen Belastung.

Gibt es eine Altersgrenze für die IVF?

Frauen über 40 sollten mit realistischen Erwartungen an die Kinderwunsch-Behandlung herangehen. Denn ob mit oder ohne künstliche Befruchtung: Je älter die Frau, desto geringer die Chance auf eine Schwangerschaft. Mit dem Alter nimmt die Anzahl der Eizellen ab, Zyklen ohne Eisprung werden häufiger. Noch dazu ist die Wahrscheinlichkeit, eine Fehlgeburt zu erleiden, deutlich erhöht. Auch die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nur bei Frauen bis 40 Jahre einen Teil der Behandlungskosten bei unerfülltem Kinderwunsch.

Wie häufig kann man eine In-Vitro-Befruchtung durchführen lassen?

Wie häufig sich ein Paar einer IVF-Behandlung unterzieht, um schwanger zu werden, ist sehr unterschiedlich. Bei der Mehrheit spielt die Finanzierbarkeit eine große Rolle. Denn eine IVF-Behandlung kostet zwischen 2000 und 3000 Euro. Die Krankenkassen zahlen anteilig drei IVF oder ICSI-Versuche. Kommt es allerdings auch beim zweiten Mal nicht zu einer Befruchtung im Reagenzglas, wird der dritte Versuch nicht bezuschusst. Doch auch jenseits der Finanzierbarkeit muss ein Paar mit Kinderwunsch sich immer wieder die Frage stellen, ob und wie lange es die körperlichen und seelischen Herausforderungen meistern kann. Gerade die Hormonbehandlung ist für die Frau eine große psychische Belastung.

Was passiert mit den übrigen Embryonen?

Bei einer IVF-Behandlung entstehen im Labor häufig mehr befruchtete Eizellen als später in die Gebärmutter eingesetzt werden. Die überzähligen Embryonen werden mit der Einwilligung beider Eltern in flüssigem Stickstoff eingefroren. Voraussetzung für diese Kryokonservierung ist neben der Zustimmung beider Partner, dass die Embryonen noch im Vorkernstadium sind. Zu diesem Zeitpunkt liegt das Erbgut von Mutter und Vater in der Eizelle noch getrennt vor und hat sich noch nicht zu einem eigenständigen Chromosomensatz angeordnet. Auch unbefruchtete Eizellen können für eine spätere Behandlung kryokonserviert werden.
Der Vorteil: Sollte die Frau im ersten Behandlungszyklus nicht schwanger werden, muss sie sich für den zweiten Transfer keiner weiteren Hormon-Stimulation unterziehen. Allerdings profitieren davon nicht alle Frauen, da nicht bei jeder Stimulation ausreichend befruchtungsfähige Eizellen für mehrere Transfers gewonnen werden können.

Was können wir tun, wenn die In-Vitro-Fertilisation nicht geklappt hat?

Ob nach einer erfolglosen IVF eine andere Methode der künstlichen Befruchtung sinnvoll ist, bespricht das Paar mit den behandelnden Ärzten. Lag das Problem schon bei der Befruchtung der Eizelle, könnte dies an einer verminderten Spermienqualität liegen. In diesem Fall kann eine ICSI, eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion, erfolgreicher sein. Bei ICSI wird ein einzelnes Spermium mit einer sehr feinen Nadel direkt in die Eizelle injiziert. Ei- und Samenzelle wird die eigenständige Befruchtung abgenommen. Damit eine ICSI-Behandlung durchgeführt werden kann, muss die verminderte Spermienqualität bei gesetzlich Versicherten durch zwei Spermiogramme nachgewiesen werden.
Andere Methoden der Fortpflanzungsmedizin, wie die Eizellen- oder Embryonenspende, Präimplantationsdiagnostik (außer in bestimmten Fällen) oder eine Leihmutterschaft, sind in Deutschland verboten.


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