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Phimose Was Jungs-Eltern über Vorhautverengung wissen sollten

Vater und Sohn schmusen
© GCShutter / iStock
Fast alle Jungen kommen mit einer Vorhautverengung auf die Welt. Diese angeborene Phimose löst sich in den ersten Lebensjahren meistens ganz von selbst. Und wenn nicht? Hier steht, wann ihr mit eurem Sohn zum Arzt gehen solltet.

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Was bedeutet "Phimose"?

Eine Phimose bezeichnet die Verengung der Vorhaut sowie eine Verklebung von Vorhaut und Eichel. In der Praxis heißt das: Die Haut lässt sich nicht hinter die Eichel zurückziehen. Etwa 96 Prozent der Jungen kommen mit einer Vorhautverengung auf die Welt (das nennt man angeborene, primäre, physiologische oder auch natürliche Phimose). Aber keine Sorge, die Natur hat sich dabei etwas gedacht. Die verengte Vorhaut schützt die Eichel und die Harnröhre von Babys und Kleinkindern vor Keimen, die sonst leichter eindringen und Entzündungen verursachen könnten. Das ist besonders im Windelalter wichtig. Macht euch also keine Gedanken: Bei den meisten Jungen lösen sich die Verklebungen im Kleinkindalter von selbst, die Haut dehnt sich mit der Zeit und wird immer elastischer.
 Im Baby- und Kleinkindalter reicht es vollkommen, den Penis von außen zu waschen. Schiebt die Vorhaut eures kleinen Sohnes bitte nie gegen Widerstand zurück. Das ist nicht nur sehr schmerzhaft, es können auch kleine Verletzungen entstehen. Wenn die vernarben, kann sich die Vorhaut erst recht verengen – eine sogenannte sekundäre (erworbene) Phimose entsteht.

Wie lange können Eltern noch abwarten?

Nicht bei allen Jungen weitet sich die Verengung schon im Kindergartenalter. Einige können die Vorhaut erst in der Grundschule bis hinter die Eichel zurückschieben. Hat euer Sohn keine Schmerzen, könnt ihr etwa bis zum Vorschulalter abwarten. Bei den meisten Kindern löst sich das Problem tatsächlich von selbst.
Unter den Dreijährigen haben nur noch etwa zehn Prozent eine Vorhautverengung, bei Siebjährigen sind es noch etwa sieben Prozent.
Natürlich schadet es nicht, den Kinderarzt bei einer U-Untersuchung auf die Vorhautverengung aufmerksam zu machen und ihn um seine Einschätzung zu bitten. Sieht er keinen akuten Handlungsbedarf, seid ihr auf der sicheren Seite und könnt abwarten, wie sich die Vorhautverengung in den kommenden Jahren entwickelt.

Wann ist eine Behandlung notwendig?

Hat euer Sohn durch die Vorhautverengung Beschwerden, ist ein Kinderarztbesuch ganz sicher die richtige Entscheidung. Vielleicht hat das Kind Schmerzen beim Wasserlassen, wiederkehrende Entzündungen an der Eichel, häufige Harnwegsinfekte oder die Vorhaut bläht sich beim Pipimachen ballonartig auf und es kommt nur ein dünner Strahl heraus. Euer Kinderarzt wird in diesen Fällen mit euch besprechen, welche Therapie sinnvoll ist und wie ihr weiter vorgehen könnt.
 
Ein absoluter Notfall ist angezeigt, wenn ihr oder euer Kind die zu enge Vorhaut über die Eichel gezogen habt, sie sich aber nicht mehr zurückschieben lässt. Diese Paraphimose – auch „Spanische Kragen“ genannt – schnürt nun die Eichel von der weiteren Blutzufuhr ab. Da hilft nur die 112! Der Notarzt wird den Penis betäuben und die Haut zurückschieben. Eine Operation ist nur sehr selten notwendig.
 
Lagen durch die Phimose bisher keine Beschwerden vor, kann theoretisch auch noch über das Vorschulalter hinaus weiter abgewartet werden. Auch bei Jugendlichen kann sich die Vorhaut durchaus noch von selbst lösen und weiten. Allerdings ist bis zum Ende der Grundschulzeit noch ein guter Zeitpunkt, das Kind einem Arzt vorzustellen. Denn hat die Pubertät erst einmal eingesetzt, ist es den Jugendlichen viel unangenehmer, einem Fremden seine Genitalien zu zeigen und eine eventuell notwendige Behandlung über sich ergehen zu lassen.  

Was ist eine sekundäre oder erworbene Phimose?

Neben der Vorhautverengung, die bereits von Geburt an vorhanden ist (primäre oder angeborene Phimose), gibt es auch eine erworbene oder sekundäre Phimose (auch pathologische Phimose). Das bedeutet, dass die Öffnung der Vorhaut bei der Geburt normal war, sich aber später verengt hat. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn sich nach eitrigen Entzündungen Narben bilden, die das Gewebe unelastisch machen (z.B. eine vernarbende Vorhautentzündung (Posthitis) oder eine Eichelentzündung (Balanitis). Auch einige angeborene Krankheiten, wie die Hautkrankheit Lichen sclerosus, können zu einer erworbenen Phimose führen. Hier entsteht eine flächige Vernarbung von Vorhaut und Eichel.
Narben entstehen an der Vorhaut auch, wenn sie gegen den natürlichen Widerstand zurückgezogen wurde. So kann aus einer natürlichen Phimose, die sich eigentlich von selbst gelöst hätte, eine krankhafte, erworbene Vorhautverengung werden, die in der Regel operiert werden muss. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass bei kleinen Jungs die Vorhaut nur ganz vorsichtig bewegt wird. Wenn es nicht weitergeht, ist es immer besser, den Penis in Ruhe lassen und beim Baden nur von außen zu waschen. Der Raum zwischen Vorhaut und Eichel darf auch nicht mit Wattestäbchen gereinigt werden.

Was kann gegen eine Phimose getan werden?

Hat sich die Phimose nicht von selbst gelöst und habt ihr euch dagegen entschieden, bis ins Jugendalter abzuwarten, gibt es zwei Behandlungsmöglichkeiten. Ziel ist es in jedem Fall, dass das Kind später schmerzfrei und ohne Probleme Wasser lassen und seinen Penis waschen kann. Auch dürfen nach einer erfolgreichen Behandlung keine Schmerzen auftreten, wenn sich der Penis des Jungen versteift.

  1. Behandlung mit einer Salbe

Diagnostiziert der Kinderarzt nur eine leichte Phimose, ist also die Öffnung zwar noch zu eng, lässt sich aber schon ein Stückchen über die Eichel streifen, reicht unter Umständen eine Behandlung mit einer kortisonhaltigen Salbe. Die konservative, also vorhauterhaltende Therapie, hilft in 50 bis 75 Prozent der Fälle. Die Salbe wird zweimal am Tag sanft in die Vorhaut massiert. Das Kortison macht die Haut weicher, elastischer und dehnbarer. Nach zwei Wochen kann die Haut täglich ganz vorsichtig zurückgeschoben werden. Euer Sohn darf dabei keine Schmerzen haben. So wird sie jeden Tag ein ganz kleines Stückchen weiter gedehnt. Ist die Eichel sichtbar, könnt ihr die Salbe auch auf ihre Spitze auftragen. Die kleinen Patienten helfen mit, indem sie beim Baden oder auch ganz unbewusst an ihrem guten Stück spielen und die Vorhaut soweit bewegen, wie es ihnen selbst nicht wehtut. Die Therapie dauert in der Regel vier bis acht Wochen.
Leider kommt es vor, dass sich die Phimose nach der konservativen Therapie erneut bildet und die Behandlung wiederholt werden muss. Ist das der Fall, kann eine Operation die effektivere Methode sein.

  1. Beschneidung der Vorhaut in einer OP

War die konservative Behandlung nicht erfolgreich, die Öffnung schon von Anfang an zu eng, um sich durch eine Kortisontherapie ausreichend dehnen zu können oder liegt eine erworbene Phimose vor, wird der Arzt vermutlich zu einer Operation raten.
Sie wird als Beschneidung oder in der Fachsprache als Zirkumzision bezeichnet. Dabei wird die Vorhaut teilweise oder komplett entfernt. Bei einer vollständigen Beschneidung (radikale Zirkumzision) liegt die Eichel später frei. Bei einer partiellen Zirkumzision wird ein Teil der Vorhaut erhalten und bedeckt die Eichel später ein stückweit. Eine teilweise Beschneidung ist aber nur möglich, wenn genug Vorhautgewebe vorhanden ist. Der operative Eingriff wird bei Kindern immer unter Vollnarkose durchgeführt.

Die komplette Vorhautentfernung
 
Vorteile:

  • Eine erneute Phimose ist nicht mehr möglich, da sich nach dem Eingriff keine erneuten Vernarbungen bilden können.
  • Die Häufigkeit von Harnwegsinfekten sinkt.
  • HP-Viren (Auslöser von Gebärmutterhalskrebs) sitzen im inneren Vorhautblatt. Einige Mediziner sind der Meinung, dass eine vollständige Beschneidung das Risiko einer Ansteckung verringert. Andere halten dagegen, dass auch eine sorgfältige Penis-Hygiene die Partner vor der Ansteckung schützt.

Nachteile:

  • Viele Eltern oder die schon älteren Patienten selbst befürchten eine eingeschränkte sexuelle Erregbarkeit, weil die Empfindlichkeit der nun ungeschützten Eichel abnehmen könnte. In der Tat kann das ein Nachteil der vollständigen Entfernung der Vorhaut sein. Die Forschung konnte bisher aber nicht belegen, dass beschnittene Männer mit ihrem Sexualleben weniger zufrieden sind.

Die teilweise Vorhautentfernung
 
Vorteile:

  • Die Eichel wird zu mindestens teilweise geschützt.
  • Die Vorhaut wird als erogene Zone erhalten.

Nachteile:

  • Die verbliebe Vorhaut kann sich erneut verengen.

Welche Nebenwirkungen kann die OP haben?

Für Kinderchirurgen ist eine Beschneidung ein Routineeingriff, der in der Regel ambulant und unter einer kurzen Vollnarkose durchgeführt wird. Nach der Operation wird der Penis für einige Tage geschwollen sein. Sehr selten kommt es zu Entzündungen der Operationswunde oder zu Nachblutungen. Die Heilung dauert zwei bis vier Wochen. In dieser Zeit können das Wasserlassen und die Berührung des Penis schmerzhaft sein. Die Nähte lösen sich nach ein bis zwei Wochen von selbst auf.
In der Zeit der Wundheilung darf das Kind keinen Sport machen oder schwimmen.
Nach der Heilung wird die nun freiliegende Eichel anfangs als sehr empfindlich wahrgenommen. Das gibt sich aber mit der Zeit. Bei einer teilweisen Beschneidung kann es in einigen Fällen zu einer erneuten Vorhautverengung kommen. Die Operation muss dann wiederholt werden und die Vorhaut wird vollständig entfernt.


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