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Schwangerschaftsvergiftung Ursachen, Symptome und Folgen

Schwangere bei der Blutdruckkontrolle
© PeopleImages / iStock
Die Schwangerschaftsvergiftung, auch Gestose genannt, kann vor allem im letzten Trimester auftreten. Hier erfährst du, auf welche Anzeichen du achten solltest und welche Behandlung hilft.

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Was ist eine Schwangerschaftsvergiftung?

EPH – diese drei Buchstaben stehen für eine der häufigsten und gefährlichsten Komplikationen, die eine Schwangerschaft belasten und gefährden können. Etwa fünf bis acht Prozent aller werdenden Mütter sind davon betroffen. Der Buchstabe E meint Edema oder Ödeme (Wassereinlagerungen im Gewebe). P bezeichnet eine Proteinurie (Eiweißausscheidungen im Urin). Und H steht für Hypertension (einen vorübergehend erhöhten Blutdruck über 140/90). Jedes Symptom für sich kann bereits Anzeichen einer Krankheit sein, die früher als Schwangerschaftsvergiftung bekannt war und heute auch Präeklampsie oder Schwangerschaftshochdruck genannt wird.

Formen der Schwangerschaftsvergiftung

Generell wird in der Medizin zwischen einer Früh- und einer Spätgestose unterschieden:

  • Frühgestose: Diese Form der Schwangerschaftsvergiftung tritt in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft auf und äußert sich besonders durch Übelkeit und Erbrechen. In der Regel halten die Beschwerden etwa bis zur 12. Schwangerschaftswoche an und verschwinden dann von allein. Negative Folgen für die Schwangere oder das Baby sind nicht zu erwarten.
  • Spätgestose: Eine Spätgestose tritt im letzten Drittel der Schwangerschaft auf und trifft etwa fünf bis zehn Prozent aller schwangeren Frauen in Deutschland. Sie ist auch als Präeklampsie oder EPH-Gestose bekannt, früher als Schwangerschaftsvergiftung. Tritt auch nur ein Symptom von EPH auf, sollte umgehend der Arzt aufgesucht werden. In schwerwiegenden Fällen kann es zu lebensbedrohlichen Beschwerden durch diese Form der Schwangerschaftsvergiftung kommen.

Symptome einer Gestose

Folgende Symptome können bei einer Schwangerschaftsvergiftung auftreten:

  • Die PHE-Symptome Wassereinlagerungen, Proteinurin und Bluthochdruck
  • Nervenstörungen, beispielsweise Sehstörungen
  • Wachstumsstörungen beim Kind
  • Störungen der Nierenfunktion
  • verringerte Urinmenge durch geschädigte Nieren
  • bei Leberschäden Schmerzen im rechten Oberbauch
  • starke Kopfschmerzen
  • deutlich geringere Anzahl an Blutplättchen als normal

Zusätzlich kann es durch die Präeklampsie in schweren Fällen zu Eklampsie, also zu Krampfanfällen kommen, die wiederum zu möglichen Folgeschäden wie Hirnödemen, akutem Nierenversagen oder Thrombosen führen können und lebensbedrohlich sind.

Das HELLP-Syndrom

Das sogenannte HELLP-Syndrom ist eine schwere Form der Schwangerschaftsvergiftung. Die Abkürzung steht für folgende Buchstaben:

  • Hämolyse (rote Blutkörperchen lösen sich auf)
  • erhöhte Leberenzyme
  • low platelets (Englisch für verminderte Anzahl von Blutplättchen)

Das HELLP-Syndrom macht sich oft durch Schmerzen der rechten Seite des Oberbauchs bemerkbar, die sich auf eine gestörte Leberfunktion zurückführen lassen. Zusätzlich kann es zu einer starken Blutgerinnung kommen – tritt jetzt eine Verletzung der Blutgefäße soll auf, können lebensgefährliche Blutungen entstehen. Schlimmstenfalls kann das Syndrom lebensgefährlich werden, weshalb eine frühestmögliche ärztliche Behandlung wichtig ist.

Immerhin: Die Symptome einer Schwangerschaftsvergiftung klingen in der Regel nach der Geburt des Kindes langsam ab.

Ursachen: Wie entsteht eine Schwangerschaftsvergiftung?

Wodurch eine Gestose ausgelöst wird, ist noch nicht endgültig nachgewiesen. Denn es ist kein "Schwangerschaftsgift", wie noch vor einigen Jahren angenommen wurde; und es sind auch keine Bakterien oder Viren, die die Krankheit provozieren. Fest steht: Es gibt mehr als nur einen Auslöser. Und: Es scheinen einige Schwangere stärker gefährdet zu sein als andere. Eine Schwangerschaftsvergiftung tritt eher bei folgenden Frauen auf: 

  • Mütter, die Mehrlinge erwarten
  • sowie Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft an Erkrankungen der Nieren, an Bluthochdruck oder Diabetes litten.

Immer mehr ins Blickfeld rückt in Sachen Schwangerschaftsvergiftung jetzt die Genetik. Man weiß mittlerweile, dass eine Schwangere, deren Mutter an Gestose litt, ein um 25 Prozent erhöhtes Risiko hat, ebenfalls daran zu erkranken. Waren Mutter und Schwester betroffen, liegt die Möglichkeit bereits bei 35 bis 40 Prozent. EPH-Fälle in der Familie des Vaters gelten ebenfalls als Risikofaktor – allerdings lassen sich hier auch (noch) nicht so exakte Risikoberechnungen angeben. Gefördert wird eine Schwangerschaftsvergiftung außerdem durch Risikofaktoren wie Stress und seelische Belastungen in der Schwangerschaft.

Diskutiert wird unter Medizinern auch die Möglichkeit, dass die Plazenta selbst bei einer drohenden Mangelversorgung des Ungeborenen (zum Beispiel wegen ungenügender oder falscher Ernährung seiner Mutter) den Blutdurchfluss durch die Nabelschnur und damit den Blutdruck der werdenden Mutter erhöht – eine Art Hilfsmaßnahme für das Baby. Schließlich soll auch bei Mangel noch eine gesunde Entwicklung des Babys so lange wie möglich gewährleistet sein.

Nährstoffmangel als Ursache einer Schwangerschaftsvergiftung?

"Oft leiden die erkrankten Frauen einfach an einem akuten Nährstoffmangel", sagt Sabine Kuse, ehemalige Gestose-Patientin, Gründerin der Selbsthilfegruppe "Arbeitsgruppe Gestose-Frauen" und für ihr Engagement im Kampf gegen die Krankheit seit 1999 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Die Forschung gibt ihr Recht: "Eine gesunde, den Bedürfnissen der Schwangerschaft angepasste Ernährung hat entscheidende Bedeutung für Mutter und Kind. Vernünftiges Essen ist eine wichtige Vorbeugungsmaßnahme für Schwangerschaftskomplikationen", so Professor Lothar Heilmann, ehemals Leiter der Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe des Stadtkrankenhauses Rüsselsheim, das auf die Behandlung von Patientinnen mit Schwangerschaftshochdruck spezialisiert ist. Hier findest du alles Wichtige zur Ernährung in der Schwangerschaft.

Was tun bei einer Schwangerschaftsvergiftung?

Wenn du eines oder mehrere Symptome einer Schwangerschaftsvergiftung bei der feststellst, solltest du unverzüglich mit einem Arzt sprechen. Auch zur Behandlung eignet sich ein Blick auf die Ernährung: Sie sollte ausgewogen und salzhaltig sein und viele Eiweißprodukte enthalten. Professor Heilmann ergänzt: "Eiweiß, das durch Milch, Eier, Käse, Fisch oder pflanzliche Eiweiße wie Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide, Samen und Naturreis ausreichend zugeführt wird".

Um diese Proteine auch verwerten zu können, sollten Schwangere außerdem Kohlenhydrate (zum Beispiel aus Kartoffeln, Vollkornbrot und Nudeln) auf ihrem Speiseplan haben. Hungert der Körper einer werdenden Mutter nach Eiweiß, werden zu viele Reserven angegriffen – eine erste Warnstufe. 

Bleibt der Bluthochdruck, können blutdrucksenkende Medikamente zum Einsatz kommen. Manchmal werden die Schwangeren auch stationär im Krankenhaus aufgenommen. Bei einer schweren Schwangerschaftsvergiftung kann es sein, dass das Kind verfrüht per Notfallkaiserschnitt auf die Welt gebracht werden muss.

Achtung: Keine Entwässerungskur bei Schwangerschaftsvergiftung!

Bei drohender Gestose auf keinen Fall Entwässerungskur einlegen! Eine Gestose beginnt häufig mit Wassereinlagerungen im Gewebe, die Schwangeren klagen über dicke Füße und Hände, ein aufgeschwemmtes Gesicht, plötzliche Gewichtszunahme. Symptome, die früher sehr häufig zu einer falschen und gefährlichen Behandlung führten: Den Frauen wurde eine Entwässerung empfohlen. Sie sollten wenig oder gar kein Salz essen, Reis- oder Obsttage einlegen und Entwässerungstees trinken.

"Auch heute noch", so Sabine Kuse, "berichten uns betroffene Frauen gelegentlich von einer solchen Verordnung ihres Arztes." Dabei ist die offizielle Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe bei einer Schwangerschaftsvergiftung unmissverständlich: "Obst-, Reistage oder eine kochsalzfreie oder -arme Diät sollten heute keine Anwendung mehr finden." Das ist der Stand der Medizin; die Folgen einer Missachtung können für Mutter und Kind schwerwiegend sein: Durch den Salz- und Wasserentzug dickt das Blut der Schwangeren weiter ein, es fließt immer träger durch die Adern. Um es überhaupt noch transportieren zu können, muss der Körper den Blutdruck ständig erhöhen. Trotzdem gelangen nicht mehr ausreichend Nährstoffe in die Plazenta, das Baby ist unterversorgt. Am Ende stehen schlimmstenfalls eine Frühgeburt oder das gefürchtete HELLP-Syndrom.

Quellen

S1-Leitlinie "Diagnostik und Therapie hypertensiver Schwangerschaftserkrankungen". Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (Stand: 2013)

Stauber, M. & Weyerstahl, T.: Duale Reihe Gynäkologie und Geburtshilfe, Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2005

Rath, W. et al.: Geburtshilfe und Perinatalmedizin: Pränataldiagnostik – Erkrankungen – Entbindung, Georg Thieme Verlag, 2. Auflage, 2010

spi ELTERN

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