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Baby-Entwicklung Frust-Phasen, Lust-Phasen

Baby-Entwicklung: Frust-Phasen, Lust-Phasen
© romrodinka / iStock
Mehr wollen als können – darunter leiden Kinder in den ersten eineinhalb Jahren ganz besonders. Da brauchen Eltern Geduld und ein paar Tricks.

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Sechs Monate

"Ich will mich drehen, aber nicht auf dem Bauch landen!"
Moment mal - lag Maja nicht gerade noch andersrum? Tatsächlich: Maja kann sich drehen, und das ganz schön fix. Und zwar vom Rücken auf den Bauch. Aber leider noch nicht zurück. Deshalb folgt auf den ersten Stolz gleich Empörung: Na toll, jetzt liege ich hier und kann nicht vor und nicht zurück. Kaum hat Mama sie aber zurück auf den Rücken gelegt, dreht Maja sich schon wieder - und das Meckern geht von vorn los.

Kinderphysiotherapeutin Anngret Eisenhardt:
Klar: Auf dem Bauch liegen ist anstrengend, schließlich muss Maja sich aufstützen und den Kopf oben halten. Dabei trainiert sie aber genau die Muskeln, die sie später zum Robben, Krabbeln und Laufen braucht. Deshalb: Nicht gleich wieder zurückdrehen! Meckert Maja vor Anstrengung, kann ihr ein zusammengerolltes Handtuch helfen, das man unter den Brustkorb legt – dann muss sie nicht ihr ganzes Gewicht selbst halten. Ist die neue Lage einfach ungewohnt, freut sich Maja sicher, wenn sich ihre Mama zu ihr auf die Decke legt und mit ihr spielt - aus Solidarität natürlich ebenfalls in Bauchlage."

Acht Monate

"Ich will endlich robben können – aber vorwärts!"
Das Fühlbuch da vorn, das könnte ich erwischen." Denkt Maja und reckt sich und streckt sich und kommt doch nicht ganz ans Buch. Vielleicht, wenn ich mich ein bisschen nach vorn schiebe … Und schon ist Maja das erste Mal in ihrem Leben gerobbt. Wow! Dumm ist nur: Das Fühlbuch liegt jetzt wei ter weg als vorher. Maja robbt nämlich rückwärts.

Kinderphysiotherapeutin Anngret Eisenhardt:
Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis Maja richtig mobil ist und zielstrebig durch die Wohnung flitzt. Sie muss nur noch den Dreh rauskriegen, sich nicht nach hinten abzudrücken, sondern nach vorn zu schieben. Wenn Maja frustriert ist, weil sie immer woanders landet, als sie eigentlich hinwollte, können ihre Eltern ihr ein bisschen Hilfestellung geben. Aber Vorsicht: Wenn sie Maja einfach an beiden Füßen festhalten und nach vorn schieben, lernt sie dadurch nichts. Besser: Eine Hand gegen einen (aber auch wirklich nur einen!) von Majas Füßen halten, dass sie sich abstoßen kann und merkt: Hier geht’s nach vorn."

Zehn Monate

"Ich will jetzt auch endlich sitzen wie die Großen!"
Macht Maja etwa Sit-ups? Sieht fast so aus. Sie liegt auf dem Rücken, spannt die Bauchmuskeln an und versucht, hochzukommen. Ohne Erfolg. Frustrierend.

Kinderphysiotherapeutin Anngret Eisenhardt:
Jetzt ist es ganz wichtig, dass Majas Eltern der Versuchung widerstehen, ihr die Arme zum Hochziehen zu geben oder sie hinzusetzen. Durch den Frust muss Maja durch. Denn: Sitzen lernen die Kleinen ganz von allein - meist aus dem Krabbeln heraus. Irgendwann lassen sie sich nach hinten plumpsen - und sitzen frei. Erst wenn Maja das von selbst macht, ist sie alt genug, dass man sie auch mal zum Spielen auf den Boden setzen kann."

13 Monate

"Kaum hab ich was verstanden, gibt’s schon wieder eine Ausnahme!"
Manchmal klingelt es an der Tür. Maja weiß, was das heißt: Toll, Besuch! Gemein, wenn es dann nur der Paketbote ist, der nicht mal reinkommt.

Psychologin Margit Maunz:
In diesem Alter suchen Kinder im Alltag nach Dingen, die immer gleich sind, und leiten sich daraus Regeln ab. Sie brauchen das Gefühl, dass die Welt eine bestimmte Ordnung hat, auf die sie sich verlassen können: Wenn ich winke, winkt man mir zurück. Und wenn ich den Schlüssel in der Tür höre, kommt Papa nach Hause. Trifft das Erwartete nicht ein, ist das verunsichernd und frustrierend. Was hilft? Wenn die Eltern ganz ruhig erklären, warum es diesmal anders ist: Die Frau hat sicher nicht gesehen, dass du ihr gewinkt hast. Der Postbote hatte es ganz eilig, weil er noch so viele Päckchen verteilen muss. Auch wenn die Kinder die Worte noch nicht alle verstehen, kommt bei ihnen an: Es gibt eine Erklärung für diese Ausnahme, und Mama klingt ruhig, also scheint die Welt trotzdem in Ordnung zu sein."

15 Monate

"Ich will, dass man mich versteht!"
Majas Lieblingswort: "Da!" Dazu zeigt sie auf alles, was sie haben will. Klappte bisher super. Nur: In der letzten Zeit hat Maja das Gefühl, dass da noch mehr dran sein muss mit dem Sprechen. So sagt Mama zum Beispiel immer "Wau-wau", wenn sie so ein vierbeiniges Tier mit Wuschelhaaren treffen. Also sagt Maja das von jetzt an auch. Leider ist Mama manchmal ein bisschen schwer von Begriff. Maja sagt deutlich "Wau-wau", und Mama guckt sich suchend um: "Hier ist doch gar kein Hund!" Dabei liegt er doch da auf dem Autodach! "Ach, die Katze meinst du", sagt Mama. "Katze. Miau, Miau." Fell, vier Beine, trotzdem ein anderer Name. Wer soll da noch durchblicken?

Christina Kauschke, Professorin für klinische Linguistik:
Maja will ihre Wünsche jetzt immer genauer äußern. Sie merkt: Da ist ein Unterschied zwischen dem, wie Mama spricht, und wie ich spreche. Das ist auch Wuschelig und vierbeinig und trotzdem kein Wau-Wau? Na toll! gut so: Wenn Maja mit ihrem 'Da!' auf Dauer zufrieden wäre, würde sie nie richtig spre chen lernen. Typisch ist, dass Begriffe erst mal weit gefasst werden: Alle Männer sind 'Papa', alles, was rund ist, ein 'Ball'. Manchmal reagieren Kinder ungeduldig, wenn man sie nicht gleich versteht. Das ist aber nicht schlimm: So lernen sie, immer speziellere Wörter zu verwenden."


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