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Frühgeburt Was tun, wenn die Geburt viel zu früh beginnt?

Frühgeburt: frühgeborenes Baby
© Brocreative / Shutterstock
Warum kommen Babys winzig und unreif auf die Welt? Gibt es Warnzeichen? Können Eltern einer Frühgeburt vorbeugen? Und wie sind die Chancen fürs Baby in welcher Woche? Wie die moderne Medizin hilft – und was Eltern beitragen können.

Wird ein Baby vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche geboren oder wiegt unter 2.500 Gramm, gilt es als Frühgeburt. Für die Eltern erstmal ein Schock: Nach einem vorzeitigen Blasensprung oder viel zu frühen Wehen ist das Baby plötzlich da. Eine Handvoll Mensch ist ganz auf das medizinische Können der Ärzte, die Liebe und die körperliche Nähe der Eltern angewiesen. Die gute Nachricht: Immer mehr Frühgeborene überleben den Frühstart ins Leben und werden zu gesunden Erwachsenen. 

Was sind die Ursachen für eine Frühgeburt?

Vor allem Frauen, die schon eine Frühgeburt erlitten haben, fragen sich, wo die Ursachen von Frühgeburten liegen und ob sie hätten vorbeugen können. Diese Frage lässt sich nicht allgemein beantworten. Denn längst nicht alle Auslöser einer Frühgeburt liegen in der eigenen Hand. Ihr könnt euch um eine gesunde und entspannte Lebensweise bemühen, nicht rauchen, regelmäßig zur Schwangerschafts-Vorsorge gehen und schwere körperliche Arbeit vermeiden. Das heißt aber nicht, dass sich damit eine Frühgeburt sicher verhindern ließe.Wenn eine Frau zum Beispiel an einem Diabetes leidet, aufgrund ihres Alters eine Risikoschwangerschaft hat oder Zwillinge erwartet, ist das Risiko wahrscheinlich erhöht. Und: dass ein Baby zu früh auf die Welt kommt, hat oft mehrere Gründe, die im Nachhinein nicht immer eindeutig festgestellt werden können. 

Welche Warnzeichen deuten auf eine Frühgeburt hin?

Dass eine Frühgeburt droht, kündigt sich meistens durch einen vorzeitigen Blasensprung oder durch vorzeitige Wehen an. Ist deine Fruchtblase geplatzt, ist es wichtig, dass du liegend in die Klinik gefahren wirst. Denn wenn der Kopf des Babys noch nicht fest im Becken sitzt, könnte es zu einem Nabelschnurvorfall kommen. 

Meistens setzen einige Stunden nach dem Blasensprung die Wehen ein. Treten keine Geburtswehen auf, wird zwischen der 28. und 36. SSW mit einer Einleitung möglichst gewartet, um dem Baby noch mehr Zeit für die Ausreifung seiner Lungen zu geben. Dabei droht allerdings mit der Zeit zunehmend die Gefahr, dass Keime aus der Scheide aufsteigen und eine Infektion der Gebärmutter, des Fruchtwassers oder des Babys verursachen. Daher wirst du nun engmaschig überwacht. Wird ein Amnioninfektionssyndrom (AIS) festgestellt, wird in der Regel die Geburt eingeleitet. 

Ist die Fruchtblase intakt, es treten aber vorzeitige Wehen auf, ist es ebenfalls wichtig, dass du dich in die Klinik bringen lässt. Dort wird man mitWehenhemmern versuchen, die Schwangerschaft medikamentös zu erhalten. Denn jeder Tag in deiner Gebärmutter ist wertvoll für die Entwicklung deines Kindes. Die Lungenreifung wird dabei häufig durch die Gabe von Kortikosteroiden (Kortison) unterstützt und beschleunigt. 

Übrigens: Die Gabe von Wehenhemmern hat noch einen weiteren wichtigen Grund: In der gewonnenen Zeit kannst du in ein Perinatalzentrum verlegt werden. Kommen Frühgeborene in diesen spezialisierten Geburtskliniken auf die Welt und werden sie dort versorgt, ist die Chance, dass sie überleben und sich gut entwickeln, statistisch gesehen sehr viel größer. 

Frühgeburt: winzige Füße eines Frühchens
© Kristina Bessolova / Shutterstock

Was braucht ein Frühgeborenes?

Wie sehr dein Baby auf medizinische Unterstützung angewiesen ist, hängt von der Schwangerschaftswoche und seinem speziellen Fall ab. Doch in der Regel lässt sich sagen, dass je früher ein Kind zu früh auf die Welt kommt, desto mehr intensivmedizinische Unterstützung wird notwendig sein, um sein Überleben zu sichern und seine weitere Entwicklung zu fördern. 

  • Kinder, die vor der 23. SSW geboren werden, haben aufgrund der fehlenden Lungenreife kaum eine Chance zu überleben.
  • Für Babys, die zwischen der 24. und 27. SSW ("extrem kleine Frühchen") auf die Welt kommen, stehen die Überlebenschancen besser. Sie brauchen jedoch Hilfe bei der Atmung, bei der Regulierung ihrer Körpertemperatur und werden über eine Sonde ernährt. Je erfahrener die Ärztinnen und Ärzte, desto besser sind die Chancen für Frühchen zu überleben. 
  • Auch bei Kindern, die zwischen der 28. SSW und 31. SSW ("sehr unreife Frühchen") auf die Welt kommen, ist eine intensivmedizinische Betreuung notwendig und das kleine Leben noch sehr fragil.
  • Erst ab der 34. SSW unterscheiden sich die sogenannten "späten Frühchen" zunehmend kaum noch von reif geborenen Kindern. 

Alle Frühgeborenen brauchen jedoch ganz besonders viel körperliche Nähe und die Zuwendung ihrer Eltern. Das Känguruhen ist heute in den meisten Frühgeborenenstationen ein wichtiger Bestandteil des Alltags mit eurem Frühchen. Dabei wird das Kleine auf den nackten Oberkörper von Mama oder Papa gelegt und gut zugedeckt. Dort tankt es dann nicht nur Wärme, sondern kann euer Herz schlagen hören und euren Geruch einatmen. Die Forschung ist sich mittlerweile einig, dass das Känguruhen einen positiven Effekt auf das Überleben und die Entwicklung von Frühgeborenen hat. Und auch den Eltern hilft es, viel Zeit mit ihrem Kind zu verbringen und zu wissen, dass sie aktiv etwas für sein Wohlbefinden tun können. 

Und: Grelles Licht und Lärm mögen Frühchen gar nicht. Das Pflegepersonal wird daher auf gedämpftes Licht und möglichst viel Ruhe für euer Baby achten. Und auch zu Hause ist es gut, wenn ihr eine Reizüberflutung vermeidet. 

Bekommt ein Frühchen Muttermilch?

Frühe Frühchen können noch nicht selbständig Nahrung zu sich nehmen. Zum einen fehlt ihnen oft noch der Saugreflex, zum anderen raubt das anstrengende Saugen und Schlucken den kleinen Kämpfern wertvolle Kraft. Da sie die aber zum Wachsen benötigen, wird ihnen Nahrung über eine Infusion oder eine Magensonde zugeführt

Je nach Entwicklungsstand und SSW, in der sie geboren wurden, sollte dann möglichst bald eine Ernährung mit Muttermilch hinzukommen. Denn die enthält bekanntlich wichtige Nährstoffe und Antikörper, die das kindliche Immunsystem braucht, um sich gegen Keime zu schützen. Und sie ist leichter verdaulich. Ziel ist das selbständige Trinken an Mamas Brust. 

Hat eine Frühgeburt immer Spätfolgen?

Extrem kleine Frühchen (24. SSW bis 27. SSW) haben zwar heute die Chance, zu überleben. Dennoch besteht das Risiko leichter bis schwerer Behinderungen. Das betrifft besonders Kinder, die mit einem Geburtsgewicht von unter 1500 Gramm auf die Welt kommen. Ihr Risiko, nicht zu überleben, ist 200 mal höher als das von Frühgeborenen, die bereits 2500 Gramm auf die Waage bringen. Auch neurologische Schäden, Entwicklungsstörungen, Krampfanfälle, Seh- und Hörschäden sowie chronische Lungenprobleme und Lernbehinderungen treten bei extrem kleinen Frühchen häufiger auf. 

Langzeitstudien zeigen, dass sich Frühgeborene, die sich in den ersten Wochen stetig weiterentwickeln und um den eigentlichen Geburtstermin herum nach Hause entlassen werden können, meistens zu ganz normalen Erwachsenen entwickeln. Dennoch sind Frühchen bis ins Grundschulalter oft etwas kleiner als der Altersdurchschnitt. Bis zu ihrem 8. Geburtstag hat sich das Wachstums-Defizit in der Regel ausgeglichen. 

Wenn ein Frühchen während der ersten Lebensjahre in Bezug auf seine motorischen oder kognitiven Fähigkeiten kaum oder zu langsame Fortschritte macht, ist ein Termin in einem Perinatal- oder Frühförderungszentrum sinnvoll. Hier können die Symptome einer Entwicklungsverzögerung oder -störung erkannt und zielgerichtet behandelt werden. 

Verkürzt sich der Mutterschutz bei einer Frühgeburt?

Die Mutterschutzfrist verkürzt sich nicht durch eine Frühgeburt. Im Gegenteil: Handelt es sich (laut Attest) um eine medizinische Frühgeburt (Gewicht unter 2500 g und/oder erhöhter Pflegeaufwand durch Unreife des Babys) beträgt die Mutterschutzfrist nach der Entbindung zwölf statt acht Wochen. Zusätzlich werden die Tage drangehängt, die das Kind zu früh auf die Welt kam, da diese bei der Schutzzeit vor der Geburt nicht in Anspruch genommen wurden. 

Neben dem Mutterschutz hilft gestressten und verunsicherten Frühchen-Eltern auch eine verlängerte Hebammenbegleitung oder eine Betreuung durch spezialisierte Kinderkrankenschwestern. 

Übrigens: Auch die Kosten für eine Haushaltshilfe werden in solchen Fällen häufig von den Kassen übernommen.

Quellen

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen & Jugend (2021): Leitfaden zum Mutterschutz.

Bundesverband „Das frühgeborene Kind e.V.“ (o.J.): Entwicklungsprognose frühgeborener Kinder, Informationsbroschüre.

Bundesverband „Das frühgeborene Kind e.V.“ (o.J.): Ernährung von Frühgeborenen, Informationsbroschüre.

Stiftung Kindergesundheit (2020):Immer bessere Chancen auch für sehr kleine Frühchen, Stiftung Kindergesundheit informiert über die beeindruckenden Erfolge der Neonatologie.

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