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Fiona Erdmann "Mit einem Kinderwunsch hängt viel Leid zusammen"

Fiona Erdmann
Fiona Erdmann
© Isa Foltin / Getty Images
Ihre Fehlgeburt hat Fiona Erdmann aufgezeigt, wie viele Frauen dieses Leid erfahren. Im Interview schildert sie die schmerzhaften Momente von vor einem Jahr und verrät, was ihr bei der Trauerarbeit geholfen hat.

Noch heute denkt Fiona Erdmann, 33, oft an ihren Sohn, den sie nie kennengelernt hat. Ende April 2021 hatte die ehemalige GNTM-Kandidatin und heute in Dubai lebende Influencerin eine Fehlgeburt. Mit Ehemann Mohammed spricht sie offen über ihren schweren Verlust. Was dem Paar bei seiner Trauer geholfen hat und warum es beide leider aktuell nicht häufig genug schaffen, das Grab zu besuchen, verrät Fiona im ELTERN-Interview.

Fiona Erdmann: Offene Worte über ihr Sternenkind und ihre Fehlgeburt

ELTERN: Vor gut einem Jahr, am 30. April 2021, haben Sie Ihre Fehlgeburt auf Instagram öffentlich gemacht. Warum sind Sie mit dem Erlebnis derart offen umgegangen?
Fiona Erdmann: Ich habe schon immer die Ereignisse in meinem Leben mit meinen Followern geteilt, sowohl die guten als auch die schlechten. Ich finde es gerade in der heutigen Zeit, in der auf Social Media ein perfektes Leben vorgelebt wird, wichtig, dass Personen des öffentlichen Lebens auch Momente teilen, die nicht schön sind. Die gehören auch zum Leben dazu und ich finde es wichtig, dass man das akzeptiert und auch preisgibt.

Eine Fehlgeburt gilt leider immer noch als Tabuthema …
Um mich mit meiner Fehlgeburt auseinanderzusetzen, wollte ich mir im Internet Sachen dazu durchlesen und habe genau das festgestellt: Es wird kaum darüber gesprochen. Ich habe mich gefragt, warum das so ist.

Warum soll eine Fehlgeburt etwas sein, das verschwiegen wird? Soll man sich dafür schämen? Es gehen doch so viele Personen durch diese "schreckliche Zeit". Warum sollte man dann nicht das Gefühl vermittelt bekommen, dass man damit nicht allein ist?

Deshalb war es mir wichtig, meine Erfahrungen zu teilen, um anderen Mut zu machen, denen es ähnlich geht. Es fällt mir zwar nicht leicht, über meine Fehlgeburt zu sprechen. Aber ich habe so viel in meinem Leben durchgemacht, dass ich gelernt habe, mit Schicksalsschlägen umzugehen.

"Ich hätte niemals gedacht, dass so viele Frauen dieses Schicksal teilen"

Etliche Kommentare erreichten Sie nach ihrem Instagrambeitrag, darunter auch Frauen, die Ihnen ihr Herz ausschütteten, weil sie Ähnliches erlebt hatten. Was hat die Resonanz mit Ihnen gemacht?
Ich war geschockt, wie vielen Frauen es so ergeht wie mir. Ich schaffe es fast immer, mir alle Kommentare und persönliche Nachrichten durchzulesen. Bei dem Thema Fehlgeburt habe ich es aber nicht geschafft. Ich hätte niemals gedacht, dass so viele Frauen dieses Schicksal teilen. Mich hat sehr betroffen gemacht, wie viele Frauen diese Trauer durchleben – leider oftmals nicht nur einmal.

Eine Frau offenbarte mir, fünf Fehlgeburten hintereinander gehabt zu haben. Eine andere schrieb, dass bei ihrem Ultraschall noch alles gut war und ihr Kind dann während der Geburt gestorben ist. Eine erlitt ihre Fehlgeburt kurz vor der Geburt in der 36. Schwangerschaftswoche.

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"Liebe Mama ..."

Bei diesen Beispielen lief es mir so kalt den Rücken runter und ich dachte mir: Wahnsinn, wie viel Leid mit einem Kinderwunsch zusammenhängt. Das ist traurig und leider sehr normal. Das weiß man vorher oft nicht. Deswegen finde ich es auch so wichtig, darüber zu sprechen. Das alles hat mein Gefühl von Stolz und Dankbarkeit für meinen Sohn noch einmal immens gesteigert.

Haben Sie sich damals mit Ihrer Trauer allein gefühlt?
Richtig allein habe ich mich nicht gefühlt. Mich haben die vielen Nachrichten von Frauen auf die Bekanntgabe meiner Fehlgeburt bestärkt, weil sie mir das Gefühl gegeben haben, mit der Situation nicht allein zu sein und gezeigt, dass sie leider normal ist. Außerdem war mein Mann an meiner Seite und wir haben das zusammen durchlebt. Auch unsere Freunde und Familie standen die ganze Zeit hinter uns.

Wurden Sie während dieser schweren Zeit auch gut von Fachpersonal aufgefangen?

Als ich unser Kind verloren habe, war ich Corona positiv und musste mich daher zu Hause isolieren. Das war echt hart. Ich konnte mich nicht ablenken oder kurz an den Strand fahren und einfach mal durchatmen.

Erst nach unserer Isolation hatten die Wehen eingesetzt. Die Erfahrung, als mein Körper die Geburt einleitete, war krass. Aber für meinen Prozess der Trauerbewältigung und Verabschiedung war es wichtig.

Meine betreuende Frauenärztin war sehr lieb und meinte kurz nach der Fehlgeburt zu mir, dass ich selbst entscheiden könne, ob ich einen natürlichen Abgang oder eine Operation möchte. Für mich stand von vornerein fest, dass es keine OP wird, weil ich das Gefühl hatte, so die Trauer und das Geschehene besser verarbeiten zu können. Zudem hatte ich Bedenken, dass jeder operative Eingriff in der Zukunft ein Risiko bergen könnte. Ich wollte es daher lieber auf natürlichem Weg passieren lassen und mich selbst beobachten, wie es mir körperlich geht, ob ich Fieber bekommen. Sobald ich etwas Ungewöhnliches bemerkt hätte, wäre ich sofort zum Arzt gegangen.

Fiona und ihr Mann hatten kaum Zeit, sich lange mit der Fehlgeburt zu beschäftigen

Wie haben Sie und Ihr Partner geschafft, den schweren Verlust zu verarbeiten?
Wir haben uns auf unseren Sohn Leo konzentriert. Er war unser Anker und unsere Möglichkeit, auf etwas zu schauen und happy zu sein. Es war eine unfassbare Dankbarkeit, die uns die ganze Zeit überrannt hat. Er ist einfach unser kleiner Goldschatz. Uns hat diese Erfahrung gezeigt, wie dankbar wir für unser gesundes Kind sein können. Das ist auch allgemein meine Devise im Leben: sich auf die positiven Dinge zu fokussieren.

Fiona Erdmann mit ihrem Ehemann Mohammed und ihrem Sohn Leo
Fiona Erdmann mit ihrem Ehemann Mohammed und ihrem Sohn Leo
© instagram.com/fionaerdmann

Inwiefern hat sich dadurch Ihre Beziehung zueinander verändert?
Wir hatten nach der Fehlgeburt beide sehr viel zu tun. In den letzten zwei bis drei Jahren rennen wir einen Marathon durch unser Leben. Was das Berufliche angeht, aber auch privat: Mo und ich haben so viel um die Ohren, dass wir uns gar nicht lange mit der Fehlgeburt befassen konnten. Dann kam der Hausumbau und ich wurde wieder schwanger. Das war eigentlich ganz gut.

Gibt es Rituale, durch die Ihr Sternenkind weiterhin in Ihrem Familienleben präsent ist?

Mo und ich sprechen immer noch über die Fehlgeburt. Wir denken darüber nach, wie alt er jetzt wäre, dass wir jetzt vielleicht schon drei Kinder hätten, und dann kommt alles wieder hoch.

Wir haben ihn auf einem Friedhof in Dubai begraben. Mein Mann und ich wollten gerne viel öfter hinfahren, aber wir kommen aktuell leider oftmals nicht dazu. Wir rennen gegen die Zeit an, weil wir in das Haus einziehen wollen, bevor unsere Tochter kommt.

Wie hat es sich für Sie angefühlt, erneut schwanger zu werden? War die Angst größer?
Ja, die Anfangszeit meiner Schwangerschaft war leider richtig schlimm. Ich hatte das Gefühl, mein Kopf dreht förmlich durch. Die Angst war so anstrengend und das Abwägen, ob ich in dieser Situation zum Arzt gehen muss oder nicht. Das hat mich so traurig gemacht, weil ich doch eigentlich glücklich sein sollte, da alles ok war. Im Laufe der Schwangerschaft und vor allem, als ich angefangen habe, die Kleine zu spüren, ging die Angst zum Glück recht schnell weg.

ELTERN

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