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Endometriose und Kinderwunsch Nicht schwanger wegen Endometriose?

Endometriose und Kinderwunsch : Nicht schwanger wegen Endometriose?
© eclipse_images / iStock
Unerfüllter Kinderwunsch und starke Regelschmerzen – eine alarmierende Kombination, hinter der sich die Krankheit Endometriose verbergen kann. Häufig wird sie erst spät festgestellt. Aber das muss nicht sein.

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Endometriose - was ist das?

Nach Schätzungen leiden etwa zehn Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter an Endometriose. Das heißt: Bei ihnen bildet sich die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) nicht nur in der Gebärmutter, sondern auch an anderen Stellen im Körper - am häufigsten im Bauchraum. Dann entstehen beispielsweise an der Bauchdecke, am Darm, an der Blase, in der Gebärmuttermuskulatur, an den Mutterbändern sowie an den Eileitern und Eierstöcken Gewebenester, die sich ähnlich verhalten wie die Schleimhaut in der Gebärmutter: Gesteuert von den Geschlechtshormonen werden sie auf- und abgebaut und bluten zyklisch. Das Problem: Außerhalb der Gebärmutter können diese Schleimhautfetzen nicht abbluten, werden deswegen immer größer, entzünden sich und brechen auf. Dadurch entstehen Vernarbungen, die die Funktion unter anderem auch der Eileiter und Eierstöcke beeinträchtigen.

Dr. Frank Nawroth    

Welche Schmerzen verursacht Endometriose?

Am häufigsten sind heftige Schmerzen, vor allem während der Regelblutung. Aber auch beim Geschlechtsverkehr, beim Entleeren von Darm und Blase, oder gar immerzu – je nachdem, wo im Körper die versprengten Schleimhautinseln sitzen.

Wodurch entsteht die Endometriose?

Endometriose ist nicht nur eines der häufigsten, sondern auch eines der rätselhaftesten Phänomene der Frauenheilkunde. Bis heute weiß man nicht genau, wie die Krankheit entsteht. Es gibt zwar die sogenannte Verschleppungs- und Implantationstheorie, nach der die Schleimhautzellen durch die Eileiter, Adern und Lymphgefäße sowie bei Unterleibsoperationen aus der Gebärmutter in den übrigen Körper gelangen. Aber diese erklärt nicht, warum nicht alle gebärfähigen Frauen an Endometriose erkranken. Man vermutet, dass bei Frauen mit Endometriose ein - wahrscheinlich erblicher - Immundefekt dazukommt, der den natürlichen Abbau der verschleppten Schleimhautzellen verhindert und ihnen so die Möglichkeit verschafft, sich festzusetzen und zu vermehren. Obwohl bisher kein Endometriosegen gefunden wurde, ist bekannt, dass es eine familiäre Häufung gibt. So steigt das individuelle Risiko, wenn bereits Angehörige ersten Grades, also die Mutter oder eine Schwester, an Endometriose erkrankt sind.

Warum beeinträchtigt Endometriose die Fruchtbarkeit?

Weil ihre im Unterleib verirrten Schleimhautnester das Zusammenspiel der weiblichen Fortpflanzungsorgane aus dem Takt bringen. Im Eierstock eingenistetes Endometriose-Gewebe stört den Zyklus, behindert die Eireifung und den Eisprung. Wuchert die verirrte Schleimhaut im Eileiter, gibt es Probleme mit Befruchtung und Eitransport. Und im Bereich der Gebärmutter beeinträchtigt die fehlgeleitete Schleimhaut die Einnistung des befruchteten Eis.

Wie stellt mein Arzt eine Endometriose fest?

Endometriose zu diagnostizieren, ist sogar für Experten schwer. Zwar lassen sich manche Knoten ertasten bzw. per Ultraschall orten: Letzte Gewissheit aber bringt nur ein Blick in den Bauch. Mit der dazu nötigen Bauchspiegelung, die unter Vollnarkose gemacht wird, sind die Mediziner jedoch gerade bei jüngeren Frauen mit Kinderwunsch sehr zurückhaltend. Verständlich, wenn man bedenkt, dass auch bei dieser Unterleibsoperation die Fortpflanzungsorgane versehentlich verletzt werden können. Die Kehrseite der ärztlichen Vorsicht: Die Diagnose Endometriose wird im Durchschnitt erst sechs bis neun Jahre nach Auftreten der ersten Beschwerden gestellt.

Wie werden die Endometriose-Nester entfernt?

Durch eine Bauchspiegelung: Dazu schiebt der Chirurg zunächst ein kleines Sichtgerät und einen Taststab durch zwei kurze Schnitte in die Bauchdecke in den Körper und checkt damit die ganze Bauchhöhle ab. Anschließened führt er durch die gleichen oder zusätzlichen Öffnungen spezielle chirurgische Instrumente in den Bauch ein, entnimmt Gewebeproben, entfernt Endometriose-Knoten, löst Verwachsungen und prüft, ob die Eileiter durchgängig und beweglich sind. Durch diese Koppelung von Diagnose und Behandlung bleiben vielen Patientinnen weitere operative Eingriffe erspart.

Endometriose operiert, Patientin schwanger?

So einfach löst sich das Problem leider nicht. Wie es nach der Bauchspiegelung für Kinderwunsch-Patientinnen weitergeht, hängt von dem Ergebnis der Untersuchungen ab und von der individuellen Situation der Frau und ihres Partners. Scheinen die Endometriose-Herde weitgehend eliminert, sind die Eileiter frei und ist der Partner voll zeugungsfähig, gibt es für den Doktor zunächst nichts weiter zu tun. Konnten jedoch nicht alle Schleimhautinseln entfernt werden, kann eine drei- bis sechsmonatige Hormonentzugstherapie sinnvoll sein. Sie lässt die restlichen Endometriose-Herde "verhungern", indem sie die körpereigene Östrogen- und Gestagenproduktion hemmt.

Hilfe durch Kinderwunsch-Therapien

Die ideale und natürlichste Hormonentzugstherapie ist eine Schwangerschaft, die die Eierstöcke ebenfalls für knapp zehn Monate lahm legt. Doch auf diese willkommenste Therapie warten viele Frauen mit Endometriose auch nach der Behandlung vergebens. Entweder, weil sie bereits in einem Alter sind, in die die Fruchtbarkeit abnimmt. Oder weil sie neben der Endometriose noch andere Fruchtbarkeitsprobleme, beispielsweise mit den Eileitern, haben. Oder weil ihr Partner nur eingeschränkt zeugungsfähig ist.
Doch auch diese Frauen haben eine Chance, schwanger zu werden. Mit Hilfe der "üblichen" Kinderwunsch-Therapien: Je nach körperlichem Befund beider Partner kommt dafür entweder eine Insemination in Frage, bei der das aufbereitete Sperma des Partners vom Arzt in die Gebärmutter eingeführt wird. Oder eine In-vitro-Fertilisation, sprich eine Zeugung im Reagenzglas mit anschließendem Transport des befruchteten Eis in die Gebärmutter. Oder eine so genannte ICSI - das ist eine Retortenzeugung, bei der die Samenzelle mit einer Spritze in das Ei injiziert wird.
Die Medizin kennt inzwischen viele Möglichkeiten, Frauen mit Endometriose brauchen die Hoffnung auf ein Baby nicht aufzugeben.

Weitere Informationen

Endometriose-Vereinigung Deutschland e.V.
Verein Betroffener, die informieren und beraten wollen.

Europäische Endometriose Liga
Von Medizinern gegründeter Verein, der das Wissen über Endometriose verbreiten und die Krankheit stärker als bisher im Bewusstsein von Ärzten und Öffentlichkeit verankern will. Hier können Sie sich z. B.eine Checkliste für den Besuch beim Arzt ausdrucken.


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