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Bindung Hilfe, mein Kind hat Papa lieber!

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© Mladen Zivkovic / Shutterstock
"Papa, Papa, Papa!" "Und Mama?" "Ne, mag ich nicht." Autsch, das hat gesessen. In manchen Situationen befallen unsere Autorin so einige Zweifel, ob sie das mit der Erziehung denn richtig oder gut genug macht. Wieso? Es gibt Momente, Stunden, nein, manchmal auch Tage, an denen ihr Sohn viel lieber an Papa hängt. Dann darf ausschließlich er Zähne putzen, die Windel wechseln, vorlesen – oder auch kuscheln.

Warum ist das so, dass der Kleine in manchen Situationen lieber zu Papa will? Hallo? Klar, zur Beruhigung könnte man auch argumentieren, dass es umgekehrt auch die Mama-Tage gibt. Und doch sticht es immer ein bisschen im Herzen, wenn das Kind so offensichtlich nur Papa will. Denn es fühlt sich nicht schön an, zurückgewiesen zu werden.

Hat mein Kind Papa lieber?

Dabei trügt dieses Bild: Nur weil mein Kind gerade sehr auf Papa fixiert ist, heißt das nicht, dass ich nicht mehr gebraucht oder liebgehabt werde. Auch wenn es in dem Moment den Anschein hat. Wichtig ist, dem Kind nicht die kalte Schulter zu zeigen oder dauernd zu betonen, dass Mama nicht mehr gebraucht wird. Sich zurückzuziehen sendet ein falsches Signal – dein Verhalten spiegelt nämlich deine eigene Unsicherheit wider, was dein Kind sehr wohl bemerkt.

Die Folge ist möglicherweise, dass dein Kind sich tatsächlich nicht mehr so sicher bei dir fühlt. Gerade im Baby- und Kleinkindalter benötigen sie Sicherheit, Akzeptanz, Verbindung und Beständigkeit. Indem du deinem Kind trotzdem zeigst, dass du bedingungslos für es da bist, egal was kommt, förderst du Vertrauen, Stabilität und Bindung. Und glaubt mir, es kostet eine Menge Überwindung und Überzeugung, die Papa-Phasen in positiverem Licht zu sehen, als man eigentlich möchte. 

Andererseits hat es auch etwas Gutes: So komme ich – zumindest gerade – auch mal dazu, meinen Kaffee heiß zu trinken oder habe zwei, drei Stunden Ruhe für mich, wenn die Zwei zum Kinderturnen abtraben. 

Die Triangulierungsphase  

Doch was steckt dahinter, wenn Kinder ein Elternteil bevorzugen? Ganz egal, ob Mama oder Papa höher im Kurs stehen? Natürlich kommt es auf das Alter der Kinder an und es gibt mit Sicherheit welche, die überzeugte Mama- oder Papa-Kinder sind. Aber: Gerade bei jüngeren Kindern gibt es meistens einen anderen Grund: die Triangulierung. Die was? 

In den 1950er Jahren begründete der englische Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby sein Konzept der Bindungstheorie. Darin erklärt er, dass ein Baby ein angeborenes Bedürfnis nach Bindung hat, also nach einer vertrauten Person, die es schützt, Trost und Nähe spendet. Bereits nach der Geburt sind die wichtigsten Bezugspersonen Mama und Papa. Und zu Beginn ist es die Mutter meist noch etwas mehr – durch die Schwangerschaft, die Geburt und überwiegend auch die erste Zeit nach der Entbindung. 

Je größer und agiler dein Baby wird, desto weniger abhängig ist es von dir (rein pragmatisch gesehen zum Beispiel durch das Stillen oder das Fläschchen). Während dieser Phase wird Papa immer interessanter – und das nicht etwa nur, weil er vieles einfach anders macht, sondern auch, weil dein Kind dir und der engen Bindung (Urvertrauen), die zwischen euch besteht, vertraut und sich so ganz natürlich aus der Symbiose lösen kann. Es entwickelt nach Bowlby ein Explorationsverhalten, das vor allem ab einem Alter von zwei Jahren zunimmt. 

Dieser Prozess, nämlich die Erweiterung der engsten Bezugspersonen von Mama auf Mama und Papa kommt aus der Psychoanalyse und nennt sich Triangulierung. Sie beschreibt das Beziehungsdreieck von Mutter, Vater und Kind. In dieser Phase liegt der Fokus des Kindes eher auf Papa, der zweiten vertrauten Person ab der Geburt. Der Radius deines Kindes vergrößert sich also schrittweise durch das neue Explorationsverhalten. Dieser bedeutende Übergang ist von Familie zu Familie unterschiedlich – jedes Kind ist individuell und kann sich vielleicht schneller lösen, braucht doch noch etwas Zeit oder ist von heute auf morgen völlig vernarrt in Papa. 

5 Tipps für Mamas während der Papa-Phase (und andersherum)

All das klingt erst einmal ziemlich einleuchtend – und nimmt auch ein wenig den Druck raus. Für die andauernde, intensive Papa-Phase helfen mir aber diese Tipps (die ich mir immer und immer wieder zu Herzen nehmen werde, bis dann einmal eine Mama-Phase kommt und ich die Liste an meinen Partner übergebe):

1. Probiere mal, das bisschen freie Zeit, das entsteht, für dich zu nutzen – auch, wenn es anfangs schwerfällt. Ein paar Minuten auf der Akupressurmatte, Käffchen in der Sonne, ein paar Seiten lesen…dir fällt bestimmt etwas ein.

2. Wenn dich das Thema nicht loslässt und es dich stört, nicht gefragt zu sein, dann organisiere zum Beispiel eine wöchentliche Aktivität, die nur du und dein Kind zusammen macht. Das kann ein gemeinsamer Besuch im Lieblingscafé sein, mit Milchschaum und Croissant (wie bei uns) oder beispielsweise ein Besuch in der Bücherei oder auf dem Markt.

3. Versucht zusammen als Eltern, euch alle Aufgaben so gut es geht bewusst zu teilen. Denn auch wenn der kleine Schatz die Abendroutine am liebsten nur mit Papa machen möchte, ist es besser, wenn auch die Mama einen Teil übernimmt und ihr euch abwechselt. Wieso? Auf lange Sicht wird die Phase vorbeigehen und dein Kind akzeptiert, dass ihr beide es ins Bett bringt, die Zähne putzt oder zusammen spielt und auch aufräumt. Übernimmt das in der Papa-Phase wirklich nur der Papa, ziehst du dich automatisch zurück.

4. Wenn alles nichts hilft: tief durchatmen, bewusst machen, dass es eine Phase ist (auch wenn es sich gerade nicht so anfühlt) und auch diese vorbeigehen wird.

5. Tauscht euch aus – so könnt ihr viel besser aufeinander eingehen und auch herausfordernde Situationen mit eurem Kind gemeinsam gestalten. Klare Absprachen und ein gemeinsamer Fokus helfen hier ungemein.

Verwendete Quelle: sueddeutsche.de, tinybeans.com, Fachartikel "Grundlagen der Bindungstheorie" (Stegmaier, 2008) bei kindergartenpaedagogik.de

lha ELTERN

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