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Glosse Schöner scheitern beim Elternzeiturlaub im Wohnwagen

Glosse: Schöner scheitern beim Elternzeiturlaub im Wohnwagen
© Mieke Scheier
ELTERN-Autorin Susanne Pahler war auf der Suche nach dem Camping-Glück, hat es aber auch nach längerem Suchen nicht gefunden.

Das ist ja derzeit DAS Ding: #vanlife! Morgens mischen sich Meeresrauschen und frisch gebrühter Kaffee zum unwiderstehlichen Duft von Ferien und Freiheit. Tagsüber kurvt man auf verschlungenen Straßen durch Instagram-Traumlandschaften. Abends wird neben dem offenen Feuer raffiniertes Outdoor-Food kredenzt. Ein Baby fühlt sich währenddessen erfahrungsgemäß genauso wohl wie die Eltern: „Mimi schläft seitdem durch“, erzählt eine Freundin nach ihrem Wohnwagentrip. „Erst dadurch sind wir zur Familie zusammengewachsen“, schwärmt eine andere. Wir haben vier Wochen Elternzeit – und wollen so was bitte auch! Also: im hippen Portal einen Wohnwagen gemietet, ans Auto gebastelt und los.
Doch, es gab Menschen, die uns warnten.

War mir aber wurscht vor unserem Österreich-Schweiz-Elba-Trip (die Low-Budget-Variante des Camper-Klassikers Neuseeland): Seit ich mal mit dem ausgebauten Bus meiner Eltern durch die Gegend gefahren bin, damals um die 20, war ich der Überzeugung, es gebe keine bessere Art, Urlaub zu machen.

Umso überraschter bin ich 20 Jahre später, dass ich mich bereits in Tirol frage, was mir damals so gefiel. Die Klos, die nachts immer noch einen halben Kilometer weiter weg sind als tagsüber? Die Duschen, die mir Gänsehaut machen, nicht nur weil es so zieht? Der ständige Abwasch an den niedrigen Becken, bestückt mit den Chili-Resten des Vorwäschers? Das 1,20-Meter-Bett mit der dünnen Schaumstoffmatratze, das wir uns jetzt mit dem unruhigen Zehn-Monats-Baby teilen müssen? Dazu kommt noch die anhaltende Verstimmung meines übermüdeten Mannes, der das häufige, schweißtreibende Auf- und Abbauen des Wohnwagens auf den Campingplätzen bald satt hat. Gerade im Regen. Das unbarmherzige Spätsommerwetter pladdert nämlich immer genau da auf unser Dach, wo wir sind.

Immerhin ist unser Sohn glücklich und genießt die neue Freiheit: Er verschläft bald die lebenslang gesetzte 23-Uhr-Mahlzeit und lernt, sich blitzschnell durch den Wagen zu hangeln.
Ich warte währenddessen täglich auf das Camping-Fieber. Ein Hoffnungsschimmer: Licht und Sonne am Ende des Gotthard-Tunnels nach tagelangem Schweizer Regen. Der folgende Abend am Lago Maggiore ist tatsächlich schön, die Sonne versinkt hinter dem glitzernden See, am nächsten Morgen machen wir Picknick-Frühstück am Ufer. Danach regnet es zwei Tage durch. Und wir verbringen unsere Abende wieder im Inneren des Wohnwagens. Flüsternd, um das Kind nicht zu wecken, das im Bett hinter dem Vorhang schläft.

Next stop: Elba. Das kann doch nicht schief- gehen – oder? Immerhin ist das Wetter besser. Als wir nach einem Platz mit Meerblick fragen, schenkt uns der Betreiber ein nicht mal mehr mü- des Lächeln: Hallo?! Alle seit letzter Saison reserviert! Wir bekommen eine Parzelle auf schwarzem, ähm: Dreck? Den wir trotz Fußabstreifer täglich mehrmals aus der mobilen Hütte fegen, damit im Kindermagen noch Platz für anderes, gesünderes Essen bleibt.

Ach, fast vergessen: Eine Woche vor unserer Abfahrt haben wir geheiratet. Die Tour ist also nicht nur Elternzeitreise, sondern eigentlich auch Honeymoon. Diese zweite Tatsache ziehe ich aber hiermit ganz offiziell zurück – wegen komplett fehlender Romantik. Wir holen das irgendwann nach. Vielleicht. Denn als wir in der ersten Nacht zurück zu Hause frisch geduscht im kuscheligen Bett liegen, während im Hintergrund der Geschirrspüler rumort, sind wir uns einig: Wir haben die schönste Wohnung der Welt. Wir bleiben jetzt erst mal da.


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