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Barfuß laufen Wie gesund ist das für mein Kind?

Barfuß laufen: Kinderfüße, die Barfuß im Sand stehen
© Alex SG / Shutterstock
Barfuß laufen ist nicht nur im Sommer großartig. Kleine Kinder leben das ganze Jahr über am liebsten auf freiem Fuß. Bedenken? Räumen wir hier aus!

Wozu nackte Füße?

Schon lange bevor Kinder laufen können, haben ihre Füßchen jede Menge zu tun. Ein Baby, das sich bewegt, tut das immer mit dem ganzen Körper. Ganz automatisch nimmt es seinen Kopf, seine Arme, seinen Popo, seine Beine und Füße zu Hilfe. Je mehr Bewegungsfreiheit jeder Körperteil dabei hat, desto besser schafft das Baby, was es will. Schauen wir mal genauer auf die winzigen Zehen: Bei Babys und Kleinkindern sind sie genauso flexibel, geschickt und sensibel wie die Finger. So wie Babys mit den Händen tastend die Welt entdecken, greifen sie auch mit den Füßen nach Gegenstände, stützen sich an Untergründen ab, ertasten ihre Mitmenschen. Das klappt natürlich mit nackten Füßen viel besser als mit Füßchen, die in Socken oder Schuhen stecken. Nur über die Haut werden die Sinneseindrücke eins zu eins an den Rest des Körpers weitergeleitet und unverfälscht verarbeitet. Übrigens lieben Babys es auch, wenn sich ihre eigenen nackten Füße berühren oder wenn sie es schaffen, ihre Zehen in den Mund zu stecken und daran zu nuckeln. Das wirkt nicht nur beruhigend, sondern sorgt für ein gutes Gefühl für sich selbst. Sie spüren, wer sie sind und wo sie – ganz körperlich – anfangen und wo sie aufhören.

Und wenn Kinder anfangen zu laufen – brauchen ihre Füße nicht spätestens dann Halt und Schutz?

Der Mensch ist evolutionär betrachtet ein Barfußwesen. Seine Füße sind perfekt ausgestattet für die Fortbewegung, sie brauchen keinen extra Halt. Gerade durchs Nacktsein entwickeln kleine Füße schon schnell die Stabilität, die sie später zum sicheren Stehen und Laufen brauchen. Das passiert so: Beim Baby sind die Füße noch richtige Greifinstrumente (so wie bei unseren Vorfahren, den Affen). Bis sie sechs Monate alt sind, haben sie einen angeborenen Fußzehengreifreflex. Durch Berührungen wird der immer wieder angeregt, das Baby krallt seine Zehen zusammen und trainiert so bereits im Liegen die Fußmuskulatur. In der Folge bildet sich das Fußgewölbe aus – die perfekte Grundlage für einen stabilen und gesunden Gang. Laufen Kinder dann auch später viel über unebene Untergründe wie Kiesel, Sand oder Gras, stabilisiert das den Fuß weiter und beugt Fußfehlstellungen wie Senk-, Platt- oder Spreizfüßen vor.

Aber Barfußlaufen ist doch gefährlich, oder?

Reißnägel auf dem Fußboden, rutschige Fliesen, Bienen in der Wiese – es gibt natürlich immer Gründe, die gegen das Barfußlaufen sprechen. Die Befürworter argumentieren andersherum: Die Schäden, die an Kinderfüßen durch Schuhe entstehen, sind unterm Strich deutlich höher. Schuhe schützen zwar, machen die Füße aber faul. Wenn sie nicht mehr balancieren und Unebenheiten abfedern müssen, schalten sie regelrecht ab und verlieren ihre sensorischen und motorischen Fähigkeiten. Die Folge können Fuß- und Rückenprobleme sein, die sich oft erst bemerkbar machen, wenn man längst erwachsen ist. Während 98 Prozent aller Babys gesunde Füße haben, sind es bei den Erwachsenen nur noch 40 Prozent.

Trotz allem müssen Schuhe natürlich manchmal sein: Im Supermarkt, auf dem Bahnhofsklo, beim Stadtbummel durch die Innenstadt kommt man kaum drumherum. Auch auf heißem Asphalt im Sommer oder schneebedeckten Gehwegen im Winter sind sie absolut sinnvoll. 

Werden Kinder nicht schneller krank, wenn sie in der kühleren Jahreszeit viel barfuß sind?

Natürlich sollen die Kleinen nicht auskühlen, aber das passiert eigentlich nicht so schnell, wie wir glauben. Nackte Füße sind mehr in Bewegung und dadurch besser durchblutet. In einer normal geheizten Wohnung können Babys und Laufanfänger deshalb auch im Herbst und Winter problemlos barfuß unterwegs sein, Füße und Hände dürfen sich auch mal kühl anfühlen. Guter Trick, damit die Kleinen ihre Wärme noch besser halten: Den Rest des Körpers gut einpacken! Es gibt zum Beispiel sehr süße Baby-Stulpen. Die halten die Beine bis zum Knöchel warm, lassen den Füßen aber ihre Freiheit. Stoppersocken gehen auch, sie sollten aber locker sitzen und etwa einen Zentimeter länger sein als der längste Zeh.

Ab welchem Alter sollten Kinder Schuhe tragen?

Es ist super, wenn Kinder im ersten Lebensjahr so viel Zeit wie möglich ohne Schuhe verbringen. Sobald sie anfangen zu laufen, brauchen die Füße zumindest zeitweise Schutz. Das sollten aber besser keine Schuhe mit starrer Sohle und aus unflexiblem Material sein. Weiche Lederschläppchen sind ideal für unterwegs. Für den Winter kann man nach Barfußschuhen Ausschau halten – die gibt’s auch schon in winzigen Größen. Wichtig ist bei allen Schuhen: Sie müssen passen! Und das heißt, dass sie mindestens einen Zentimeter länger sein sollten als der Fuß, auch in der Weite sollten sie Platz lassen. Letzter Tipp in dieser Sache: Alle zwei Monate nachschauen, ob die Schuhe schon zu klein geworden sind – Kinderfüße wachsen verdammt schnell!

In vielen Kitas gibt es eine Hausschuhpflicht. Muss das sein?

Natürlich kann jede Kita ihre eigene Hausordnung aufstellen und darin auch das Tragen von Hausschuhen empfehlen. Eine gesetzliche Vorschrift dazu gibt es nicht – weder für die Kinder noch fürs Personal. Wer also möchte, dass sein Kind auch in der Kita barfuß laufen kann, sollte mit der Kita-Leitung sprechen und fürs Barfußlaufen werben. Vielleicht kann man auch mal einen Themenelternabend anleiern oder Hilfe anbieten: Wie wär’s mit einem Fußfühlpfad, den die Eltern in einer Wochenend-Aktion im Garten anlegen? Oder mit einer Barfuß-Turnstunde, für die man Ideen sammelt?

Stimmt es, dass Barfuß-Kinder sportlicher sind als Schuh-Kinder?

Eine groß angelegte Studie kam 2018 jedenfalls zu diesem Ergebnis. Verglichen wurden Schüler aus Norddeutschland mit Gleichaltrigen aus einer Region in Südafrika. Während die deutschen Teilnehmer die meiste Zeit des Jahres Schuhe trugen, verbrachten die südafrikanischen Kinder deutlich mehr Zeit barfuß. Beide Gruppen wurden bei verschiedenen sportlichen Aktivitäten wie Laufen, Weitspringen und Balancieren beobachtet. Das Ergebnis war eindeutig: Die südafrikanischen Schüler konnten weiter springen, schneller laufen und geschickter balancieren. Die Studienleiter sind sich sicher: Ob man barfuß aufwächst oder nicht, macht einen Unterschied! Und zwar nicht nur in Sachen Fußentwicklung und Gangbild, sondern auch in Hinblick auf die körperliche Leistungsfähigkeit. Für erkennbare Effekte müsse man gar nicht mal Tag und Nacht barfuß sein. Es reiche schon, für eine gewisse Zeit am Tag, etwa beim Spielen im Sand oder im Garten, die Schuh-Zeit zu unterbrechen. Na, dann mal los!

Mehr Anregung

Ihr braucht Tipps für angenehme Fußgymnastik? Sucht ein Verzeichnis der Barfußpfade in Europa? Oder würdet gern mehr persönliche Erfahrungen von Barfußläufern lesen? Dann schaut mal auf barfuss.net vorbei, dem "Portal für alle, die ohne Schuhe auf die Welt gekommen sind und auf die Vorteile des Barfußlaufens nicht verzichten wollen".

ELTERN

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