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Künstliche Befruchtung Kosten Wo finden Kinderwunsch-Paare finanzielle Unterstützung?

Künstliche Befruchtung: Was zahlt die Kasse, wo unterstützt der Staat?
Künstliche Befruchtung: Was zahlt die Kasse, wo unterstützt der Staat?
© Thinkstock
Wenn es auf natürlichem Weg einfach nicht klappt mit dem Baby, versuchen Paare mit Kinderwunsch es häufig mit einer künstlichen Befruchtung. Das kann aber teuer werden. Wir erklären, was die Therapie kostet, wieviel die Kassen übernehmen und wann Bund und Länder einspringen. Neu: Auch Paare ohne Trauschein können in den Genuss der staatlichen Unterstützung kommen.

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Was kostet eine Kinderwunschbehandlung?

Die Reproduktionsmedizin ist eine teure Angelegenheit: Laut Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e.V. (BRZ) kostet ein IVF-Behandlungszyklus durchschnittlich 3.000 Euro, eine ICSI im Schnitt 4.500 Euro. Eine Insemination im natürlichen Zyklus schlägt mit immerhin rund 300 Euro zu Buche, bei der zusätzlichen Hormoneinnahme werden es schnell 700 Euro. Eine künstliche Befruchtung kann eine wahre Kostenlawine verursachen.  Denn die wenigsten Frauen werden schon beim ersten Mal schwanger. Nicht selten sind drei bis vier Versuche notwendig, bis eine Eizelle erfolgreich befruchtet wurde, in die Gebärmutter eingesetzt werden konnte und sich das Kind bis zur Geburt normal entwickelt. 10.000 Euro sind auf dem Weg zum Wunschkind keine Seltenheit.

Künstliche Befruchtung Kosten: Wo finden Kinderwunsch-Paare finanzielle Unterstützung?

Was übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen?

Die Untersuchungen im Vorfeld einer künstlichen Befruchtung werden komplett von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Hier geht es zunächst um die Ursachenforschung der ausbleibenden Schwangerschaft. Die Kasse des Mannes übernimmt die Kosten der Untersuchungen des Mannes und die Kasse der Frau übernimmt die gynäkologische Diagnostik der Frau. Anders sieht es dann bei der anschließenden Kinderwunschbehandlung selbst aus, also den Maßnahmen zur Behandlung der Sterilität, wie einer IVF oder einer ICSI. Hier zahlt die gesetzliche Krankenversicherung in der Regel nicht mehr 100 Prozent.

Bei einer künstlichen Befruchtung (z.B. IVF oder ICSI) übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen maximal die Hälfte der Medikamente- und Arztkosten – und auch das nur unter den folgenden Voraussetzungen: Eine Zuzahlung für bis zu drei Versuche wird gewährt, wenn das Paar verheiratet, die Frau nicht älter als 40 und der Mann nicht älter als 50 Jahre alt ist, ein ausreichender Impfschutz gegen Röteln, Windpocken und Keuchhusten besteht, die Kinderlosigkeit nicht mit anderen Maßnahmen zu beheben ist, nur Samen und Eizellen der Ehepartner verwendet werden und ein negativer HIV-Test vorliegt.

Wie viele Versuche von der Krankenkasse übernommen werden, ist auch abhängig von der Methode der künstlichen Befruchtung. Bei der Insemination wird differenziert: In einem natürlichen Zyklus beteiligen sich die Kassen an acht Versuchen, bei zusätzlicher Hormontherapie nur an dreien.

Im Falle einer Fehlgeburt werden die Kosten für einen erneuten Versuch wieder zur Hälfte übernommen. Besteht bei den Ehepartnern nach einer Geburt ein weiterer Kinderwunsch, stehen erneut drei Versuche zur Verfügung. Ab dem vierten Versuch muss das Paar die Kosten vollständig selber tragen. Die Kryokonservierung von Eizellen und Spermien gehört nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Seit der Kürzung der Zuzahlung in 2004 hat sich die Zahl der Geburten nach einer künstlichen Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) oder eine Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) mehr als halbiert. Sie fiel von 17.000 auf 8.000 Geburten jährlich. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern sind gut 1,5 Millionen Frauen ungewollt kinderlos - viele davon, weil sie die Kosten für eine künstliche Befruchtung nicht tragen können.

Was übernehmen die privaten Krankenkassen (PKV)?

Privat versicherte Paare sollten sich bei ihrer Krankenkasse nach den Voraussetzungen für eine Kostenübernahme erkundigen. Wie viel Prozent der Behandlungskosten übernommen werden, ist sehr unterschiedlich.
Üblicherweise werden aber die Behandlungskosten für drei Versuche getragen. Voraussetzung: Es besteht überhaupt eine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gelegentlich wird auch eine Kryokonservierung bezahlt. Nach einer Sterilisation besteht jedoch generell kein Anspruch auf Leistungen zur künstlichen Befruchtung. Nach drei gescheiterten Versuchen müssen auch Privatpatienten weitere Bemühungen, eine Familie zu gründen, selber finanzieren.
Daneben gibt es weitere Besonderheiten der PKV zu beachten:

  • Eine Verheiratung ist nicht explizit vorgeschrieben - ein Punkt, der oft zu Konflikten mit den Versicherern führt. Noch immer schreiben auch einige Landesärztekammern den Medizinern vor, derartige Behandlungen nur bei verheirateten Paaren vorzunehmen.
  • Eine feste Altersgrenze gibt es nicht. Die Behandlung wird auch bei über 40-Jährigen bezahlt - vorausgesetzt, dass noch gute bis sehr gute Chancen für den Eintritt einer Schwangerschaft bestehen.
  • Ein Mindestalter der Frau gibt es ebenfalls nicht.
  • Für den Mann existiert keinerlei Altersbegrenzung.

Staatliche Förderung auch für unverheiratete Paare

Das Bundesfamilienministerium will die Zahl der Geburten nach einer künstlichen Befruchtung steigern. Seit Januar 2016 können auch unverheiratete Paare finanziell unterstützt werden, wenn sie mit Hilfe der Reproduktionsmedizin schwanger werden wollen. Dazu wurde die Bundesförderrichtlinie zur "Unterstützung von Maßnahmen der assistierten Reproduktion" geändert, gab Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig bekannt. „Der Kinderwunsch von Eltern darf nicht am Geld scheitern. Deshalb müssen wir Paare mit unerfülltem Kinderwunsch unterstützen - egal, ob sie verheiratet sind oder nicht. Es ist nicht mehr zeitgemäß, unverheiratete Paare mit unerfülltem Kinderwunsch anders zu behandeln als Verheiratete. Deshalb öffne ich die Richtlinie, damit auch Paare, die ohne Trauschein leben, Unterstützung erhalten können", erklärte die Bundesfamilienministerin.

Gesetzliche Krankenkassen zahlen weiter nur für Verheiratete

Die neue staatliche Unterstützung ist für unverheiratete Paare zwar eine Hilfe. Einen größeren Effekt auf die Geburtenstatistik hätte allerdings eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse. Eine solche ist aber nach einem Urteil des Bundessozialgerichts im November 2014 auch künftig nicht in Sicht.
Die Familienministerin kritisierte die Ungleichbehandlung von verheirateten und unverheirateten Paaren. Es sei ungerecht, so Manuela Schwesig, dass die Behandlungskosten größtenteils von den unverheirateten Paaren selbst getragen werden müssen. "Für viele sind die Kosten nicht zu finanzieren. Deshalb müssten diese von den Krankenkassen übernommen werden. Solange dies nicht der Fall ist, möchte ich gemeinsam mit den Bundesländern diesen Paaren helfen."

Förderung nur in bestimmten Bundesländern möglich

Leider ist die Förderung an den Wohnort des Paares gekoppelt. Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften von Mann und Frau, die eine Kinderwunschbehandlung planen, können künftig einen Zuschuss vom Bund erhalten, wenn:

  • sich das Wohnsitzbundesland mit einem eigenen Landesförderprogramm in entsprechender Hinsicht finanziell beteiligt,
  • sie ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben,
  • sie eine reproduktionsmedizinische Einrichtung im Wohnsitzbundesland nutzen,
  • sie eine IVF-Behandlung (In-vitro-Fertilisation) oder ICSI-Behandlung (Intrazytoplasmatische Spermieninjektion) durchführen wollen,
  • und im Übrigen die weiteren Voraussetzungen nach § 27a SGB V erfüllt werden, wie insbesondere die Altersbegrenzung (Alter der Frau zwischen 25 und 40, Alter des Mannes zwischen 25 und 50 Jahren) und die ausschließliche Verwendung von Ei- und Samenzellen der Partner.

Folgende Bundesländer haben bisher ein Landesförderprogram für ungewollt kinderlose Paare aufgelegt: Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Paare mit Kinderwunsch, die in einem anderen Bundesland leben, können also auch weiterhin nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Aktuelle Informationen findest Du im Informationsportal Kinderwunsch des Bundesfamilienministeriums.

Wie hoch ist die staatliche Förderung?

Paaren, die in nichtehelicher Lebensgemeinschaft leben, werden künftig Zuwendungen für die erste bis dritte Behandlung in Höhe von bis zu 12,5 Prozent und für die vierte Behandlung in Höhe von bis zu 25 Prozent des Selbstkostenanteils gewährt. Hintergrund dieser Unterscheidung ist, dass bei verheirateten Paaren beim ersten bis dritten Versuch 50 Prozent der Gesamtkosten der Behandlung vorab durch die Krankenversicherung abgedeckt sind und somit die Bundeszuwendung bei allen vier Versuchen bezogen auf den verbleibenden Eigenanteil erfolgt (in Höhe von bis zu 25 Prozent). Unterm Strich ist die staatliche Förderung also für alle gleich hoch. Der Zuschuss des Bundes muss vor Beginn der Behandlung mit dem hierfür vorgesehenen Antragsformular beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben beantragt werden. Das Antragsformular bekommen Paare von ihrem behandelnden Arzt.

Einige Krankenkassen zahlen mehr

Einige gesetzliche Krankenkassen gehen mit ihren Zuschüssen über den Leistungskatalog der GKV hinaus und übernehmen einen höheren Prozentanteil oder erweitern die Altersgrenzen. So zahlen die AOK Hessen und die Bergische Krankenkasse, die BKK B. Braun sowie die DAK 100 Prozent der Behandlungskosten bei den ersten drei Behandlungszyklen. Andere Krankenkassen gewähren 75 Prozent oder zahlen einmalige Zuschüsse, wenn beide Partner bei der betreffenden Kasse versichert sind. Ist eine Kinderwunschbehandlung geplant, lohnt sich also eventuell der Wechsel zu einer anderen Krankenkasse. Einige Kassen, die zuvor mit einer höheren Kostenübernahme geworben hatten, haben diese in Einzelfällen wieder zurückgenommen. Vor einem Wechsel sollten die Versicherten daher genau die aktuellen Leistungskataloge studieren. Diese Versicherer übernehmen mehr als die üblichen 50 Prozent.

Zahlt die Kasse der Frau oder die des Mannes?

Gerade wenn sogenannte "gemischt versicherte Fälle" auftreten, so Monika Uszkoreit vom Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands e.V. (BRZ), wird die Frage der Kostenübernahme kompliziert.
In der Regel gelte bei den privaten Krankenkassen das Verursacherprinzip. Liegt die Ursache der Kinderlosigkeit eines Paares beim Mann, zahlt - im Rahmen des Vertrags - seine private Kasse die Behandlungen, liegt sie bei der Frau, zahlt die ihre. Die ungünstigste Konstellation tritt auf, wenn der verursachende Mann Kassenpatient ist, die privat versicherte Frau aber vollkommen gesund. Dann übernimmt keine der beiden Kassen, so Uszkoreit, und das Paar muss so gut wie sämtliche Kosten selbst tragen.
Bei schwierigen Versicherungs-Konstellationen können sich Betroffene per Mail an den BRZ wenden.

Kann die Kinderwunschbehandlung von der Steuer abgesetzt werden?

Der Bundesfinanzhof hat 2007 entschieden, dass auch unverheiratete Frauen beim Finanzamt die Kosten einer künstlichen Befruchtung absetzen können, da Empfängnisunfähigkeit unabhängig vom Familienstand wie eine Krankheit zu sehen sei. Eine Heilung sei keine Voraussetzung, um in der Einkommensteuererklärung die Aufwendungen als "außergewöhnliche Belastung" geltend zu machen - es reiche aus, wenn sie die Erkrankung erträglicher werden lasse.

Warum werden die Kosten jenseits der 40 nicht übernommen?

Das Bundessozialgericht in Kassel hatte 2009 die Klage einer 41-jährigen Hamburgerin zurückgewiesen, die eine 50-prozentige Kostenübernehme ihrer künstlichen Befruchtung von ihrer gesetzlichen Krankenkasse forderte. Das Gericht argumentiert mit der zu geringen Wahrscheinlichkeit, jenseits der 40 noch schwanger zu werden.

Noch mehr zum Thema Kinderwunschbehandlung

Ihr wünscht Euch schon lange vergeblich ein Kind? Hier findest Du alle Infos über Chancen und Risiken der modernen Reproduktionsmedizin. Im Kinderwunsch-Forum kannst Du Dich mit anderen Männer und Frauen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, über Deine Hoffnungen und Ängste austauschen!


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