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Für den Nachwuchs "Nesting" kurz vor der Geburt: Warum Eltern alles auf den Kopf stellen

Für den Nachwuchs: "Nesting" kurz vor der Geburt: Warum Eltern alles auf den Kopf stellen
© flauma / Shutterstock
In den letzten Wochen der Schwangerschaft neigen Frauen oft dazu, unbedingt alles erledigen zu wollen, was vor der Geburt des Babys ansteht. Das kann der unaufgeräumte Schrank sein, der auf einmal um jeden Preis organisiert werden muss, oder ein Regal, das es in den vergangenen Wochen nicht an die Wand geschafft hat. Oft passiert dieses Verhalten sogar ausgeprägt wenige Wochen oder Tage vor der Geburt.

"Nesting", bezeichnet den Energieschub, den Mütter und ihre Partner:innen in den Tagen vor der Geburt erfahren und häufig dazu nutzen, die letzten Vorbereitungen abzuschließen. Das Verhalten an sich ist keineswegs neu. In der Forschung gehört Nesting, auf Deutsch: die Vorbereitung des Nests, nur oft in die Tierwelt. Viele Säugetiere neigen dazu, kurz vor der Geburt den richtigen Ort für den Spross auszusuchen, den Schlafplatz auszubauen und sich zu vergewissern, dass dieser sicher für das Kleine ist.

Bei Menschen gibt es zu diesem Verhalten aber bisher nur wenige Studien. Einige Frauen berichten davon, dass sie kurz vor der Geburt Haus oder Wohnung putzen und organisieren und unbedingt offene Aufgaben erledigen wollten. In einer Studie stellten Forscher:innen fest, dass dieses Verhalten im dritten Trimester zu seiner Höchstform ansteigt (2013).

Auch mal durchatmen

Mehr Energie in den letzten Wochen vor der Geburt zu haben und diese produktiv zu nutzen, ist natürlich nichts Schlechtes. Sich dabei zu verausgaben aber schon. Gerade hochschwanger, ist es deshalb eine gute Idee, sich trotzdem regelmäßige Pausen zu gönnen, die Snacks nicht zu vergessen und vor allem: bloß keine gefährlichen Arbeiten selbst zu übernehmen. Mithilfe einer Leiter etwas an der Decke anzubringen oder auf dem höchsten Regal Staub zu wischen, sind beispielsweise raus aus der Liste möglicher Tätigkeiten. Bei manchen Dingen sollte man statt auf die eigene Energie besser auf die anderer setzen, beispielsweise den oder die Partner:in. 

Nesting: Organisieren, aber wo?

Was können werdende Mütter oder Partner:innen wirklich tun, damit sie vorbereitet auf den Nachwuchs sind? Hier haben wir ein paar Tipps:

1. Den Kühlschrank und Reserven auffüllen

Sortiere aus, was du nicht mehr gebrauchen kannst oder was vielleicht sogar abgelaufen ist, und fange von vorne an. Welche Grundinhalte braucht dein Kühlschrank für die Zeit, wenn dein Baby da ist? Frische Milch, Joghurt, Gemüse, Obst oder vielleicht ein bisschen Hühnchen, alles kann so eingerichtet werden, wie es zu dir und deinem Partner oder deiner Partnerin am besten passt. Außerdem kann es sinnvoll sein, sich bereits um die wichtigsten Grundnahrungsmittel zu kümmern. Von Nudeln, Reis und Mehl über Babynahrung kann da einiges dabei sein. Und natürlich die Snacks nicht vergessen! Weniger Zeit und Gedanken in diese Dinge investieren zu müssen, hilft dir später in der Zeit mit Baby.

2. Foodprepping

Vielleicht hast du in deiner Nesting-Phase Lust auf deine Lieblingsgerichte. Egal ob du oder dein:e Partner:in kocht, macht einfach ein bisschen mehr als gewöhnlich. Kocht die doppelte Portion und bewahrt euch zwei bis drei Rationen im Gefrierfach auf. Das kann euch, wenn das Baby da ist, helfen, ein bisschen Energie zu sparen.

3. Kleidung für den Nachwuchs

Die Chancen stehen gut, dass Freund:innen und Verwandte sowieso schon für einen großen Anteil an Baby-Mode gesorgt haben. Aber wurde bedacht, wie schnell der oder die Kleine wachsen wird? Es kann sinnvoll sein, verschiedene Größen für das Baby parat zu haben und bereits alles einmal durchzuwaschen. Denn so süß und klein sie auch sind, in wenigen Augenblicken wiegen sie mehr, werden größer und passen nicht mehr in ihre Säuglingskleidung. Im Grunde heißt das: Sei vorbereitet, damit du nicht andauernd neue Kleidung besorgen musst, aber übertreibe es auch nicht. So schnell, wie das Baby aus seinen Stramplern herauswächst, lohnt es sich nicht, unglaublich viele davon in deinen Schubladen zu verstauen. Ein paar pro Kleidungsgröße reichen da schon aus.

4. Baby Essentials

Viele junge Mütter organisieren sich in einem kleinen Rollwagen, der alle Baby Essentials für dich und das Baby bereithält. Das können beispielsweise Windeln oder Schnuller sein, aber auch Snacks, Feuchttücher und Wundcreme. Ein offener Rollwagen bietet den Vorteil, dass du ihn überall im Haus hin rollen und an alle Fächer herankommen kannst, egal ob einer deiner Arme bereits mit dem Baby beschäftigt ist.

Ist das wirklich biologisch?

Mehrere Forscher:innen sehen den Zusammenhang für Nesting in unserer Natur und unseren Instinkten verankert. Andere argumentieren allerdings, dass dieses Verhalten auch etwas mit den sozialen und gesellschaftlichen Strukturen zu tun haben könnte, in denen wir aufwachsen. Außerdem sind viele werdende Mütter gestresst, weil sie gerade beim ersten Kind alles richtig machen wollen. Auch Väter springen oft auf den Zug mit auf, denn auch sie möchten die Partnerin unterstützen und die Ankunft des Babys so reibungslos wie möglich machen.

Ein weiterer Grund könnte sein, dass sich viele Eltern bewusst sind, dass die Energie nach der Geburt des Sprösslings vor allem für das Baby genutzt wird. Produktivität außerhalb des Mutter- oder Vaterseins ist mit einem frischgeborenen Baby deutlich schwieriger. Selbst die Zeit für eine Dusche zu finden, kann in dieser Zeit bereits eine Herausforderung sein. Andere Eltern sind in der Vorbereitung auf ihr Kind entspannter und zeigen keine Anzeichen für Nesting-Verhalten. Auch das ist völlig normal. 

Verwendete Quellen: what to expect; Nesting behaviours during pregnancy: Biological instinct, or another way of gendering housework?, Women's Studies International Forum, 2020; Evidence of a nesting psychology during human pregnancy, 2011; Prevalence and predictors of “nesting”: Solutions to adaptive challenges faced during pregnancy, Evolution and Human Behavior, 2022

lkl ELTERN

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